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Der Prozess einer allmählichen, stellenweise auch plötzlichen Umorientierung literarischer Wertmaßtäbe um 1830 soll an einem Fallbeispiel konkretisiert werden, nämlich der zeitgenössischen publizistischen Rezeption von Grabbes Dramen. Gefragt wird nach den Details eines literaturkritischen Diskurses, in dessen Verlauf die sakrosankte Gattungsnorm der Tragödie 'hohen Stils' suspendiert wird zugunsten eines offeneren Dramenkonzepts, das vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder aufgegriffen und fruchtbar gemacht wird. Die Reaktionen auf Grabbes Dramen bieten sich für eine solche Fallstudie zum einen deshalb an, weil seine Dramen bei ihrem Erscheinen äußerst kontrovers diskutiert werden, und zum anderen, weil die dazu nötigen mühseligen positivistischen Vorarbeiten, nämlich das Auffinden und Sammeln zeitgenössischer Rezensionen, in diesem Fall schon seit Jahrzehnten abgeschlossen und publiziert sind: Zwischen 1958 und 1966 veröffentlichte der Grabbe-Forscher Alfred Bergmann in einer sechsbändigen, bislang von der Forschung weitgehend unbeachtet gebliebenen Dokumentation Grabbes Werke in der zeitgenössischen Kritik sämtliche erreichbaren publizistischen Äußerungen zu den Dramen Grabbes.
An den im Vorjahr mit großem Erfolg durchgeführten "2. GEO-Tag der Artenvielfalt" anknüpfend, beteiligte sich der Naturkundliche Verein Egge-Weser e.V. in Zusammenarbeit mit der Landschaftsstation Diemel-Weser-Egge e.V. auch 2001 wieder an der "Inventur in Sachen Natur". Etwa 30 Spezialisten für Flechten, Moose, Gefäßpflanzen, verschiedene Insektengruppen (Tagfalter, Schwebfliegen, Hautflügler), Amphibien und Vögel, unterstützt durch zahlreiche Naturliebhaber, durchkämmten zu diesem Zweck einen Tag lang das Nethetal bei Bruchhausen sowie den Wingelstein nordwestlich von Ottbergen und inventarisierten die Flora und Fauna des Gebietes.
Nach der Spaltung Europas infolge des Zweiten Weltkrieges und der NS-Kapitulation 1945 erreichte die Bundesrepublik eine militärische, ökonomische und kulturelle Integration in die westeuropäische Staatengemeinschaft, was eine rasche Angleichung ihrer Lebenswelten an bürgerlich-demokratische wie marktwirtschaftliche Prinzipien bedeutete. Die DDR hingegen suchte ihre Anbindung an die "sozialistischen Bruderländer", die mit einer stärker formierten gesellschaftlichen Neuorientierung verknüpft war.
Stefan Zweig was the only important German writer who chose Brazil for his exile in the 1940s. Before he committed suicide in Brazil, he wrote the frequently cited and more frequently criticized book in which Brazil is called the land of the future. But in Brazil he also finished another book, 'Die Welt von Gestern', a book of memories, an account of the world from which Zweig came, a work of historic, cultural and political relevance, which was immediately published in Spanish (Argentine) and Portuguese (Brazilian) translations. When compared with the German original, these translations contain significant cuts and modifications, which can be understood as interventions of some kind of censorship, and which are prejudicial to the political brisance of the book.
Die hier vorgeschlagene Neuzuschreibung der Nachricht über Tischbeins berühmtes Goethe- Porträt an Aloys Hirt erlaubt es nicht nur, die durch die bisherige Zuschreibung bedingten Widersprüche in der Biographie Ludwig Philipp Stracks aufzulösen, die in der Kunstgeschichte immer wieder für Verwirrung gesorgt haben. Tatsächlich dürfte Strack wohl erst im Jahre 1789 gemeinsam mit dem Landschaftsmaler Friedrich Christian Reinermann (1764-1835) nach Italien gereist und mit Tischbein erst im Jahre 1790 in Neapel zusammengetroffen sein.23 Mit der Neuzuschreibung wird zudem ein wichtiger Quellentext der Kunst- und Literaturgeschichte des Klassizismus einem Verfasser wiedergegeben, der von der Forschung lange Zeit vernachlässigt worden ist, von Goethe jedoch trotz „oftmaliger verschiedener Meinung” zeitlebens geschätzt wurde. In einem Brief vom 12. August 1827, in dem er sich bei Hirt für die Übersendung der letzten Bände von dessen Geschichte der Baukunst (Berlin 1827) bedankt, läßt Goethe seinen ehemaligen Cicerone wissen: „Nun erinnert mich das übersendete Werk aufs angenehmste an gemeinsamen Eintritt in das Kunstgebiet; es giebt Zeugniss von fortwährendem parallelen Handeln und Bemühen, von convergirendem und begleitendem Thun und Wirken”. Ein Werk mit vergleichbarem Zeugnischarakter ist auch die 1787 verfaßte Beschreibung von Tischbeins berühmtem Gemälde Goethe in der Campagna di Roma, die am Anfang einer mehr als vierzigjährigen Bekanntschaft steht und zugleich, gemeinsam mit dem Verzeichniß der bekanntesten jetztlebenden Künstlerin Rom, als der früheste handschriftlich überlieferte Text Hirts gelten muß.
