Harghe, Johannes

  • Harghe, Johannes 1. Jo. Harghe de Holtzacia (300 vb) stammte aus Kiel (124 vb "Kilensis aliquis de tali ciuitate natiuo meo"; vgl. 337 rb "Holste ut ego holsaticus"). Die Harghes zählten zu den vermögenden und politisch einflußreichen bürgerlichen Familien der Stadt. Sie stellten vom 14.-16. Jh. mehrfach Ratsherren, so um die Mitte des 15. Jh.s den Bürgermeister Siverd Harge und den Kämmerer Tymmo Harge. J.H. kam 1444 - wohl anläßlich des Konzils - nach Basel; am 1. Mai 1444 hat er hier ein Amt ("officium" 300 vb) übernommen. Inhalt und harmonisch regulierte Buchschrift des von ihm geschriebenen lexikalisch-grammatischen Studienbandes lassen vermuten, daß H. noch in jüngeren Jahren stand und als Schreiber oder Sekretär tätig war. Seine letzte Äußerung bezieht sich auf die Auflösung des Konzils 1449 (54 vb). 2. H. bearbeitete um 1445 in Basel ein zweiteiliges (lat.-dt. und dt.-lat.) Vokabular. Überliefert als Haupttext des autographen philologischen Sammelbandes Basel, UB, cod. F IV 9 (aus dem Besitz des Basler Bischofs Johannes von Venningen, 1458-1478; seit 1439 Kanoniker am Basler Münster). Die Hs. vereinigt 14 Einzeltexte, teils Stücke aus dem Lektürekanon des Lateinunterrichts ('Disticha Catonis' ['Cato'], 'Facetus', 'Pamphilus', 'Physiologus'), teils stilistische, wortkundliche und grammatische Hilfsmittel ('De elegantia linguae Latinae', naturkundliche lat.-dt. Glossarien, Composita verborum; 1449 angefügt: 'Ars minor' des Donat und 'Doctrinale'). Schon in der Schlußschrift des lat. 'Vocabularius eloquentiae rhetoricorum et poetarum' (datiert 12./13.6.1445) verweist H. mit der Wendung "in nostro vocabulario" (430 rb) auf sein lat.-dt. Vokabular BI. I-300 (datiert 14.10.1445). 3. Nach dem Muster des namentlich in Norddeutschland verbreiteten 'Brevilogus' ist das Werk in drei grammatische Hauptteile ("principalia") gegliedert; doch schaltet H. die Indeklinabilien buchstabenweise in den Text des Verbarius ein (226 vb "secundum meum principale ... cum tercio meo principale"). Der Textanfang mit Prolog fehlt (Bl. I frei). Laut Schreibervers 300 vb schrieb H. "levitate stili clero ... iuvenili" (HÄNGER, S. 34 Anm. 32). 4. Verloren sind Anfangs- und Schlußglossen des außerordentlich stoffreichen dt.-lat. Teils Bl. 307*-388 (etwa 20.000 Lemmata; erhalten: Abele - Wust). Er steht typologisch, bedingt auch quellenmäßig in der Tradition der ostfälischen dt.-lat. Vokabulare der Zeit um 1400, die schon auf den 'Quadriidiomaticus' des Dietrich Engelhus gewirkt hatte. - Die Sprachform der Interpretamente und Lemmata, im Grundcharakter mnd., ist in doppelter Hinsicht uneinheitlich: neben die nordsächs. Formen des Holsteiners H. treten ostfäl. Formen seiner nd.-lat. Vorlage ("henne/hinne"; "offer/opper"); gleichzeitig bewirken ergänzende hd. Vorlagen oder der Aufenthalt tief im Süden des hd. Sprachgebietes einen Einschuiß hd. Wortgutes ("pfeffer/peper"). Literatur. G. POWITZ, NdJb 86 (1963) 99 Anrn. 50; K. GRUBMÜLLER, Vocabularius Ex quo, 1967, S. 220 Anm. 1; H. HÄNGER, Mhd. Glossare u. Vokabulare in schweiz. Bibl. bis 1500, 1972, S. 34f.; F.G. BECKER, Pamphilus, 1972, S. 19-21.

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Metadaten
Author:Gerhardt Powitz
URN:urn:nbn:de:hebis:30-40248
ISBN:978-3-11-008778-9
ISBN:3-11-008778-2
Parent Title (German):Die deutsche Literatur des Mittelalters - Verfasserlexikon, Bd. 3
Document Type:Part of a Book
Language:German
Date of Publication (online):2007/06/29
Year of first Publication:1981
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2007/06/29
First Page:Sp. 474
Last Page:Sp. 475
Source:In: Die deutsche Literatur des Mittelalters : Verfasserlexikon 3 (1981), Sp. 474-475
HeBIS-PPN:18904909X
Institutes:Zentrale Einrichtung / Universitätsbibliothek
Dewey Decimal Classification:8 Literatur / 83 Deutsche und verwandte Literaturen / 830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht