Wie ein Schlag aus heiterem Himmel – Wolfgang Niedecken und sein Umgang mit dem Schlaganfall

  • Bei seiner Einschulung hatte Wolfgang Niedecken ein besonderes Erlebnis, als er im Alter von 6 Jahren bemerkte, dass es höchste Zeit war, ordentlich sprechen zu lernen. Im Elternhaus war ausschließlich Kölsch gesprochen worden. Hochdeutsch war seine erste Fremdsprache, die sie in letzter Konsequenz auch immer geblieben ist. Denken, empfinden und träumen tut Niedecken nach wie vor auf Kölsch, wie er selbst beteuert. Im Sommer 1976 schreibt Wolfgang Niedecken seinen ersten Song auf Kölsch: "Helfe kann dir keiner". 1979 erscheint sein erstes Album mit dem Titel: "Wolfgang Niedecken’s BAP rockt andere kölsche Leeder". Nie hat sich BAP auf seinen Tourneen vor den „Karren politischer Machthaber“ spannen lassen. Zu Zeiten zweier deutscher Staaten sorgten die offenen Worte von „Deshalv spill`mer he“ für einen Eklat. Das Lied sprach sich unmissverständlich nicht nur für die westdeutsche Friedensbewegung, sondern ebenfalls für die ostdeutschen Friedens- und Menschenrechtsinitiativen aus. Als die DDR-Kulturbehörden BAP verboten, den Song zu spielen, platzt am Vorabend des ersten Konzertes im Berliner Palast der Republik die über 14 Stationen geplante und längst ausverkaufte DDR-Tournee. Am 9. November 1992 findet das „Arsch huh“-Konzert gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus auf dem Kölner Chlodwigplatz vor über 100.000 Menschen statt. Danach ähnliche Konzerte in Frankfurt „Heute die, morgen Du“ und in Leipzig „Gewalt ätzt“ vor ähnlich großer Kulisse. Für sein gesellschaftspolitisches Engagement bekommt Niedecken 1998 das Bundesverdienstkreuz von Bundespräsident Roman Herzog überreicht. In der Laudatio heißt es: „Kölsch-Rock, BAP und Kölner Dialekt sind untrennbar mit ihm verbunden. Er ist einer der profiliertesten Rockmusiker Deutschlands. Als engagierter Künstler hat er sich nachhaltig für Frieden, Toleranz, Demokratie und gegen Fremdenfeindlichkeit eingesetzt.“ Zu Niedeckens 60. Geburtstag, den er am 30. März 2011 mit etwa 500 Gästen auf einem Rheinschiff feiert, sendet der WDR die „Niedecken-Nacht“. Zu seinem Geburtstag erscheint im Verlag Hoffmann und Campe auch das Buch „Für 'ne Moment. Autobiographie“. Auf über 500 Seiten erzählt der Musiker von seiner Familie, einer behüteten frühen Kindheit und der schwierigen Zeit als Heranwachsender im katholischen Internat, von seinem Kunststudium und Aufenthalten in der New Yorker Kunstszene, der ehe zufälligen Gründung von BAP, die zur erfolgreichsten Mundartgruppe Deutschlands wurde. Und dann das: Am 2. November gegen 13 Uhr bemerkt Wolfgang Niedecken beim Lesen, „dass ich nichts mehr kapierte. Ich musste die Seiten immer wieder neu lesen. Dann wurde es nebelig vor den Augen, alles sah merkwürdig aus, mein ganzes Umfeld hatte amorphe Formen. Und dann begegnete ich Gott sei Dank meinem Schutzengel.“ Wolfgang Niedecken hatte einen Schlaganfall erlitten, obwohl er eigentlich kein typischer Schlaganfallpatient war. Es kann also jeden treffen! Dank des schnellen Reagierens seiner Frau Tina konnte das Schlimmste verhindert werden.

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Metadaten
Author:Theodor DingermannORCiDGND, Dieter SteinhilberORCiDGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-662143
Parent Title (German):UniReport / Goethe-Universität Frankfurt
Publisher:Goethe-Universität Frankfurt am Main
Place of publication:Frankfurt am Main
Document Type:Article
Language:German
Date of Publication (online):2013/10/10
Date of first Publication:2013/10/10
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2022/02/21
Volume:46
Issue:5
Page Number:2
First Page:10
Last Page:11
HeBIS-PPN:491726651
Institutes:Medizin / Medizin
Zentrale Einrichtung / Präsidium
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Sammlungen:Universitätspublikationen
Zeitschriften / Jahresberichte:Uni-Report
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht