Isometrische und isokinetische Kraftmessung als Outcomeparameter nach Humerusnagelung

  • Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Langzeitergebnissen nach der Versorgung von Humerusschaftfrakturen mit unaufgebohrten, verriegelbaren Marknägeln, sowie den Komplikationen, die bei einem solchen Verfahren auftreten können. Da die Outcomeparameter nach Humerusnagelung derzeit hauptsächlich mit Scores, wie dem Constant-Score, Neer-Score und DASH-Score bestimmt werden, prüft diese Studie die isometrische und isokinetische Kraftmessung als eine Möglichkeit, weitgehend objektiv das Outcome des Patienten zu bestimmen und die erhaltenen Daten mit den gängigen Scores (Neer-Score, DASH-Score) zu korrelieren. Dazu wurden im Universitätsklinikum Frankfurt am Main 33 Patienten, die zwischen Mai 2000 und Januar 2004 einen Humerusmarknagel erhalten hatten, erfasst und in Hinblick auf die Fragestellung ausgewertet. Hierzu wurden die OP-Berichte, Patientenakten und Röntgenbilder herangezogen, sowie nach einem halben Jahr der Neer- und DASH-Score erhoben, die Bewegungseinschränkung nach Blum ermittelt, sowie die knöcherne Konsolidierung der Fraktur anhand der Röntgenbilder beurteilt. Die isometrische und isokinetische Kraftmessung wurde als neuer, objektiver Parameter herangezogen, wobei folgende Faktoren gemessen wurden: Maximales Drehmoment, Zeit bis zum maximalen Drehmoment, Winkel beim maximalen Drehmoment, Variationskoeffizient, geleistete Arbeit bei bester Wiederholung, geleistete Gesamtarbeit, Ermüdungsindex, Leistung, Beschleunigung, Verzögerung und durchschnittliches maximales Drehmoment. Bei 28 Patienten konnte der Heilungsverlauf bis zur knöchernen Konsolidierung oder bis zum Auftreten einer Komplikation verfolgt werden, ein Patient starb, bevor die Heilung abgeschlossen war. 21 dieser 28 Patienten konnten klinisch nachuntersucht werden, wobei wiederum 15 Personen dieser Gruppe außerdem die Kraftmessung durchführten. 17 Frakturen heilten innerhalb von 6 Monaten aus, 3 heilten verzögert, bei 6 Frakturen bildete sich eine Pseudarthrose aus, in einem Fall kam es zur Sinterung der Fraktur und ein Patient musste intraoperativ einem Verfahrenswechsel unterzogen werden. Intraoperative Komplikationen traten in 7 Fällen auf. Wichtige Faktoren, die nach unseren Daten Einfluss auf den Heilungsverlauf nehmen, sind vor allem das Alter der Patienten, da der Heilungserfolg bei jungen Patienten signifikant höher war, die Art der Reposition, wobei die offene Reposition eine deutlich schlechtere Heilungsquote aufwies, als die geschlossene, sowie die korrekte anatomische Reposition der Frakturenden, da Patienten, die eine starke Dehiszenz der Frakturteile zeigten, ein schlechteres Endergebnis erreichten. Ein weiterer Parameter, der sich negativ auf die Frakturheilung auswirkt, ist das Auftreten von intraoperativen Komplikationen, die bei unserem Patientengut z.T. den Heilungsverlauf bis hin zum Verfahrenswechsel beeinträchtigten. Ebenfalls relevant für den Heilungsverlauf ist die Beteiligung des dominanten Armes, da Patienten mit einer Fraktur des dominanten Armes schlechtere Ergebnisse erzielten. Dagegen weisen polytraumatisierte Patienten im Vergleich zu monotraumatisierten Patienten keine signifikant schlechteren Endergebnisse bei der Heilung auf.. Des weiteren bestätigen unsere Ergebnisse, dass die antegrade Nagelung vor allem durch Schädigung der Rotatorenmanschette zur Bewegungseinschränkung im Schultergelenk führt. Die retrograde Nagelung geht hingegen nach unseren Daten mit keiner erhöhten Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk einher. Bei der Auswertung der Scores zeigten 10 von 21 Patienten ein unbefriedigendes Ergebnis und auch bei der Kraftmessung verzeichnete knapp die Hälfte ausgeprägte Defizite. Der Neer-Score und der DASH-Score korrelieren gut miteinander, wobei sich beide vor allem dadurch unterscheiden, dass der DASH-Score mehr auf die Bewältigung des Alltagsleben und den Allgemeinzustand des Patienten abzielt, während der Neer-Score sich stärker auf den Arm als solches konzentriert und mehr objektive Kriterien berücksichtigt. Die Kraftmessung zeigt, dass fast die Hälfte der untersuchten Patienten ein signifikantes Kraftdefizit im verletzten Arm aufweist, wobei vor allem die Innenrotation betroffen ist. Zusätzlich zu diesem Ergebnis ließ sich noch beobachten, dass die Patienten mit Pseudarthrose oder sehr schlechten Armfunktion gar nicht in der Lage waren, diese Kraftmessung durchzuführen. Berücksichtigt man bei der Gesamtbetrachtung noch diesen Punkt, so zeigt sich, dass Patienten mit einem Marknagel zum Großteil nicht mehr annähernd ihre Funktion vor der Fraktur erreichen. Die Kraftmessungswerte zeigen eine mäßige Korrelation mit den beiden Scores, wobei der Neer-Score insgesamt besser korreliert. In unserem Patientengut konnte eine hohe Komplikationsrate beobachtet werden. Bei der vorliegenden kleinen Fallzahl kann hieraus keine verbindliche Aussage getroffen werden, Indikationen und Technik müssen jedoch kritisch diskutiert werden. Die Kraftmessung mit dem Kraftmessungsgerät „System 3“ hat sich im Laufe der Studie als problematisch herausgestellt, da ein hoher Zeitaufwand notwendig ist, um diese Untersuchung durchzuführen (mind. 45 min) und vor allem die Messung nur bei solchen Patienten möglich ist, die schon einen Teil ihrer Kraft im Arm wiedererlangt haben, da ein relativ hoher Kraftaufwand nötig ist, um das Gerät zu bewegen. Außerdem zeigte sich, dass sich für die älteren Patienten keine therapeutischen Konsequenzen aufgrund der gemessenen Werte ergaben. Aus diesen Gründen ist eine routinemäßige Anwendung der Kraftmessung als Outcomeparameter nicht zu empfehlen.