Goethes Beschäftigung mit der Erdgeschichte ist von großen Gesten bestimmt, leidenschaftlicher Parteinahme, ästhetischem Anspruch. Sie wird ihm zu einem grundlegenden Baustein der eigenen "Welterschaffung", deren Widerschein sich im zweiten Teil des "Faust" und in der Figur des Montan in "Wilhelm Meisters Wanderjahren" spiegelt. Aber auch unmittelbare Experimentierlust zeichnet die Geschichte seiner Bemühungen um "das Studium des Inneren der Erde" aus - der Erdforscher begibt sich in die Hexenküche des Laboratoriums, etwa um Versuche zu den "metallischen Vegetationen" des "Arbor dianae" durchzuführen, wo es um die Erzeugung von Kristallbildungen von Metallen auf chemischem Weg geht: sie weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit baum- und pflanzen ähnlichen Formen auf. Seine Arbeit ist erfüllt von der Freude an der Empirie, aber bei allzu langem Verweilen beim Steineschlagen im Feld stellt sich auch bald Langeweile ein.
Nur wenige Arbeitsgebiete der Komparatistik sind in vergleichbarem Maße durch die Forschungen einer Einzelperson geprägt wie die 'Stoff- und Motivforschung' durch die langjährigen Bemühungen Elisabeth Frenzels. Ihr Name steht in propädeutischen Seminaren des Komparatistikstudiums häufig synonym für die Auseinandersetzung mit den 'Inhalten der Literatur'. Neben mehreren Einführungen und Forschungsberichten dürften ihre beiden Handbücher 'Stoffe der Weltliteratur' und 'Motive der Weltliteratur' in den meisten komparatistischen Seminar- und Handbibliotheken zu finden sein.
Es wird über das Vorkommen von acidophilen, schafschwingelreichen Magerrasen in Hessen berichtet. Derartige Magerrasen mit Sand-Grasnelke (Armeria elongata) sind auf die Sandgebiete des Rhein-Main-Tieflandes beschränkt, wo sie oft eine Folgegesellschaft von Silbergras-Rasen darstellen. Acidophile, schafschwingelreiche Magerrasen ohne Sand-Grasnelke scheinen in Hessen auf nährstoffarmen Gesteinen, insbesondere Buntsandstein recht verbreitet zu sein. Dieser bisher wenig beachtete Magerrasentyp ist vor allem an Wegböschungen anzutreffen. Mit 12 Vegetationsaunahmen aus Osthessen wird die Gesellschaft dokumentiert. Die nomenklatorische Situation der für derartige Syntaxa verwandten Assoziationsnamen wird referiert. Lectotypisierungen von Festuco ovinae-Thymetum angustifolii Tüxen 1928 ex Tüxen 1937, Diantho-Festucetum tenuifoliae Knapp 1978, Polytricho-Festucetum tenuifoliae Knapp 1978 und Plantagini-Festucion Passarge 1964 werden vorgenommen. Als korrekter Verbandsname für die acidophilen Sandrasen kann das Armerion elongatae Pötsch 1962 gelten.
Insgesamt geht man von ca. 200 Millionen chronischen Hepatilis-C-Virus (HCV) Trägern in der Welt aus. Der Hauptübertragungsweg der Hepatitis C ist seit der Einführung der Hepatitis C Testung im Blutspendewesen der i.v. Drogenabusus. Die Inzidenz von Neuinfektionen wird in Deutschland auf ca. 5.000/Jahr geschätzt, allerdings verlaufen die meisten akuten Infektionen unauffällig. Für das initiale Screening sind ELISA Tests zum Nachweis HCV spezifischer Antikörper am schnellsten und kostengünstigsten. Bei immungeschwächten Patienten können diese Tests allerdings aufgrund einer verzögerten oder fehlenden Immunantwort versagen. Falsch positive Resultate (insbesondere bei niedriger Reaktivität im Screening ELISA) können durch die Verwendung von rekombinanten Immunoblots verringert werden. In den letzten Jahren wurden Tests zum Nachweis des HCV Core Antigens entwickelt. Diese erwiesen sich als sehr sensitiv und vergleichbar mit der PCR für die Diagnose einer akuten HCV-Infektion. Zur Abklärung positiver oder unklarer serologischer Befunde oder zur Verlaufskontrolle der Viruslast chronisch infizierter Patienten sind Nukleinsäure Amplifikationstests (NAT) aufgrund ihrer höheren Sensitivität nach wie vor Mittel der Wahl. Die Entscheidung, welcher Patient behandelt werden sollte, ist von sehr vielen Faktoren abhängig. Diese sind das Alter des Patienten, der allgemeine Gesundheitszustand, das Risiko einer Zirrhose, Kontraindikation bzgl. der zu verwendenden Medikamente und die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs (Viruslast, Genotyp). Es ist allgemein anerkannt, daß Patienten mit einer hohen Viruslast. (> 2 Million Kopien/ml) und der HCV-Genotyp l schlechter auf eine Therapie ansprechen.
Aleochara bellonata Krása, 1922 - neu für die Bundesrepublik (Insecta, Coleoptera, Staphylinidae)
(2001)
Im Frühsommer 1999 konnte auf einem Mesobrometum am Heimberg bei Schloßböckelheim (Mittlere Nahe / Rheinland Pfalz ) ein Exemplar des Kurzflüglers Aleochara bellonata Krása, 1922 erstmals für die Bundesrepublik nachgewiesen werden. Das Tier entstammt einer Bodenfalle. Mit einem weiteren Fund im Mai 2000 konnte das Vorkommen dieser Art am Heimberg bestätigt werden.
