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Kommunikationsprobleme des behinderten Kaisers Claudius mit Familie, "Urbs" und Kaiserhof im Spiegel der römischen Satire, Biographie und Historiographie

  • Der römische Kaiser Claudius, dritter Prinzeps nach Augustus, regierte von 41 – 54 n. Chr. und wurde vermutlich von Agrippina, seiner letzten Ehefrau, mit einem Pilzgericht vergiftet. Obwohl er wegen seiner angeborenen Körperbehinderung als dynastischer Nachfolger nicht vorgesehen war, folgte er C. Caligula unmittelbar nach dessen Ermordung auf den Kaiserthron. Die dem Amt inhärenten strukturellen Schwierigkeiten wurden verstärkt durch seine imbecillitas, die nicht nur Seneca, seinen Zeitgenossen, sondern auch Tacitus, Sueton und Cassius Dio, die ihn nachfolgend zum Sujet ihrer Werke machen, erheblich verunsicherte. Besonders die Vertreter der antiken Historiographie und Biographie stehen vor der Herausforderung, glaubhaft erklären zu müssen, warum ein imbecillus, der Gegenentwurf zu Augustus, an die Macht gelangen und sie 13 Jahre behalten konnte, ohne unterschiedlich motivierten Anschlägen zum Opfer zu fallen. Aus dieser Diskrepanz entstehen – abhängig von der persönlichen Vorstellung des jeweiligen Autors und den gesellschaftlich bedingten Vorurteilen über Behinderung – unterschiedliche Bilder, die nicht nur das Dilemma des behinderten Kaisers, sondern auch das seiner Interpreten illustrieren: Claudius tritt, je nach Situation und Interaktionspartnern, als willenlos Re-agierender oder als taktisch Agierender auf: Als Regierenden hingegen zeigen ihn die Berichte gar nicht oder selten. Unberechenbarkeit, Übertreibung und Wiederholung werden für die antiken Schriftsteller zum Herrschafts- und Persönlichkeitsmerkmal des Prinzeps, die Antithese zum Narrativ. Das essentielle Kommunikationsproblem des behinderten Claudius scheint, folgt man den Berichten, aus einem bewussten oder charakterbedingten Verzicht auf die patria potestas zu resultieren, mit katastrophalen Auswirkungen auf sein Ansehen als Prinzeps. Die von allen Autoren kritisierte Abhängigkeit von den Mitgliedern seines Hofes, zu deren prominentesten Opfern die junge und unerfahrene Messalina und letztlich Claudius selbst zählen, erregt Spott und Unmut der Plebs und verunsichert die Aristokratie durch eine als willkürlich empfundene Rechtsprechung. Andererseits verweisen die Darstellungen seiner erstaunlichen Amtserhebung, des siegreichen Britannienfeldzugs, des abrupten Sturzes Messalinas, aber auch Agrippinas plötzlicher Angst, die sie zum Gattenmord veranlasst, auf einen Kaiser, der bei Bedarf offenbar recht gezielt das Klischee des imbecillus als Mittel des Machterhalts zu bedienen vermag. So entsteht aus Claudius, abhängig vom gesellschaftlichen Status Behinderter, in den antiken und modernen Schriften, die sich mit ihm und seiner Amtsführung befassen, die paradoxe Figur eines schuldigen Opfers bzw. unschuldigen Täters: Sowohl Opfer- als auch Täterrolle sind a priori durch die Behinderung gerechtfertigt und relativiert.

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Metadaten
Verfasserangaben:Renate Bonnet
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-451534
Verlagsort:Frankfurt am Main
Gutachter*in:Thomas Paulsen, Lorenz Rumpf
Betreuer:Thomas Paulsen
Dokumentart:Dissertation
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):27.11.2017
Jahr der Erstveröffentlichung:2017
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Titel verleihende Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Datum der Abschlussprüfung:10.05.2017
Datum der Freischaltung:27.11.2017
Seitenzahl:233
HeBIS-PPN:423361937
Institute:Sprach- und Kulturwissenschaften
DDC-Klassifikation:8 Literatur / 87 Lateinische, italische Literaturen / 870 Italische Literaturen; Lateinische Literatur
Sammlungen:Universitätspublikationen
Lizenz (Deutsch):License LogoDeutsches Urheberrecht