Antivirale Testung supramolekularer Wirkstoffträger auf Biopolymerbasis für Antisense- und siRNA-Wirkstoffe gegen HIV- 1

  • Die Entwicklung von Wirkstoffträgern für Antisense-Oligdesoxyonukleotide auf der Basis von Protamin-Nanopartikeln stellt einen interessanten Ansatz für antivirale Strategien dar. So konnte gezeigt werden, dass bereits ab einem 1,5-fachen Massenüberschuss an Protamin eine spontane Komplexbildung mit Antisense-Wirkstoffen stattfindet, die einen Größenbereich von etwa 200 nm aufweisen und durch eine Oberflächenladung von ca. + 20 mV charakterisiert sind. Aufgrund dieser physikalischen Eigenschaften besitzen diese Nanopartikel nahezu ideale Eigenschaften, die intrazelluläre Verfügbarkeit von Antisense-Wirkstoffen entscheidend zu verbessern. Eine sehr gute zelluläre Aufnahme von Protamin/Antisense-Nanopartikeln konnte entsprechend in primären humanen Makrophagen als auch in lymphozytären T-Zellen gezeigt werden. Die Anwendung dieser Wirkstoffträger in den beschriebenen Zellen erwies sich dabei als sehr gut verträglich und zeigte keine toxischen Wirkungen in insgesamt drei unterschiedlichen Testverfahren zur Bestimmung der Zelltoxizität. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Protamin/Antisense-Nanopartikel mit unmodifizierten Antisense-Oligodesoxynukleotiden ein sehr günstiges intrazelluläres Auflösungsverhalten besitzen, was zu einer kontinuierlichen Freisetzung des inkorporierten Antisense- Wirkstoffs führte. Dabei wurde deutlich, dass nach spätestens 72 Stunden ein vollständiger Zerfall des Nanopartikels stattfand und der Wirkstoff sich gleichmäßig in intrazellulären Kompartimenten verteilte. Im Gegensatz dazu stellen Protamin/Antisense-Nanopartikel mit modifizierten Phosphorothioat-Wirkstoffen ein äußerst stabiles System dar, das zu keiner merklichen intrazellulären Wirkstofffreisetzung selbst nach 72 Stunden führte. Es konnte gezeigt werden, dass Protamin/AS-ODN-Nanopartikel die Expression eines von einem lentiviralen Vektor exprimierten Reportergens konzentrationsabhängig in primären humanen Makrophagen inhibieren konnte. Die antivirale Wirksamkeit dieser Wirkstoffträger konnte auch gegen das HIV-1-spezifische Transaktivatorprotein Tat in transient transfizierten Zielzellen der HIV-1-Infektion spezifisch demonstriert werden. Hier wurde eine selektive Inhibition der Tat-vermittelten Transaktivierung von 35 % bei einer Konzentration von 2 MikroM in Jurkat-Zellen nachgewiesen. Auch in primären Makrophagen, die mit einem HIV-1-Wildtypisolat infiziert wurden, führte die Anwendung von Protamin/AS-ODN-Nanopartikeln mit spezifischen Sequenzen gegen ein HIV-1-Gen zu einer deutliche Reduktion der Virusausbreitung in der Kultur. Bei einer wiederholten Behandlung von HIV-1-infizierten Makrophagen mit Protamin/AS-ODN-Nanopartikel in einer Konzentration von 2 MikroM zeigten nur einige wenige Zellen eine Infektion mit dem Virus, während sich in unbehandelten Zellen eine komplett durchinfizierte Kultur manifestiert hatte. Entsprechend der ungünstigen Bioverfügbarkeit von AS-PTO-Wirkstoffen nach intrazellulärem Transport in Form von Protamin-Nanopartikeln konnte für diese Formulierungen keine biologische Wirkung in Zellkultursystemen nachgewiesen werden. Die Inkorporation von destabilisierenden Zusätzen in die Nanopartikelmatrix bietet hier Möglichkeiten, die intrazelluläre Dekomplexierung dieser Wirkstoffträger günstig zu beeinflussen. Als Neuentwicklung konnte ein kolloidales Trägersystem für siRNA-Wirkstoffe auf der Basis von Protamin-Nanopartikeln entwickelt werden. Es konnte gezeigt werden, dass Protaminbase als auch Protaminsulfat siRNA-Wirkstoffe ab einem 2,5-fachen Massenüberschuss komplexieren. Protamin basierte Nanopartikel für siRNA-Wirkstoffe waren durch ein sehr günstiges Zellaufnahmeverhalten und fehlende zytotoxische Wirkung in primären humanen Makrophagen gekennzeichnet. Trotz dieser idealen Ausgangsbedingungen zeigten biologische Wirksamkeitstestungen sowohl gegen das endogene Protein Lamin A/C als auch virale Hemmversuche in HIV-1- infizierten primären Makrophagen nur marginale Effekte. Eine weitere Optimierung der Nanopartikelzusammensetzung und Untersuchungen zur intrazellulären Stabilität sind nötig, um die biologische Aktivität dieser Formulierungen entscheidend zu verbessern. Oberflächenmodifizierte Nanopartikel auf der Basis von Gelatine erwiesen sich in den durchgeführten Experimente als besonders vielversprechend. Hier konnte gezeigt werden, dass ein spezifisches Targeting von T-Zellen mit CD3-Gelatine-Nanopartikel realisiert werden kann, die auf ihrer Oberfläche kovalent einen anti-CD3-Antikörper tragen, der gegen die T-Zell spezifische Zeta-Kette des T-Zell-Rezeptor-Komplexes gerichtet ist. Untersuchungen mit konfokaler Mikroskopie und Durchflusszytometrie zeigten, dass dabei die Zellaufnahme dieser Wirkstoffträger von der Expression des durch den Antikörper erkannten Zielantigens auf der Oberfläche der Zielzellen ist. In Zellen mit besonders starker Expression des CD3-Epitops wurden Gelatine-Nanopartikel mit oberflächengebundenem anti-CD3-Antikörper zu einem sehr bedeutendem Ausmaß selektiv aufgenommen. In Kompetitionsexperimenten mit freiem anti-CD3-Antikörper konnte diese Aufnahme deutlich reduziert werden, was für die selektive Bindung und Internalisierung der CD3-Gelatine- Nanopartikel über den oberflächengebundenen Antikörper schließen läßt. Durch diese Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass CD3-Gelatine-Nanopartikel das Potential besitzen, als selektives Wirkstoffträgersystem für T-Zellen eingesetzt zu werden.

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Metadaten
Author:Norbert Dinauer
URN:urn:nbn:de:hebis:30-0000004634
Referee:Jörg KreuterGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2004/11/09
Year of first Publication:2004
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2004/07/05
Release Date:2004/11/09
HeBIS-PPN:124605427
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Pharmazie
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 54 Chemie / 540 Chemie und zugeordnete Wissenschaften
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht