Hyperoxämie bei kritischer Methämoglobinämie : Einfluss auf Sauerstofftransport, Gewebeoxygenierung und Mortalität. Eine tierexperimentelle Studie beim narkotisierten Hausschwein.
- Ziel der vorliegenden tierexperimentellen Studie am narkotisierten Hausschwein
war die Untersuchung der Effekte von hyperoxischer Beatmung (Beatmung mit
reinem Sauerstoff; FiO2 1,0; HV) auf die Überlebenszeit bei schwerer
Methämoglobinämie. Hiermit sollten die Effekte der hyperoxischen Beatmung
bei einer Einschränkung des Sauerstoffangebots ohne gleichzeitige Reduktion
des Hämatokrit-Wertes, und damit der Blutviskosität untersucht werden.
Zielparameter waren die Überlebenszeit und die Überlebensrate während eines
6-stündigen Beobachtungszeitraums, sowie Parameter der Makrohämodynamik,
des O2-Transportes und der globalen und lokalen Gewebeoxygenierung.
Bei 14 gesunden Hausschweinen in Allgemeinanästhesie wurde während
Beatmung mit Raumluft eine Methämoglobinämie (60% des Gesamt-Hb)
induziert und aufrechterhalten. Anschließend wurden die Tiere in zwei
Studiengruppen randomisiert: 7 Tiere wurden weiterhin mit Raumluft (FiO2 0,21)
beatmet, 7 Tiere hyperoxisch, d.h. mit reinem O2 (FiO2 1,0).
In der Folge wurden die Tiere für maximal 6 Stunden ohne weitere Intervention
beobachtet.
Die 60% Methämoglobinämie führte bei allen Tieren zu einer deutlichen
Verschlechterung von O2-Transportes, zu manifester Gewebehypoxie und – bei
Fortführung der Beatmung mit Raumluft (FiO2 0.21) – zum Tod der Tiere
innerhalb kurzer Zeit (max. 2h 40 min). Durch Beatmung mit reinem Sauerstoff
gelang es zwar die Überlebenszeit gegenüber den mit Raumluft beatmeten
Tieren signifikant um bis zu 2 h zu verlängern. Allerdings blieb die 6 hÜberlebensrate
unbeeinflusst: Keines der 14 Tiere überlebte den 6 h-
Beobachtungszeitraum.
Die Effekte der hyperoxischen Beatmung (FiO2 1.0) während
Methämoglobinämie (d.h. Hypoxämie bei normalem Hämatokrit) waren somit
deutlich geringer ausgeprägt als die in früheren Untersuchungen unserer
Arbeitsgruppe beschriebenen Effekte währen normovolämischer Anämie (d.h.
Hypoxämie bei verringertem Hämatokrit). Während der physikalisch gelöste O2
bei anämischer Hypoxie zu einer biologisch exzellent verfügbaren O2-
Ressource avanciert, die Gewebeoxygenierung nachweislich verbessert, und
somit Überlebenszeit als auch –rate signifikant erhöht, ist dieser Effekt
während hypoxischer Hypoxie nicht zu beobachten.
Diese Abhängigkeit der gewünschten positiven Effekte einer Hyperoxie vom
jeweils vorherrschenden Hämatokrit ist erklärbar durch die hyperoxische
Vasokonstriktion, welche während Methämoglobinämie zu einer zusätzlichen
Verschlechterung der Mikrozirkulation, und einer weiteren Reduktion von
regionalem O2- Angebot und Gewebeoxygenierung führt. Die Beatmung mit
reinem O2 führt zu einer generalisierten arteriolären Vasokonstriktion, die durch
Arachidonsäuremetabolite und eine reduzierte endotheliale NO-Freisetzung
bedingt ist. Diese arterioläre Vasokonstriktion führt unter physiologischen Hb-
Konzentrationen zu einem Abfall des HZV, zu einer Abnahme des koronaren
Blutflusses und einer Einschränkung der funktionellen Kapillardichte. Auf diese
Weise wird das Gewebe-Sauerstoffangebot durch hyperoxische Beatmung in
bestimmten Situationen durch eine weitere Einschränkung der nutritiven
Organversorgung sogar verschlechtert. Hingegen wird während
normovolämischer Hämodilution die hyperoxische Vasokonstriktion durch die
dilutionsbedingte Vasodilatation antagonisiert und die Gewebeoxygenierung
verbessert.
Aus den präsentierten Daten kann geschlossen werden, dass die Beatmung mit
reinem O2 bei hypoxischer Hypoxämie (d.h. bei normalen Hkt-Werten) aufgrund
der zusätzlichen Kompromittierung der Mikrozirkulation infolge hyperoxischer
Vasokonstriktion nicht zwangsläufig zu der intendierten Verbesserung von
Gewebeoxygenierung und Organfunktion führt.
Die klinische Relevanz dieser Ergebnisse muss in künftigen Studien noch
weiter geklärt werden.
- The present study evaluated the effects of hyperoxic ventilation (ventilation with
pure oxygen; FiO2 = 1.0) on survival during extreme methemoglobinemia in an
animal pig model. We wanted to investigate the effects of hyperoxic ventilation
in a situation of restricted oxygen supply, without the concomitant reduction of
the hematocrit, and therefore changes of blood viscosity. The primary outcome
measures were survival time and survival rate (during a 6-h follow-up period),
as well as parameters of macrohemodynamic, O2 -transport and local and
global tissue oxygenation.
After induction of profound methemoglobinemia (60 % of global Hb), fourteen
anesthetized, mechanically ventilated pigs were randomized in 2 study groups:
ventilation was either continued with room air (FiO2 = 0.21, n = 7) or was
changed over to hyperoxic ventilation (FiO2 = 1.0, n = 7). Subsequently a
constant level of methemoglobinemia was maintained, and the animals were
observed without further intervention throughout a 6-hr follow-up period.
Severe methemoglobinemia significantly corrupted O2 – transport, resulted in
manifest tissue hypoxia and - in the room air ventilated pigs- in the death of all
animal within a short time period (max. 2h 40min). Ventilation with pure oxygen
significantly prolonged survival time compared to normoxic ventilated pigs (up to
2h), however there were no differences in the survival rate: None of the 14
animals survived the 6-h follow up period.
The effects of hyperoxic ventilation (FiO2 = 0.21) during severe
methemoglobinemia (hypoxemia during normal hct) were markedly diminished,
compared to former investigations of our research group observing the effects
of hyperoxic ventilation during normovolemic dilutional anemia (hypoxemia during decreased hct). While during anemic hypoxia, physically dissolved
plasma oxygen becomes a biologically highly available resource of oxygen, that
repeatedly improved tissue oxygenation and by that survival time and –rate,
these effects were absent during hypoxic hypoxia.
This dependency of the actual hematocrit on the positive effects of hyperoxic
ventilation can be explained by hyperoxic arteriolar vasoconstriction,
additionally impairing microcirculation and resulting in a reduction of local
oxygen supply and tissue oxygenation during methemoglobinemia.
Ventilation with pure oxygen results in a generalized arteriolar vasoconstriction,
a phenomenon that is caused by metabolites of the arachidonic acid pathway
and oxygen dependent reduction of endothelial NO release. During
physiological Hb-concentrations, hyperoxic arteriolar vasoconstriction results in
a decrease of CI and coronary blood flow and an impairment of functional
capillary density.
Thus hyperoxic ventilation might impair tissue O2 supply under special
conditions by a further reduction of the nutritive blood flow. In contrast during
normovolemic hemodilution, hyperoxic arteriolar vasoconstriction is antagonized
by dilutional vasodilatation, improving tissue oxygenation.
It can be concluded from the data presented, that during hypoxic hypoxemia
(i.e. during normal hct) ventilation with pure oxygen does not necessarily
improve tissue oxygenation and organ function as intended, mostly due to a
further impairment of macrocirculation by hyperoxic arteriolar vasoconstriction.
Further studies are needed to elucidate the clinical relevancy of the results
observed.