  • This study evaluates the long-term results of humerus shaft fractures which were treated by an unreamed interlocking nail and the complications that can occur during the healing process. As at present the outcome parameters are mainly determined by scores, such as the Constant-Score, the Neer-Score and the DASH-Score, this study examines isometric and isokinetic strength as a new possibility to determine objectively the outcome of the patients and to correlate the obtained data with current scores (Neer-Score, DASH-Score). For this, 33 patients, who were treated by a humerus intramedullary nail between may 2000 and january 2004, were registered at the Universitätsklinikum Frankfurt am Main and evaluated in regard to the stated question. Therefore, OP-reports, patient files and x-ray pictures were consulted and after half a year the Neer- and DASH-Score were ascertained, the range of motion after Blum and the consolidation of the fracture were evaluated with the help of x-ray images. The evaluation of isometric and isokinetic strength was used as a new, objective parameter, while following factores were measured: Maximum torque, time till maximum torque, angle at maximum torque, variation coefficient, produced work, produced work at best repetition, index of fatigue, output, acceleration and average maximum torque. With 28 patients the healing process until consolidation or until the appearance of complications could be watched, one patient died before the healing was complete. 21 of these 28 patients could be clinically examined. 15 patients did the strength measurement. 17 fractures healed within 6 months, three healed delayed, with 6 fractures a peudarthrosis occurred, in one case the fracture was upset, and one patient had an intraoperative switch to plate fixation. Important factors which take influence on the healing process after our considerations are before all else the age of the patients, as the healing success with young patients was clearly higher. Also important is the method of reposition, because open reposition showed a considerably worse healing than the closed and the exact reposition, because fractures with a great dehiscence showed a worse end result than others. Another parameter that had negative influence on the fracture healing was the appearance of intraoperative complications. Also relevant for the healing process was the participation of the dominant arm, for patients with a fracture of the dominant arm achieved worse results. In contrast, polytrauma patients did not show worse result than patients with a monotrauma. Furthermore, our results confirm that antegrade nailing causes limitation in shoulder function by damaging the rotator cuff. However, retrograde nailing has no negative influence of the elbow function. The evaluation of the scores showed that 10 of 21 patients reached an unsatisfactory result and nearly half of the patients which made the strength measurement, showed a large deficiency. Neer- and DASH-Score correlate well (κ=0,8). The DASH-Score aims more at managing of every day life and the general condition of the patient, while Neer-Score concentrates more on the arm itself and the objective parameters. Strength measurement shows that nearly half of patients had a large strength deficiency in their injured arm, mainly during the inwards rotation. Moreover, patients with a pseudarthrose or very low arm function were not able to do the strength measurement at all. If you consider the last mentioned point you come to the conclusion, that patients with humerusnail could not regain the function of the arm before consolidation of the fracture. Values of the strength measurement showed only little correlation with both scores, while Neer-Score correlates better in total. A high complication rate could be observed in our patient group. Considering the low number of our patients any definite statement cannot be made, but indications and techniques need to be discussed critically. The strength measurement with the device “System3” proved itself difficult during the study, it takes a lot of time to do it (45 min. minimum) and the measurement is only possible for those patients, who regained a part of their original power in the arm, as it takes a relatively high strength to move the device. Also for most patients the result of the strength measurement has no therapeutic consequence. For these reasons we do not recommend a general use of the strength measurement outcome parameters.

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Metadaten
Author:Pius Dörr
URN:urn:nbn:de:hebis:30-53454
Referee:Ingo MarziORCiDGND, Michael André Rauschmann
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2008/03/26
Year of first Publication:2006
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2007/10/30
Release Date:2008/03/26
Page Number:92
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:313731950
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
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