Der Kammolch ist die größte einheimische Wassermolchart der Familie Salamandridae (Echte Salamander und Molche). Die Männchen erreichen ein maximale Gesamtlänge von 16, Weibchen von 18 cm. Die Wassertracht der Männchen ist durch einen hohen Hautsaum auf dem Rücken („Kamm”) gekennzeichnet, der im Bereich der Schwanzwurzel eine tiefe Einkerbung aufweist (Artcharakteristikum!). Auf beiden Seiten des Schwanzes verläuft ein perlmuttfarbenes Band, das auch nach der Paarungszeit noch erkennbar bleibt. Die Rumpfoberseite beider Geschlechter ist dunkelbraun bis schwärzlich, oft mit runden dunklen Flecken übersät und außerdem v.a. im Flankenbereich weißlich granuliert. Die Unterseite ist hellgelb bis orange und in der Regel dunkel gefleckt.
Der Sprung bezeichnet einen herausgehobenen Moment im Verlauf einer Bewegung - einen gleichsam emphatischen Augenblick der Still-Stellung.
Was aber macht den Sprung zum Sprung? Die Plötzlichkeit seines Auftretens? Die Dynamik der Zustandsänderung eines Körpers, ja der gewaltsame Bruch in einer Bewegungsrichtung? Oder der Effekt seiner Wirkung, der Sprung auch in der Wahrnehmung des unvermuteten Ereignisses: als Überraschung, Staunen, Schock?
Während des Sommerhalbjahres 2001 wurden coleopterologische Aufsammlungen im Lampertheimer Wald / Südhessen durchgeführt. Im Verlaufe der Untersuchung konnten 274 Arten nachgewiesen werden. Neben 65 faunistisch bemerkenswerten Arten konnte ein Neufund und ein Wiederfund für Hessen getätigt werden. 44 Käferarten gehören zu den gefährdeten Rote-Liste-Arten der Kategorie 1 bis 3.
Von dem national und international stark bedrohten Farn Botrychium matricariifolium konnte 1995 eine Population im Spessart entdeckt werden, die den momentan einzigen bekannten Fundort in Hessen darstellt. Die Art wächst dort in einem sandigen Magerrasen, der als Relikt der traditionellen Kulturlandschaft in diesem aus Buntsandstein aufgebauten Mittelgebirge zu deuten ist. Populationsökologische Untersuchungen zeigen Beziehungen zwischen dem Auftreten der Art und der Niederschlagsmenge während der Hauptvegetationszeit von April bis Juni. Prognosen zur Landschaftsentwicklung im Spessart sagen eine Wiederbewaldung weiter Bereiche des landwirtschaftlich unrentablen Offenlandes voraus. Das impliziert eine Gefährdung der Population sowie noch bestehender potentieller Lebensräume von Botrychium matricariifolium. Ihre Sicherung ist das vorrangige Ziel eines Artenhilfsprojektes.
Zur speziellen Laboratoriumsdiagnostik viraler Erkrankungen stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: zum einem der direkte Nachweis des viralen, Erregers bzw. seiner Bestandteile, zum anderen der indirekte Nachweis über die bei einer Infektion spezifisch gebildeten Antikörper. Immunsupprimierte Patienten stellen eine besondere Risikogruppe für Infektionserkrankungen gerade auch mit viralen Erregern dar.
Da bei diesem Patientenkollektiv die Immunreaktionen unterdrückt sind und die Erkrankungen sehr uncharakteristisch verlaufen können, ist die klinische Diagnostik oft erschwert. Zudem können bei Immunsuppression einige Virusinfektionen reaktiviert werden und sich mit schweren Krankheitsbildern manifestieren.
Die Naturschutzgesetze selbst und eine Vielzahl der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen bestimmen Tatbestände ordnungswidrigen Handelns, die mit einer Geldbuße geahndet werden können. Leider ist es auch immer wieder erforderlich, Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und zu ahnden, da bekanntermaßen nicht allen Menschen die Ziele des Naturschutzes und das Wohl der Allgemeinheit am Herzen liegen, vielmehr Gedankenlosigkeit, Unkenntnis usw. ihr Handeln prägen (GEORGE 1998). Bei der Anwendung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) tun sich jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten und Fehlerquellen auf. Sie können hier unmöglich alle behandelt werden. Vorliegender Beitrag beschäftigt sich nur mit dem leider nicht seltenen Fall der Aufsichtspflichtverletzung. Die Frage, wer sich eigentlich darum kümmert, wenn wieder einmal die Wildpflanzen auf einem Feldrain totgespritzt oder die Wurzeln eines Baumes durch Schachtarbeiten beschädigt wurden und wer gegebenenfalls dafür zur Verantwortung zu ziehen wäre, hat sich sicher schon mancher gestellt. Und wer kennt nicht diese oder ähnliche Antworten eines Baggerfahrers oder eines anderen Arbeiters: "Wenn ich nicht tue was mein Chef sagt, gibt's die Papiere!"
Den Stand der Psychoanalyse in Deutschland kann man nicht anders beschreiben, als indem man konstatiert, sie stehe im Mittelpunkte der wissenschaftlichen Diskussion und rufe bei Ärzten wie bei Laien Äußerungen entschiedenster Ablehnung hervor […].
Mit dieser Beschwerde, die hier den Anfang machen soll, kommt Sigmund Freud in seinem 1914 erstmals veröffentlichten Aufsatz "Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung" auf die Widerstände zurück, denen die Psychoanalyse seit ihrem Auftritt auf der Bühne der Wissenschaft ausgesetzt ist. Genau 50 Jahre später wird Jacques Lacan, dessen vielzitierte "Rückkehr zu Freud" den wohl konsequentesten Versuch einer Fortführung der Freudschen Lehre darstellen dürfte, sich an ebenso grundlegender Stelle, in einem Seminar über "Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse", über ganz ähnliche Probleme beklagen. Ähnlich, aber nicht identisch - denn Lacan klagt über seine "Exkommunikation" aus der psychoanalytischen Vereinigung Frankreichs, also über die Wider stände, die seiner Lehre von Seiten seiner Analytiker-Kollegen entgegengebracht werden, just zu dem Zeitpunkt, als er auf das zurückkommen will, was bisher nie analysiert worden ist: das Begehren Freuds. Wer also allgemein nach dem unbewussten Begehren der Menschen fragt, hat mit Widerständen von Laien und Wissenschaftlern zu rechnen, wer nach dem unbewussten Begehren Freuds fragt, mit denen der Analytiker. Widerstände aber, so lehrt die Psychoanalyse, gehen vom Unbewussten aus und treten dort auf, wo der Patient mit verdrängten und somit Unlust erregenden Vorstellungen konfrontiert wird.
Ausblick
(2001)
In vier Hochmooren der Diepholzer Moorniederung wurden von Mai bis November 1999 Untersuchungen zur Ausbreitung der Moorbirke (Betula pubescens Ehrh.) durchgeführt. Die Untersuchungsflächen umfassten ehemalige Abtorfungsflächen mit unterschiedlicher Entfernung zu Moorbirkenbeständen, wiedervernässte Areale und naturnahe Hochmoorrestflächen. Diasporenbank und Diasporenausbreitung der Moorbirke wurden untersucht. Spross- und Wurzellängen von Jungbirken unterschiedlicher Standorte wurden vermessen. Es wurden erhebliche Individuendichten von Keimlingen der Moorbirke unter den Blättern größerer Eriophorum vaginatum-Horste festgestellt. Eriophorum vaginatum fungiert als Diasporenfänger und „Ammenpflanze“ für Betula pubescens.
Die Bibliographie soll in die aktuelle Theorie-Diskussion um Kulturwissenschaft und kulturgeschichtliche Literaturwissenschaft einführen und deren wichtigste Paradigmen vorstellen. In der Auswahl wurden neuere und Überblicks-Darstellungen bevorzugt; Grundlagenwerke der methodischen Paradigmen werden nur im Ausnahmefall genannt; zur besseren Orientierung wurden bei Sammelbänden mitunter auch die Inhaltsverzeichnisse aufgelistet.
Der Willkür- und Zufallsfaktor bei Ermittlung, Auswahl und Anordnung der Einträge ist in diesem zweiten Teil der Bibliographie noch wesentlich höher als schon im ersten: Für kulturwissenschaftliche Arbeiten gibt es bisher weder klare Bestimmungsmerkmale noch eine etablierte Systematik; man erwarte also weder materielle noch systematische Vollständigkeit oder auch nur Repräsentativität. Wir haben Publikationen der jüngsten Vergangenheit zu kulturwissenschaftlichen Themen (also nicht notwendigerweise auch mit kulturwissenschaftlicher Fragestellung und Methode) gesammelt und lose thematisch/systematisch geordnet. Die so entstandene Literaturliste ist wenig mehr als ein erster, ergänzungsbedürftiger Versuch, die aktuellen Themenfelder der Kulturwissenschaft zu kartographieren.
Auto - bil, Reha - rehab, Mikro - mick, Alki - alkis : Kurzwörter im Deutschen und Schwedischen
(2001)
Das Kurzwort wird nach BELLMANN 1980 und KOBLER-TRILL 1994 definiert als eine sowohl graphisch als auch phonisch realisierte gekürzte Form, die aus einem längeren sog. Basislexem (einschließlich eines Wortgruppenlexems) hervorgeht (im Folgenden auch Vollform genannt). Dabei besteht zwischen Kurzwort und Basislexem, die weiterhin nebeneinander bestehen, eine Synonymie-Beziehung, d.h. beide referieren auf das gleiche Objekt (vgl. Limo und Limonade, Kripo und Kriminalpolizei).
Die Elster-Luppe-Aue ist bereits seit langem als floristisch und vegetationskundlich überdurchschnittlich interessantes Gebiet bekannt, besonders im Hinblick auf ihre Wiesen-, Flachmoor-, Stromtal-, Wasser- und Salzpflanzenvegetation. Dies zeigt sich eindrucksvoll in der Häufung vegetationskundlicher und floristischer Arbeiten über dieses Gebiet, von denen an dieser Stelle nur auf ABDANK (1995), DIETRICH (1965), FITTING et al. (1899, 1901), GARCKE (1848), GRAFE (1967), REINHARDT (1955), STRICKER (1960, 1961), TÄGLICH (1955) und ZIRNSTEIN (1967) verwiesen sei. Einen besonderen Stellenwert besitzt aber die Veröffentlichung von RETTELBUSCH (1916), die sich zwar wie die anderen rein floristischen Arbeiten nicht ausschließlich auf die Elster-Luppe-Aue beschränkt, aber durch einen engeren Bezugsraum (Umkreis von ca. 10-15 km um Merseburg) stärker auf dieses Gebiet konzentriert. Über ihren Wert als Lokalflora hinaus muß die Tatsache betont werden, daß nur ein kleinerer Teil der Angaben aus der etwas schwierig zugänglichen Quelle über indirekte Wege Eingang in den ostdeutschen Verbreitungsatlas (BENKERT et al. 1996) gefunden hat. Andererseits zeigte sich bei unseren Untersuchungen der letzten Jahre, daß sich die bisherige floristische Arbeit auf die beiden Brennpunktgebiete Döllnitz/Kollenbey/Merseburg/ Lössen/Wallendorf/Burgliebenau sowie den sächsischen Teil (insbesondere im Gebiet von Schkeuditz sowie Bienitz und Umgebung) konzentrierten, während der Bereich östlich des späteren Tagebaus Merseburg-Ost weniger betrachtet wurde. Daher sollen nachfolgend eine Reihe von Pflanzenarten genannt werden, die in BENKERT et al. (1996) noch keinen Nachweis für die Elster-Luppe-Aue (einschließlich ihrer Ränder) zwischen dem ehemaligen Tagebau und der Landesgrenze besitzen.
