Zusammenfassung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die postulierte operationale KomplementaritŠt von Selbstkonstruktion und Selbstorganisation. Den Ausgangspunkt der †berlegungen hierzu bilden die sich mehrenden Hinweise seitens der Neuro- und Kognitionswissenschaften, die auf die Wichtigkeit sozialer und kultureller RealitŠten fŸr die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bewusstsein und speziell Selbstbewusstsein im Sinne von Metakognition deuten. Das zentrale Erkenntnisinteresse dieser Arbeit gilt dabei der Frage nach der ViabilitŠt des Selbst. Theoriegrundlage ist damit das radikal-konstruktivistische ViabilitŠtskonzept, welches als instrumentale Perspektive die Gangbarkeit oder FunktionalitŠt von Wirklichkeitskonstruktionen adressiert. Entscheidend ist damit nicht die KlŠrung des ontologischen Status des Selbst, nicht die Frage, was das Selbst ist, sondern wann oder wozu es ist. Selbstkonstruktion, so wird in dieser Arbeit grundlegend vorausgesetzt, vollzieht sich prinzipiell in AbhŠngigkeit der Konstruktion aller anderen LebenszustŠnde des Menschen. Verbunden damit ist die Grundannahme, dass Selbstkonstruktion aufgrund der operationalen KomplementaritŠt zur Selbstorganisation nicht nur eine alleinige Angelegenheit des isolierten Individuums ist, sondern synchron in Mikro- und Makroebenen aller menschlichen LebenszusammenhŠnge flie§t. Entwicklungsgeschichtlich finden diese ZusammenhŠnge ihren Widerhall in Zwecksetzung und Antizipation und resultieren in der Erschlie§ung neuer Existenzbereiche. ãSelbstorganisationÒ als kreative, selbstreferentielle WahrnehmungstŠtigkeit Šu§ert sich dabei in dem menschlichen HinzufŸgen oder Verwerfen von BedeutungszusammenhŠngen und der Konstruktion von SelektivitŠt. Das ãVerhŠltnisÒ zwischen Selbstkonstruktion und Selbstorganisation definiert sich Ÿber koevolutionŠre Entwicklungsprozesse und ist damit eine Dimension struktureller Kopplungen. Vor dem fachlichen Hintergrund der Kulturanthropologie versteht sich die vorliegende Arbeit als Beitrag zur holistischen Untersuchung von VerŠnderungsdynamiken menschlicher Selbstorganisation und den daran geknŸpften Bedeutungskonstruktionen. Schlagwšrter: Selbstkonstruktion, Selbstorganisation, ViabilitŠt, radikaler Konstruktivismus, Koevolution, Emergenz