Wissenschaftssprache und Wissenschaftskommunikation im Spannungsfeld zwischen Deutsch, Nationalsprache und Englisch

  • Die moderne Gesellschaft ist von Veränderungen epistemischer und institutioneller Strukturmerkmale der Wissenschaft geprägt, die ihrerseits einen Wandel in anderen Bereichen der Gesellschaft auslösen. In diesem Zusammenhang – wie auch in der neuzeitlichen Wissenschaftsentwicklung überhaupt – kommt der Sprachlichkeit, dem Kulturphänomen "Wissenschaftssprache", eine eminente Rolle zu, etablierte sich doch in den letzten Jahrzehnten eine „linguistische Teildisziplin der Wissenschaftssprachforschung“ (vgl. KRETZENBACHER 1992: 1; HESS-LÜTTICH 1998). "Wissenschaft" scheint mir jedoch ein (interkultureller) Problembegriff zu sein, beispielsweise auch schon deswegen, da dieses Wort (samt seinen Ableitungen wie Wissenschaftler, wissenschaftlich, Wissenschaftlichkeit) stark kulturbedingt ist (vgl. CLYNE/KREUTZ 2003: 60); so korreliert etwa der deutsche Terminus Wissenschaft nicht mit dem englischen science etc. Das Englische kann zweifellos auf eine konkurrenzlose Karriere als wissenschaftliche Universalsprache zurückblicken: Wissenschaftler – auch deutschsprachige – bedienen sich bei der Veröffentlichung wichtiger Forschungsergebnisse zunehmend der englischen Sprache. Der Anteil der wissenschaftlichen Publikationen auf Englisch beträgt heute weltweit über 90 Prozent, während nur noch wenige Prozent des wissenschaftlichen Publikationsaufkommens deutschsprachig sind. Auch die Zahl der wissenschaftlichen Tagungen (selbst im deutschen Sprach- und Kulturraum), die ausschließlich Englisch als Konferenzsprache zulassen, nimmt stetig zu. Außerdem werden immer mehr Vorlesungen bzw. ganze Studiengänge an sonst deutschsprachigen Universitäten in Englisch angeboten. „Die Spitzenforschung spricht englisch“ – stellte der spätere Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Hubert Markl, bereits vor zwanzig Jahren lapidar fest (Quelle: DUZ, 22/2002, S. 12). Gleichwohl wird immer wieder – oft etwas euphorisch – auf Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa verwiesen, die traditionell als ein Refugium des Deutschen u.a. auch als Wissenschaftssprache galten bzw. auf weiten Strecken nach wie vor gelten. So kann exemplarisch die „Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion“ erwähnt werden, die von 1932 bis 1937 auf Deutsch erschien. In diesem interessanten und zugleich äußerst komplexen Spannungsfeld soll es sich im vorliegenden Beitrag um das Thema ‘Sprachen in den Wissenschaften’ als Denk- und Darstellungsmedia handeln. Dabei soll zum einen die Problematik der Mehrsprachigkeit der Wissenschaften (mit besonderer Berücksichtigung des Deutschen) im mehrsprachigen, multikulturellen und kultursensiblen Kontaktraum Mittel- und Osteuropa angesprochen werden, zum anderen – weil ja auf unserer Tagung auch andere Teilareale, wie z.B. Rumänien, vertreten sind – soll der besondere Schwerpunkt auf Ungarn liegen. Hauptziel der Erörterungen besteht darin, die Entwicklung der in dieser Region wirksamen Wissenschaftssprachen diachron herauszuarbeiten, den derzeitigen Stand für die Bereiche Sprachen in der akademischen Lehre, Forschungssprachen (d.h. Sprachen der Forschungskommunikation) und Publikationssprachen – auch mit Hilfe empirischer Daten – mehrperspektivisch zu dokumentieren und aktuelle Tendenzen reflektorisch aufzuzeigen.

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Metadaten
Author:Csaba FöldesORCiDGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30-1111715
URL:http://www.vein.hu/www/tanszekek/german//Wissenschaftssprache.doc
ISBN:978-3-89129-410-9
Parent Title (German):Perspektiven der Germanistik in Europa : Tagungsbeiträge / [Tagung "Zukunftsperspektiven der Germanistik in Europa"]. Eva Neuland K,onrad Ehlich, Werner Roggausch (Hg.). [DAAD ; DGV]
Publisher:Iudicium
Place of publication:München
Document Type:Part of a Book
Language:German
Date of Publication (online):2008/11/04
Year of first Publication:2005
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2008/11/04
Page Number:12
First Page:258
Last Page:272
Note:
Postprint, zuerst erschienen in: Perspektiven der Germanistik in Europa : Tagungsbeiträge / [Tagung "Zukunftsperspektiven der Germanistik in Europa"]. Eva Neuland K,onrad Ehlich, Werner Roggausch (Hg.). [DAAD ; DGV]. München : Iudicium, 2005, ISBN 978-3-89129-410-9, S. 258-272
Source:In: Eva Neuland / Konrad Ehlich / Werner Roggausch : Perspektiven der Germanistik in Europa. Tagungsbeiträge. München, 2005, S. 258-272 ; http://www.vein.hu/www/tanszekek/german//Wissenschaftssprache.doc
HeBIS-PPN:207190496
Dewey Decimal Classification:4 Sprache / 40 Sprache / 400 Sprache
Sammlungen:Linguistik
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht