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Als ein Werk des Deutschen Ordens wurde die 'Mitteldeutschen Hiob-Paraphrase' im Jahre 1338 vermutlich in PreuBen vollendet. Die Hiobgeschichte wird hier Vers um Vers nacherzählt, wohl mit dem Ziel, das schwierige Bibelbuch dem noch lateinunkundigen Klosternachwuchs zugänglich zu machen. Alle 42 Kapitel des biblischen Hiobbuches werden hier vollständig in deutsche Verse übersetzt und ausgelegt. Unser Dichter hatte eine lateinische Bibel vor sich mit der 'Glossa ordinaria' am Rand, und die Glosse ist stellenweise mitparaphrasiert worden. Teilweise steht die Exegese in deutlich abgegrenzten, den Text unterbrechenden Einschüben, in denen die Stimme des Dichters den Leser unmittelbar unterrichtet, teilweise aber verschmilzt sie mit den Bibelworten, wobei Hiob und seine Freunde sich selbst kommentieren. Der Text ist aus mehreren Gründen wesentlich länger geworden als die biblische Vorlage. Fast jedes Wort des Bibeltextes wird übersetzt, und die Versform erschwert eine knappe Formulierung. Wichtiges wird zwei- oder dreimal wiederholt und neuer Stoff hinzuefügt. Aber vor allem die Erklärungen und Auslegungen des Dichters tragen dazu bei, daB sich das Werk zu einer Länge von mehr als 15 000 Zeilen ausdehnt und an die Stelle der Poesie des hebräischen Werkes, die noch die lateinische Fassung prägt, ein durchaus lehrhafter Ton tritt. Die außerordentliche Vielfalt des Wortschatzes mit seinem relativ hohen Anteil an 'hapax legomena' macht das Werk für Sprachwissenschaftler besonders interessant, ein Charakteristikum übrigens, das es mit dem hebräischen Urtext gerneinsam hat. Der langatmige didaktische Stil hat jedoch dazu geführt, daß es von Literaturwissenschaftlern kaum untersucht worden ist.
Das schöne Wort "Weltliteratur" verdanken wir zwar nicht Goethe, wie immer wieder behauptet wird, sondern Wieland. Goethe aber verdanken wir einen Begriff von Weltliteratur, der sich nicht auf den Kanon ihrer Meisterwerke beschränkt, wie es sowohl bei Wieland als auch im heutigen Sprachgebrauch konnotiert wird. Seine Verwendung des Begriffs umfaßt alles, was durch die Beschleunigung von Handel und Verkehr an Gedrucktem grenzüberschreitend Verbreitung findet. Dazu gehört sowohl die mit der Internationalisierung der Märkte unvermeidlich ausufernde Massenware als auch das Pretiose; die "englische Springflut" genauso wie der chinesische Sittenroman des Yü-chiao-li. Das entscheidende Definitionskriterium für Goethes Begriff der Weltliteratur ist die weltweite Rezipierbarkeit. Und was das Bedeutende vom Unbedeutenden unterscheidet, ist dennoch von denselben kommunikativen Voraussetzungen abhängig. ...