Linguistik-Klassifikation
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The role of migration and language contact in the development of the Sino-Tibetan language family
(2001)
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit einer spezifischen Sprach- und Sprachensituation auseinander, die besondere Ausformungen sowie Strukturierungen des Deutschen aufweist und für die ein umfassender und durchdringender soziokultureller sowie sprachlicher Austausch – und als deren Folge Mehrsprachigkeit und Inter- bzw. Transkulturalität – den Bezugsrahmen darstellen. In dieser inter- bzw. transkulturellen „Fugen-Position“ ist das Deutsche weder Mutter- noch Fremdsprache im herkömmlichen Sinne des Wortes. Es handelt sich um Deutsch als Minderheitensprache (nach einer anderen Terminologie: Nationalitätensprache) in Ungarn. Die Sprach(en)verhältnisse der Ungarndeutschen werden seit über 250 Jahren grundlegend durch immer intensiver werdende „Außenkontakte“ mit dem Ungarischen und mit anderen Umgebungssprachen bzw. -varietäten gekennzeichnet: Ungarisch übt seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen sukzessiv erstarkenden Einfluss auf das kommunikative Handeln und dadurch auf das Sprachrepertoire der Ungarndeutschen aus, wohingegen nach 1945 die Einwirkung des Ungarischen besonders massiv wurde. Im Hinblick auf den sog. „geschlossenen“ (m.E. besser: zusammenhängenden) deutschen Sprachraum hat Mattheier (1980: 160) ausgeführt, dass Veränderungen in den Sprachgebrauchsstrukturen eng mit Veränderungen in den sprachlichen Strukturen verbunden sind und dass beide Prozesse gewöhnlich gleichzeitig vor sich gehen. Unter Bedingungen der Mehrsprachigkeit und der Inter- bzw. Transkulturalität gilt dies, wie mir scheint, verstärkt. Denn die Sprachgebrauchsstrukturen der Ungarndeutschen haben sich zugleich aus zweierlei Hauptgründen mehrfach geändert: (a) Zum einen haben die erwähnten lange andauernden und tief greifenden (alle sozialen Domänen erfassenden) sozio- bzw. interkulturellen und sprachlichen Kontakte und die sich aus ihnen ergebenden kommunikativen Muster erhebliche Konsequenzen für die Sprache. Denn Sprachenkontakte lösen „von Haus aus“ nicht unwichtige Veränderungen in den interagierenden Sprachvarietäten aus. Dies betrifft sowohl die sprachlichen Formen, Strukturen und Modelle als auch die Sprach- bzw. Diskursgewohnheiten und darüber hinaus – wie ich meine – sogar das Weltmodell der miteinander in Berührung befindlichen ethnischen Gruppen bzw. Kommunikationsgemeinschaften. (b) Zum anderen erfolgte die sprachliche Bewältigung der Umwelt – auch abgesehen von der Mehrsprachigkeitssituation – auf andere Art und Weise als im zusammenhängenden deutschen Sprachraum, unterscheidet sich doch der soziokulturelle Referenzrahmen für die deutsche Minderheit in Ungarn fundamental im auf dem deutschen Sprachgebiet. Diese beiden Aspekte (a und b) üben ihre sprachgestaltende Wirkung auf das Deutsche als Minderheitensprache im Kulturraum Ungarn auch heute aus. Somit werden im vorliegenden Beitrag Elemente, Strukturen, Modelle und Gesetzmäßigkeiten im Mikrokosmos einer spezifischen Kontaktvarietät des Deutschen beschrieben und exemplifiziert, die sich von der binnendeutschen Standardsprache, aber auch von den binnendeutschen regionalen Varietäten grundlegend unterscheidet. Anhand ausgewerteter oraler Sprachproben, die ich im Rahmen eines kontaktlinguistischen Feldforschungsprojekts in der ungarndeutschen („donauschwäbischen“) Ortschaft Hajosch (auf Ungarisch: Hajós) in der nördlichen Batschka erhoben habe, sollen Aspekte der Varianz und Kontaktlinguistik der Sprachinnovation ermittelt und dokumentiert werden.
Bilinguismus in Böhmen
(2010)
Wenn wir den schillernden und lustigen Bilinguismus am langweiligen Monolinguismus messen, verbinden wir mit ihm eine höhere (verdoppelte) Sprachkompetenz, tieferen (weil komparationsfähigen) Einblick in die Funktionsweise der Sprache, Fähigkeit zum Sprachspiel, dank gesteigerter Sprachkompetenz ein breiteres und tiefer dringendes Weltwissen, unchauvinistische, humanere Einstellung zur Welt und außerdem Erinnerung an bessere Zeiten. Das tun wir, obwohl wir freilich wissen, dass Bilinguismus kein sprachlicher Idealzustand ist, denn selten – so belehren uns die Linguisten – kommt der Bilinguismus als Äquilinguismus daher, so dass eine der beiden Sprachen leicht (oder schwer) unterentwickelt sein kann, unvollkommen und außerdem für kauderwelsche Verunstaltungen durch die andere Sprache anfällig. Das gute Gefühl, das wir beim Lesen solcher Erinnerungen haben, kann nicht nur daher rühren, dass vergangene und also durch den wohltuenden Schleier des selektiven Vergessens (des Bösen) „entschmerzte“, idyllisierte Zustände geschildert werden (erinnerte Idylle bleibt idyllisch, auch wenn sie einsprachige Zustände schildert), sondern es scheint der Zustand der Zweisprachigkeit an sich positive Wertungen zu ernten und zu verdienen.