Um in Zeiten einer kontinuierlich wachsenden Weltbevölkerung die Nahrungssicherheit zu gewährleisten, sind das Verständnis und die Optimierung der Reproduktion von Nutzpflanzen von zentraler Bedeutung. Ein wesentlicher Schritt in der Reproduktion von Pflanzen ist die Entwicklung des männlichen Gametophyten, besser bekannt als Pollen. Neben der wachsenden Weltbevölkerung, spielt die Entwicklung von Pollen auch hinsichtlich der globalen Erwärmung eine wichtige Rolle. So konnte bereits gezeigt werden, dass sich entwickelnde Pollen sehr empfindlich auf erhöhte Temperaturbedingungen reagieren, was wiederum zu Ernteausfällen und Ertragsverlusten führen kann. Um neue Einblicke in die Entwicklung und das Hitzestressverhalten von Pollen zu erlangen, wurde eine kombinierte Transkriptom- und Proteomanalyse von drei Pollenentwicklungsstadien durchgeführt, welche aus nicht belasteten und wärmebelasteten Tomatenpflanzen isoliert wurden. Die Analyse der Transkriptome von nicht wärmebelasteten Pollen ermöglichte die Identifizierung von mRNAs, welche in bestimmten Entwicklungsstadien akkumuliert sind. Eine anschließend durchgeführte funktionale Analyse der mRNAs lieferte Proteinfamilien und biologische Prozesse, welche zu verschiedenen Zeitpunkten der Pollenentwicklung wichtig zu sein scheinen. Weiterhin konnte über den Vergleich der Transkriptome von nicht belasteten und wärmebelasteten Pollen ein Kernsatz von 49 mRNAs identifiziert werden, welche in allen drei Entwicklungsstadien unter Hitzestress hochreguliert sind. Die von den mRNAs kodierten Proteine umfassen unteranderem Hitzestresstranskriptionsfaktoren und Hitzeschockproteine, welche eine wichtige Rolle in der Hitzestressantwort von Pflanzen spielen. Ferner konnten 793 potentielle miRNAs in den Transkriptomen der nicht und wärmebelasteten Pollen detektiert werden, wobei 38 der miRNAs bereits in Pflanzen bekannt sind. Eine im Anschluss durchgeführte Zielvorhersage ermöglichte die Identifizierung von mRNAs, welche durch die miRNAs reguliert werden. Darüber hinaus wurden die Interaktionen zwischen miRNAs und mRNAs der Entwicklung und der Hitzestressantwort von Pollen zugeordnet. Insgesamt sind 207 der Interaktionen entwicklungsrelevant, wobei 34 davon einen Einfluss auf Transkriptionsfaktoren haben. Zusätzlich haben 24 der Interaktionen einen Einfluss auf das Hitzestressverhalten und dies vor allem in post-meiotischen Pollen. Die anfängliche Korrelation zwischen dem Proteom und Transkriptom der Entwicklungsstadien zeigte, dass die Analyse der Transkriptome nur bedingt Rückschlüsse über den Zustand der Proteome zulässt. Ein genauerer Blick auf das Verhältnis der Proteome und Transkriptome während der Pollenentwicklung offenbarte zwei Translationsmodi, welche während der Pollenentwicklung aktiv sind. Einer der Modi führt zu einer direkten Translation von mRNAs, während der zweite Modus zu einer zeitverzögerten Translation führt. Bezüglich der zeitverzögerten Translation konnte gezeigt werden, dass diese auf einer Kurzzeitspeicherung der mRNAs in sogenannten EPPs beruht. Der abschließende Vergleich der Reaktion der Proteome und Transkriptome auf den Hitzestress zeigte, dass die Proteome aller Entwicklungsstadien weitaus stärker und zugleich weitestgehend unabhängig vom Transkriptom reagieren. Zudem lieferte der Vergleich der nicht belasteten und wärmebelasteten Proteome erste Hinweise auf eine veränderte Zusammensetzung der Ribosomen unter Hitzestress, da 57 ribosomale Proteine in mindestens einem Entwicklungsstadium differentiell reguliert sind.