Zwischen den Jahren 1999 und 2002 wurden am Heimberg bei Schloßböckelheim, Mittlere Nahe / Rheinland Pfalz auf ausgewählten Flächen coleoptereologische Bestandserhebungen durchgeführt. Im Untersuchungszeitraum wurden 1191 Käferarten nachgewiesen. 203 Arten sind in der Roten Liste aufgeführt. Für die Rheinprovinz konnten 8 Spezies neu nachgewiesen werden. 51 Arten wurden erstmals für das Nahegebiet festgestellt.
Bemerkenswerte Funde des Jahres 2000 von Gefäßpflanzen aus Südwest-Niedersachsen werden als Ergänzung zur Flora von Weber (1995) mitgeteilt. 128 Pflanzenarten wurden erstmalig nachgewiesen, beispielsweise Anthriscus caucalis, Asplenium trichomanes, Calystegia pulchra, Cyperus esculentus, Digitaria sanguinalis, Eragrostis minor, Euphorbia maculata, Panicum dichotomiflorum, Saxifraga granulata und Setaria pumila. 108 von ihnen scheinen fest eingebürgert. Sechs Pflanzenarten, die als verschollen galten, konnten an neuen Wuchsorten wiederentdeckt werden (Amelanchier spicata, Artemisia campestris, Filago arvensis, Filago vulgaris, Leersia oryzoides und Odontites vulgaris). Sechs Pflanzenarten sind neu für das von Weber behandelte Gebiet (Acer negundo, Chaerophyllum aureum, Draba muralis, Euphorbia palustris, Fumaria capreolata und Geranium purpureum). Alle Wuchsorte sind dem Viertelquadranten-Raster der Topografischen Karte 1 : 25000 zugeordnet.
Die nachfolgende Zusammenstellung basiert vorwiegend auf Bestätigungen und Neufunden, die sich im Rahmen unterschiedlicher projektgebundener Erfassungen zwischen 1999 und 2001 ergaben. Hierzu zählen vor allem die Dokumentation des aktuellen Bestandes im NSG „Jeggauer Moor“ am NO-Rand des Drömlings und ausgewählter Gräben in dessen Umgebung im Einzugsbereich des Flötgrabens (RANA 2000). Auf die dort besonders bemerkenswerten Vorkommen von Arten mit atlantisch-subatlantischem Verbreitungsschwerpunkt wird außerdem gesondert eingegangen (KRUMBIEGEL 2001). Zur Vereinfachung der Ortsbezeichnung werden für den weiteren Raum des Jeggauer Moores (s. l.) folgende Teilgebiete unterschieden: Jeggauer Moor s. str. (östlich des an seinem Beginn in S-N-Richtung verlaufenden Abschnitts des Flötgrabens), Trippiglebener Moor (westlich davon), Moorwald (zwischen Jeggauer und Trippiglebener Moor) und Quarnebecker Moor (nördlich des Trippiglebener Moores). Größere Zuflüsse in den Flötgraben von Norden sind der Mühlengraben Quarnebeck und der Wiesengraben Quarnebeck; von Osten mündet das Jeggauer Fleet nördlich des Jeggauer Moores s.str. in den Flötgraben. Ein Zufluß von Norden in das Jeggauer Fleet ist der Quarnebecker Moorgraben. Bei weiter Verbreitung der Arten im mehr oder weniger gesamten untersuchten Zuflußsystem des Flötgrabens einschließlich des Grabens zwischen den Straßen Quarnebeck-
Trippigleben und Quarnebeck-Wenze sowie dem Verbindungsgraben zwischen diesem und dem Flötgraben wird lediglich „Flötgraben mit Zuflüssen“ angegeben.
Im Folgenden möchte ich eine kleine Studie zum Beutespektrum unserer heimischen Pholcus-Arten und zur Arachnofauna in einem Wohnhaus im Frankenwald (Bayern) zum Besten geben. Während eines Aufenthalts bei meinen Schwiegereltern fielen mir bei der Benutzung der Toilette die auf dem Fußboden Iiegenden eingesponnenen Beutepakete der unter der Decke hängenden Zitterspinnen auf. Bei einer ersten Sichtung der in einem Schnappdeckelgläschen gesammelten Beutereste zeigte sich schon, dass ein großer Teil aus eingesponnenen Spinnen bestand. Nun ist ja bekannt, dass die einheimischen Pholcus Arten regelmäßig Spinnen, insbesondere aber die großen in Gebäuden lebenden Tegenaria-Arten erbeuten, die von mir eingesammelten Beutereste stammten jedoch zumindest teilweise offensichtlich von Individuen anderer Arten.
