Motorradfahren im Film / Biker-Filme : eine Filmo-Bibliographie

  • Sicherlich finden sich schon im Stummfilm Motorradfahrer-Figuren und Motorradrennen als Szenen (man denke nur an MABEL AT THE WHEEL, USA 1914, einen frühen Charlie-Chaplin-Film, oder an die berühmte Motorradrenn-Sequenz aus Buster Keatons SHERLOCK, JR., USA 1924). Durch die ganze Filmgeschichte hindurchkulminieren Geschihten in Verfolgungsjagden, von der von Steve McQueen selbst realisierten Szene in THE GREAT ESCAPE (1963, John Sturges), COOGAN'S BLUFF (1968, Don Siegel) über COBRA (1986, George P. Cosmatos) bis hin zu BLACK RAIN (1989, Ridley Scott). Es mag die Mischung von Akrobatik und Bewegung, von Geschwindigkeit und Action sein, deren Schauwert derartige Szenen in so viele Action-Filme befördert hat. Eine ganz andere Bedeutungsdimension wird greifbar, wenn man nach den subjektiven Bedeutungen des Motorradfahrens fragt – dann geht es um die Entfesselung einer Mobilität, die den einzelnen gegenüber seiner Umgebung neu faßt [1]. Selbst in Filmen wie KLEINE FLUCHTEN (Schweiz/Frankreich 1979, Yves Yersin), der von den ungeheuerlich erscheinenden Bedeutungen erzählt, die der Besitz eines Mofas für einen alten Mann hat, wird etwas von diesem Gefühl der Ungebundenheit und seinen subjektiven Bedeutungen spürbar. Die Verbindung von Maschinen- und Körperbeherrschung, die beim Speedway- und Motorcross-Fahren erforderlich ist, hat schon früh dazu geführt, dass sich der Motorrad-Sport auch im Film manifestiert hat. Das Genre der Biker-Filme handelt weniger von einzelnen Fahrern als vielmehr von Biker-Gruppen. Es entstand im Gefolge der innergesellschaftlichen Herausbildung vor allem jugendlicher Subkulturen in den 1950er Jahren. In einer Verbindung von Motorradfahren, Gruppenbildung, Verhalten, Outfit und gemeinsamer Musikstile entstanden gesellschaftliche Gegenwelten, die sich manchmal rigide gegen die umgreifende Gesellschaft abschotteten. Doch das Genre ist nicht homogen, sondern entfaltet sich in mehreren, klar voneinander unterscheidbaren Zyklen, die im folgenden einzeln vorgestellt werden. Das Interesse an der Innenwelt der Motorrad-Gruppen erwachte erst spät. In den Dramatisierungen, die ich im folgenden vorstellen werde, wurden sie als eine Art „gesellschaftlichen Außens“ beschrieben, als eine fremde und möglicherweise bedrohliche Welt. Erst in den 1990ern häufen sich dokumentarische Arbeiten, die sich der Realität des Motorradfahrens ebenso annehmen wie der Portraitierung der Motorrad-Clubs. In der semiotischen Arbeit der fiktiven Filme hat man es mit „Rocker- oder Biker-Gangs“ und „-Banden“ zu tun; erst im dokumentarischen Zugriff stellen sich die Gruppen als gesellschaftliche Mikro-Welten dar, mit eigenen Werten, Rollenbeziehungen, Ritualen, Kodifizierungen und Umgangsformen. Mit der Intensivierung der dokumentarischen Zuwendung zum Motorradfahren und seinen zahllosen Erscheinungsformen wird auch die subjektive Bedeutung des Fahrens neu gefasst. Und eine ganze Reihe von Filmen haben das Motorradfahren mit dem Reisefilm vermählt, das Erlebnis der Bewegung mit dem der Besichtigung der Welt integrierend (ein neues Genre, das sich für Verwertungen im Fernsehen anbietet).

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Metadaten
Author:Hans Jürgen WulffGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-405659
URL:http://berichte.derwulff.de/0121_11.pdf
ISSN:1613-7477
Parent Title (German):Medienwissenschaft, Hamburg : Berichte und Papiere ; 121
Series (Serial Number):Medienwissenschaft / Hamburg: Berichte und Papiere (121)
Publisher:Universität Hamburg, Institut für Germanistik II
Place of publication:Hamburg
Document Type:Part of Periodical
Language:German
Year of Completion:2011
Year of first Publication:2011
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2016/06/28
Page Number:17
HeBIS-PPN:381992764
Dewey Decimal Classification:7 Künste und Unterhaltung / 79 Sport, Spiele, Unterhaltung / 790 Freizeitgestaltung, darstellende Künste, Sport
7 Künste und Unterhaltung / 79 Sport, Spiele, Unterhaltung / 791 Öffentliche Darbietungen, Film, Rundfunk
Sammlungen:Sammlung Musik, Theater, Film / Literatur zum Film
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht