BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.18.00 Zu einzelnen Autoren
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Erscheinungsjahr
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Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (2)
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Schlagworte
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In den siebziger Jahren überragte die Deutung der Werke Brechts die anderer Autoren an Umfang und Intensität um ein Vielfaches. Alles wurde diskutiert, seheinbar nichts ausgelassen. Inzwischen ist die Diskussion zum Erliegen gekommen, da die gesellschaftliche und politische Dimension der Literatur, deren Repräsentant Brecht wie kein anderer war, in den neuen kulturwissensehaftlichen Konzeptionen keine Rolle mehr spielt. Die Protagonisten der Brechtforschung und einige ihrer Anhänger publizieren zwar weiter, stoßen aber nicht auf Widerspruch, so daß sich Defizite fortsetzen. Dies ist auch bei einem 1952 erschienenen Band mit dem Titel "Theaterarbeit" der Fall, üher den nichts geschrieben wurde, vermutlich weil der Name Brechts hier nur als Teil einer "Redaktion" auftaucht und theoretische Äußerungen eher im Hintergrund stehen. In Editionen und Handbüchern wird er nicht oder nur am Rande berücksichtigt: In der "Großen kommentierten Berliner und Frankfurter Ausgabe" sind selbst die aus dem Band übernommenen Texte nur unzureichend ediert. In der fünfbändigen Ausgabe des Brecht-Handbuchs (2001-2003) wird der Band nicht als eigenständiges Werk behandelt, so daß die Mängel der Edition nicht korrigiert wurden. Dennoch ist die Theaterarbeit mit 400 großformatigen Seiten, aufwendiger Typographie und zahlreichen Abbildungen nicht nur repräsentativer als alle Publikationen Brechts, sie enthält auch die einzige umfassende Darstellung der epischen Dramaturgie zu seinen Lebzeiten. Durch die Vernachlässigung des Bandes hat eine unbedachte Brechtphilologie deshalb fortgesetzt, was die Kulturinstitutionen der DDR seit Beginn der fünfziger Jahre aus politischen Gründen betrieben haben: die Ausgrenzung eines Grundlagenwerks.
Mannmännliches Begehren und Lieben ist sicher kein Schwerpunkt für Brecht gewesen, doch hat es ihn unleugbar fasziniert. Von Anfang an gibt es, wenn auch nur sporadisch, Homosexualität in seinem Werk. Die Texte bis ca. 1938 repräsentieren indessen nichts, was im gängigen Sinn als „schwule Literatur“ gelten könnte. Weder manifestierte sich Brecht je als „bisexuell“ oder gar „schwul“, noch wird der Stellenwert von Homosexualität – oder genauer gesagt: von Homosexualitäten – bei ihm thematisiert. Nie hat er je irgend etwas gezielt für „Schwule“ geschrieben. Eine andere Rolle spielt die Schilderung von Homosexualität in Bertolt Brechts Romansatire "Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar". An diesem Projekt arbeitete er 1938/39 gemeinsam mit seiner Geliebten Margarete Steffin (1908-1941) im dänischen und schwedischen Exil. Der umfangreiche Fragment gebliebene Roman wurde in Buchform erst posthum 1957 veröffentlicht. Der Roman, obschon wie ein Großteil seiner Prosa, in den Schatten der medialen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit für den Lyriker, Dramatiker und Theatermann geraten, gehört zweifellos zu den Hauptwerken Bertolt Brechts und steht an zentraler Stelle in seinem Schaffen. Einige der wichtigsten Themen Brechts fließen im Caesar-Projekt zusammen, das reichen Aufschluss gibt über seine Sicht der Dinge und seine sich daraus ergebende Arbeitsweise.