Messungen morphologischer Parameter an Potamogetón perfoliatus führten zu zahlreichen positiven Korrelationen wie bereits frühere Untersuchungen an Isoëtes lacustris. Es ergaben sich Übereinstimmungen trotz unterschiedlicher Lebensgeschichte. Abweichungen spiegeln die unterschiedlichen Wachstumsstrategien wider, die die beiden Arten verfolgen. Weitere Korrelationen zeigen die Abhängigkeit der Blattentwicklung bei P. perfoliatus bzw. der Rosettenausbildung bei I. lacustris von Standortbedingungen. Ergänzende Messungen erwiesen, dass eine Reihe von Regressionsgleichungen für weitere 6 Laichkrautarten bzw. 9 Isoëtes-Taxa gültig ist. Ihre besondere Bedeutung haben die erhaltenen Regressionsgleichungen für die zerstörungsfreie Gewinnung von Daten für gefährdete Pflanzenarten und ihre Bestände, beispielsweise den Blattflächenindex; dafür werden Beispiele gegeben.
Beim herbstlichen Abfischen des Großen Lausiger Teiches im Naturschutzgebiet (NSG) "Lausiger Teiche und Ausreißerteich" (LK Wittenberg) am 28.10.2000 durch Fischer Jörg FLEMMIG fiel dem Verfasser auf dem Sortiertisch ein Kleinfisch auf, den er als Blaubandgründling (Pseudorasbora parva [SCHLEGEL, 1842]) bestimmte. Der etwa 7 cm lange Fisch war grünlich-grau gefärbt, wobei die untere Körperhälfte silbrig schimmmerte und die Schuppen dunkel umrandet waren. In der Körpermitte verlief von den Kiemen bis zur Mitte des Schwanzansatzes ein breiter dunkler Streifen. Der Kopf mit dem leicht oberständigen Maul lief spitz aus.
Als die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1991/1992 einen Brockengärtner suchte, gingen zahlreiche Bewerbungen bei uns ein. Der Nationalpark Hochharz empfahl uns aber einen Kollegen, der sich fast von Kindesbeinen an mit der Kultur alpiner Pflanzen beschäftigt hatte - den Gartenbau- Ingenieur Wolfgang Strumpf. Etwas Besseres konnte den am Wiederaufbau des Brockengartens beteiligten Einrichtungen - den Universitäten Halle und Göttingen sowie dem Nationalpark Hochharz - und vor allem aber dem Brockengarten selbst nicht widerfahren.
Buchbesprechungen
(2001)
Die Besprechungen zu insgesamt 23 Publikationen (davon vier mit direktem Hessen-Bezug) stammen von Beate Wolf, Bernd Nowak, Thomas Gregor, Heinz Kalheber, Volker Puthz, Dirk Bönsel, Helmut Freitag, Karl Peter Buttler, Maud von Lampe, Thomas Breunig, Detlef Mahn, Achim Frede, Uwe Barth, Dietmar Teuber und Guido Feige.
Nach einigen fehlgeschiagenen Versuchen, in der Frankfurter Nidda-Aue eine große Parkanlage einzurichten, entwickelten Planer und Politiker in den 80er Jahren ein Konzept, um unter dem Motto „Natur in der Stadt" und mit der Hilfe einer Gartenschau ein bisher vorwlegend agrarisch und gartenbaulich genutztes Areal in eine naturnahe Grünanlage zu verwandeln. Der vorliegende Beitrag rekonstruiert in kritischer Weise den Planungs- und Realisierungsprozess vom Ausgangszustand über die BUGA'89 bis hin zur Anlage des Volksparks Niddatal. Etwa zehn Jahre nach Ende der Parkeinrichtung werden die unterschiedlichen Aspekte der Fläche hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und ihrer Potentiale für die Stadtnatur betrachtet. Dabei zeigt sich, dass die unmittelbar auf den Menschen bezogenen Planungszieie durchweg erreicht wurden, bei den auf die Natur abzielenden Vorstellungen aber Defizite festzustellen sind. Drastisch formuliert besteht der ökologische Wert der Maßnahmen derzeit vorrangig in der Bewahrung des Areals vor Bebauung. Die Lebensraumqualität für Pflanzen und Tiere sowie Naturnahe der neuangelegten Bereiche ist bisher noch relativ gering, nicht zuletzt aufgrund der massiven Eingriffe im Rahmen der Bauarbeiten. Auf längere Sicht werden dem Volkspark Niddatal aber sehr gute Chancen einer für urbane Verhältnisse naturnahen Entwicklung zuerkannt.
Die Not ist groß – in den Bibliotheken der Welt zerfallen Millionen von Büchern. Am 17. Mai 2001 gründeten zehn große deutsche Bibliotheken und Archive in der Berliner Staatsbibliothek eine Allianz zur Erhaltung des Kulturerbes, mit der auf bundesdeutscher Ebene dem Büchersterben Einhalt geboten werden soll. Die überregionale Initiative hat auch in einzelnen Regionen, etwa dem Rhein-Main-Gebiet, zu neuen Aktivitäten geführt, die – unter anderem über Presse und Fernsehen – Privatleute und Wirtschaftsunternehmen zu finanziellen Spenden und Sachleistungen bewegen soll.
Bücherschau
(2001)
In dem vorliegenden Aufsatz werden die literaturwissenschaftlichen Paradigmen und Tendenzen der letzten 40 Jahre behandelt. Seit dem Jahr 1968, das einen Wendepunkt darstellt, wird darüber diskutiert, inwiefern es keine Einstimmigkeit über die ideelle Legitimation des Faches mehr gibt. Ein führendes methodologisches Paradigma verschwindet und die leitenden Theorien werden im Gegenzug zu Modewellen, die nicht lange anhalten. Seit den 80er Jahren beschleunigen sich die Tendenzen, die sich von einem Orientierungszentrum entfernen.
