Charakterisierung mikrostruktureller, kortikaler Pathologie bei Multipler Sklerose mittels Diffusions-Tensor-Bildgebung
- Die Multiple Sklerose (MS) gehört zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems in Deutschland und kann durch Sehstörungen, Paresen oder Sensibilitätsstörungen symptomatisch werden.
Konventionelle Magnetresonanztomographie (MRT)-Verfahren leisten in der Diagnostik der MS einen wichtigen Beitrag, da diese die Läsionslast der weißen Substanz gut darstellen können. Frühere Studien deuten an, dass kognitive und psychomotorische Symptome wie Fatigue sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bei der MS mit Schädigungen des zerebralen Kortex in Beziehung stehen könnten. Mit konventionellen MRT-Bildgebungsverfahren lässt sich zwar kortikale Atrophie, nicht jedoch die zugrundeliegenden mikrostrukturellen kortikalen Umbauprozesse erfassen. In der vorliegenden Studie wurden daher quantitative MRT(qMRT)-Verfahren verwendet, die eben diese diffusen kortikalen Gewebsveränderungen messen und quantifizieren können. Mithilfe der dabei genutzten Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) als qMRT-Verfahren konnten Diffusionsanomalien analysiert und charakterisiert werden. Dabei wurden zwei Gewebsparameter im Gehirn bestimmt: die mittlere Diffusivität(MD) und die fraktionelle Anisotropie (FA). Da vorherige Studien uneinheitliche Ergebnisse hinsichtlich Änderungen von DTI-Parametern in der grauen Substanz bei der MS erbrachten, beschäftigten wir uns mit der Frage, ob kortikale MD- und FA-Veränderungen bei Patienten mit schubförmig-remittierender MS (RRMS) mithilfe optimierter DTI-Messtechniken zu detektieren sind, wie diese charakterisiert sind und wie sich diese im Kortex verteilen.
An der vorliegenden Studie nahmen 24 Patienten mit RRMS und 25 gesunde Kontrollprobanden teil. Der Schweregrad der Erkrankung wurde mithilfe des Expanded Disability Status Scale (EDSS) eingestuft.
Bei der MRT-Datenerfassung wurde eine optimierte DTI-Methode mit intrinsischer „Eddy-Current“-Kompensation verwendet. Die MD und die FA wurden für jeden Bildpunkt bestimmt. Kortikale Parameterwerte wurden ausgelesen und in Oberflächendatensätzen gespeichert. Es erfolgte ein oberflächenbasierter statistischer Gruppenvergleich. Kortikale Mittelwerte wurden für die MD und die FA bestimmt und zwischen den Gruppen verglichen.
Für Parameter mit nachgewiesenen globalen Gruppenunterschieden wurde die Korrelation mit dem klinischen Status (quantifiziert durch den EDSS) bestimmt.
Die Analyse kortikaler Mittelwerte zeigte eine Erhöhung der MD in der Patientengruppe. Die MD-Veränderungen waren räumlich ausgedehnt und es fanden sich Cluster mit erhöhten MD-Werten in der Patientengruppe, insbesondere in temporalen, okzipitalen und parietalen Regionen. Des Weiteren konnte eine signifikante positive Korrelation zwischen dem EDSS-Score und der kortikalen MD festgestellt werden. Außerdem ließen sich fokale FA-Erniedrigungen im Temporal- und Okzipitallappen nachweisen. Die MD quantifiziert das Ausmaß und die FA die Gerichtetheit der Diffusion.
Somit bietet die MD möglicherweise Hinweise auf die Intaktheit mikrostruktureller Barrieren und die FA auf die Integrität von Faserverbindungen. Unsere Ergebnisse könnten demnach darauf hinweisen, dass im Kortex von MS-Patienten der Abbau mikrostruktureller Barrieren räumlich ausgedehnter stattfindet als eine Störung axonaler Strukturen. Die Korrelation der MD mit dem klinischen Status legt die Möglichkeit der Quantifizierung klinisch relevanter kortikaler Gewebsveränderungen und somit eine mögliche Relevanz dieser Techniken für klinische Studien nahe.
- Multiple sclerosis (MS) is a chronic inflammatory disease of the central nervous system. Typical symptoms are an impaired vision, paresis or sensory disturbances. Conventional magnetic resonance imaging (MRI) techniques are required for the initial diagnosis and visualization of the lesion load, which is mainly located in the white matter. Previous studies assessing cognitive deficits and fatigue in MS patients indicate that also cortical damage is of high clinical relevance in these patients. Insight into cortical damage with conventional MRI techniques is limited. Therefore, in the present study, diffusion tensor imaging (DTI) was used to characterize cortical tissue remodeling in MS. Two tissue parameters were measured: the mean diffusivity (MD) and the fractional anisotropy (FA). Since previous DTI studies in MS reported inconsistent results, the question arose, whether MD and FA changes in patients with relapsingremitting MS (RRMS) can be detected using optimized DTI techniques and how they are distributed across the cortex. 24 patients with RRMS and 25 healthy control subjects participated in this study. MRI acquisition was performed with 3 Tesla MRI scanner. In addition, the clinical status was assessed using the Expanded Disability Status Scale (EDSS). An optimized DTI method with intrinsic eddy current compensation was used. MD and FA maps were created.
Cortical parameter values were read and saved in surface-datasets. Global cortical FA/MD values were compared between groups. Furthermore, surface-based statistical comparisons were performed. We tested for correlations between the parameter(s) with significant global group differences and the EDSS.
Increased global cortical MD values were observed in the patient group. Surface-based analysis unveiled MD increases particularly in temporal, occipital and parietal regions. Furthermore, the MD correlated significantly with the EDSS score. In addition, we observed focal cortical FA decreases in the temporal and occipital lobes. The MD correlates positively with the amount of diffusion in a certain area. Diffusion is limited by microstructural barriers. Accordingly, MD might quantify the integrity microstructural barriers. FA values are high inordered structures with directional diffusion such as fiber tracts. Therefore, reduced FA values in the occipital and temporal cortical might reflect axonal damage.
Regions with MD increase were more widespread than areas with FA reduction. This finding might indicate that the cortical breakdown of microstructural barriers in MS patients is a more prominent and widespread cortical remodeling mechanism than the disruption of axonal structures. In addition, the observed correlation between cortical MD values and the EDSS highlights a potential relevance of DTI techniques for larger clinical studies.