Caricetum curvulae (Krummseggenrasen) - Lebensstrategienanalyse einer alpinen Pflanzengesellschaft
(2001)
Die Arbeit beinhaltet eine Lebensstrategienanalyse des Caricetum curvulae, des Krummseggenrasens der alpinen Stufe der Alpen, basierend auf pflanzensoziologischen Aufnahmen i. S. von BRAUN- BLANQUET. Die Analyse der Lebensstrategien ermöglicht es, Aufschlüsse über die funktionellen Charakteristika der Etablierung und über die Dominanz der die Gesellschaften aufbauenden Arten an potentiellen Habitaten sowie über deren Ausbreitungspotential und über die mögliche Regeneration der Gesellschaften zu erhalten. Die Analyse erlaubt es somit, die synstrategisch bzw. funktionsbiologisch relevanten Arten einer Gesellschaft zu ermitteln. Im Caricetum curvulae ist die ausdauernde hemikryptophytische Lebensform in Verbindung mit Nahausbreitung und klonaler Reproduktion (Ausdauernde mit Nahausbreitung, mit klonaler Reproduktion) der entscheidende Merkmalskomplex, der die Inbesitznahme und die Behauptung an dem besiedelten Extremhabitat durch die funktionsbiologisch relevanten Arten ermöglicht. Die Lebensstrategienanalyse macht zudem deutlich, dass an diesem Habitat „Siedeln vor Ausbreiten“ geht, ein Phänomen, das an zahlreichen Extremhabitaten zu beobachten ist. Die vegetativen und die sehr selten gebildeten generativen Diasporen der funktionsbiologisch relevanten Arten werden nahausgebreitet, wobei die Habitatbesiedlung und -behauptung durch klonales Wachstum und durch ausgeprägte klonale Reproduktion erfolgt. Arten ohne die Fähigkeit zur klonalen Reproduktion sind in dieser Gesellschaft von untergeordneter funktionsbiologischer Bedeutung
Coleoptera (Käfer)
(2001)
Der Breitrand ist gegenüber allen anderen Schwimmkäfern durch seine Größe (bis zu 44 mm) und seine seitlichen, tragflächenartigen Erweiterungen der Flügeldecken, die an eine Hutkrempe erinnern, zu unterscheiden. Der insgesamt auf der Oberseite braune Käfer hat einen gelb gerandeten Halsschild und auch die Flügeldecken tragen seitlich am Körperrand, bevor die lateralen Erweiterungen der Flügeldecke beginnen, einen gelben Streifen.
Was beabsichtigt oder was bewirkt ein Autor, der 1880 auf dem deutschen Buchmarkt eine Novelle mit dem Titel "Der Heilige" erscheinen lässt? - Conrad Ferdinand Meyer, von dem hier die Rede ist, konzipierte seinen Text als historische Novelle: Handlungsschauplatz ist das hochmittelalterliche England, Stoff die Auseinandersetzung zwischen König Heinrich II. und Thomas Becket, dem Erzbischof von Canterbury. Der Text gipfelt in der skandalösen Ermordung des Kirchenmannes durch die Schergen des Königs und thematisiert insgesamt die Validität von Beckets Heiligkeit. Weshalb diese Stoffwahl? - Der Blick auf Meyers erzählerisches Gesamtwerk zeigt, dass Kirche und Geistlichkeit bei ihm generell eine tragende Rolle spielen. Es scheint dabei allerdings weniger um Religion oder Religiosität zu gehen als vielmehr um Machtfragen. So benutzt Meyer in "Huttens letzte Tage", im "Amulett", in "Jürg Jenatsch" oder in "Gustav Adolfs Page" die konfessionellen Spannungen zur Zeit von Reformation und Gegenreformation, um Kampf, Krieg, Tücke und Verbrechen in Szene zu setzen. Ähnlich ist es auch mit den andern Texten Meyers, die sich - bekanntlich alle in historischem Erzählen - mit der Kirche oder vielmehr mit einzelnen ihrer Repräsentanten befassen. In "Engelberg", "Plautus im Nonnenkloster", den "Leiden eines Knaben" oder in der "Hochzeit des Mönchs" verkörpert die Kirche jeweils eine sehr fragwürdige Machtinstanz, die ihre meist egoistischen Ziele in raffinierter Rücksichtslosigkeit verfolgt. In historischem Kontext stellt sich bei all dem natürlich die Frage, ob man Meyer als Kulturkampfagitator verstehen muss, als Parteigänger mithin in jener machtpolitischen Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat, die das 19. Jahrhundert über längere Zeit geprägt hatte. Meyer würde dann zu jener damals recht großen Gruppe liberal gesinnter Autoren zählen, die in ihren Werken polemisch gegen Konservativismus und Kirche opponiert hatten. Ich möchte dieser Frage im ersten Teil meines Beitrags nachgehen und dazu einige Thesen entwickeln. In einem zweiten Teil werde ich auf die erwähnte Novelle "Der Heilige" zurückkommen und an ihr Meyers Position textbezogen verdeutlichen.
Das Meerneunauge gehört zur Familie der Petromyzonidae (Neunaugen). Es wird 50 – 80 cm lang, ist graugrün gefärbt mit einer dunklen Marmorierung auf der Oberseite, hat einen langgestreckten, aalähnlichen Körper und eine zweigeteilte Rückenflosse (GEBHARDT & NESS 1997). Seine Mundscheibe ist durch zahlreiche, ringförmige Reihen von Hornzähnchen gekennzeichnet (MUUS & DAHLSTRÖM 1993).
Zum bürgerlichen Haushalt, weiß man, gehören gute Bücher. Selbstverständlich gehören sie deshalb auch zu dem des Ehepaars Institoris, das in Thomas Manns „Doktor Faustus“ das Exempel bildungsbürgerlichen Niedergangs angibt. Dessen Wohnung, das »Musterbild eines Heims deutschen Kultur-Bürgertums« (440), beschreibt der Roman als bloße Staffage um die politische und psychische Zerrüttung ihrer Bewohner. Die »guten Bücher«, die man bei den Institoris »überall, im Wohn-, Empfangs- und Herrenzimmer, aufgestellt fand« (440), stehen deshalb im Romantext in Anführungszeichen, nicht um sie selbst, sondern um den Bezug ihrer Besitzer zu ihnen als Phrase zu kennzeichnen. »Gut« bedeutet hier den dekorativen Schauwert, so daß auch die Inhaltsangabe auf Möblierung deutet: Es sei »gediegen Bildungsmäßiges« (440). Denkt man an das Bildungsmäßige, das Titel und Motto des Faustus-Romans aufrufen, an Goethes „Faust“ und „Dantes Divina Commedia“, und hält man sich an die »guten Bücher«, die das Lesepublikum dieses Romans aus seiner Vorkriegs-Bürgerlichkeit kennen kann, so ragen zwei Exemplare heraus. Zwei Prachtbände, großformatig die anspruchsvollsten Repräsentationsbedürfnisse befriedigend, zwei bedeutende Werke zu bedeutendem Anlaß neu ediert. Das eine, aus dem Jahr 1932, ist die »100-Jahrausgabe« von Goethes „Faust“, das andere, 1938, eine »Erinnerungsausgabe« von Dantes „Divina Commedia“. (…) Eine »nur aus neun Versen bestehende Anrede des Dichters an sein allegorisches Lied« (219): Es sind ebenso neun Verse von Dante, die Thomas Mann seinem Roman voranstellt. Leverkühns Dante-Vertonung vermittelt so das Motto mit dem Ende des Romans, und alles drei Stellen verbinden sich gegen die zeitgenössisch offiziellen Dante- und Goethe-Monumente zu einem eigenen literarischen Selbstbewußtsein. Es besteht aus der Resignation, ob der mühevolle Sinn verstanden werde, aus dem dagegen behaupteten Vertrauen in den dichterisch-ästhetischen Wert und der daraus gewagten Hoffnung. So erweist sich die »nobilitate«, die das Motto dem Roman zuspricht, als eine gegen das deutschnationale „Faust“- und Dante-Prestige mit eigenem, alternativem Dante- und Goethe-Bezug artikulierte Selbstbehauptung.
Naturgemäß dürfte uns interessieren, was der Mensch ist, und auch – wenn das denn so zu trennen ist –, was er sein soll, da wir gewöhnt sind, uns selbst als Menschen zu bezeichnen. Es handelt sich also um eine Form der Selbstbeschreibung und der semantischen Wirklichkeitskonstruktion. Ein Begriff wie ’der Mensch‘ beruht auf einer Beobachtung, und beobachten können wir nur, wenn wir etwas unterscheiden, zum Beispiel den Menschen vom Tier. Seit etwa der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kommt die Einsicht auf, daß solche Erkenntnisse, die sich in semantischen Traditionen (wie etwa der Bezeichnung ’animal rationale‘) verdichtet haben, sich mit der gesellschaftlichen Entwicklung verändern. Das fällt den Menschen offenbar schwer zu akzeptieren, die – immer noch – gerne wissen möchten, was denn ’der Mensch‘ an sich sei, das heißt jenseits aller historischen Variabilität der Formen und der Veränderung des Wissens.
Der folgende Text wählt sich ein Motto, das er methodisch nicht zu erfüllen scheint: Er sieht es ganz offensichtlich auf die Oberfläche ab; er versucht ihre Beschreibung. Doch indem er sich (im)materiell beschriebenen Oberflächen widmet, kehrt er – sich über seinen Gegenstand entfernend – wieder zur Maxime zurück. Im Nachvollzug dessen, was passiert, wenn Oberflächen be-schrieben werden und graphische Qualität gewinnen, will der Text auf die […] Phänomene des Nicht-Hinsehens, des Kommen-Lassens aufmerksam machen, bei denen man von Absichtslosigkeit sprechen könnte. Angesprochen sind damit Fragen sowohl nach dem Status von Oberflächen als nachgiebigem Untergrund, osmotischer Grenz- und stabiler Trägerfläche oder aber beschichtender Auflage als auch nach der Materialität und Dimensionalität der Schrift und ihrer Fläche. Mit beschriebenen Oberflächen sind sowohl solche des Schriftauftrags gemeint als auch – und diese sind hier besonders relevant – Schriftflächen, die ihre Literalität aus sich selbst heraus zu generieren scheinen. Der Begriff »Schriftflächen« fokussiert eine Überschneidung – das Flächigwerden der Schrift in der Verschriftlichung der Oberfläche, das Hervorbringen der Fläche aus der Schrift und der Schrift aus der Fläche. Während die materielle Spezifik des »Grundes« die Gestalt der Graphie wesentlich beeinflußt und sie sogar hervorbringt, konstituiert Schrift in ihrem jeweiligen Auftrag erst die Schriftfläche als Oberfläche, und zwar über ihre Funktion als graphematischer Bewegungsträger.