Räumliche Ausbreitung und Zusammenschluss von Dohlenkolonien, Corvus monedula, im Rahmen eines erfolgreichen Auswilderungsprojekts
Successfully releasing jackdaws, Corvus monedula: spatial dispersion and the fusion of social groups
- In der vorliegenden Studie untersuchten wir eine Auswilderung
von in einer Voliere gehaltenen Dohlen (Corvus monedula),
die in einer erfolgreichen Etablierung einer Wildkolonie
mündete. Die Auswilderung erfolgte in zwei Stufen in
den Jahren 2007 und 2009. Im ersten Projektjahr lag der
Fokus unserer Untersuchung auf der räumlichen Ausbreitung
der ausgewilderten Individuen, die zunächst nur allmählich,
dann jedoch fast sprunghaft erfolgte. Mit der
räumlichen Ausbreitung der Individuen auf andere als die
in unmittelbarer Nähe zur Voliere gelegenen Bereiche war
auch eine veränderte funktionelle Nutzung des Raumes
verbunden, in der vor allem das Zentrum der Aktivitäten
der Vögel verlagert wurde. Das zweite Projektjahr war der
Untersuchung gewidmet, wie sich eine neuerlich ausgewilderte
Dohlengruppe mit der bereits bestehenden Wildkolonie
zu einer sozialen Gruppe zusammenschließen würde. In
diesem Prozess benutzten die beiden Kolonien unterschiedliche
Strategien der Annäherung. Während Individuen der
Wildkolonie mit den hinzugekommenen Individuen häufiger
in aggressiver Weise Kontakt aufnahmen, zeigten umgekehrt
die neu ausgewilderten Individuen gegenüber Individuen
der Wildkolonie vor allem soziopositives Verhalten.
Obwohl die beiden Kolonien nach nur rund zwei Wochen
räumlich als eine Kolonie betrachtet werden durften, zeigen
unsere Ergebnisse, dass der soziale Zusammenschluss erst
nach etwa zwei Monaten erreicht war. Unsere Studie zeigt
auch Kontextfaktoren bzw. Faktoren der Biologie von Dohlen
auf, die für eine erfolgreiche Auswilderung von besonderer
Bedeutung sind: das visuelle Kennenlernen der neuen
Umgebung, die Dynamik von Dohlenkolonien als offene
Gruppen, in denen Abwanderungen und Neuzugänge ein
häufiges Phänomen sind und für Auswilderungszwecke
genutzt werden können und die Wichtigkeit einer etablierten
Dominanzhierarchie in der dominante Individuen Führungsrollen
übernehmen und Artgenossen diesen folgen
können.
- The focus of the present study was a release project on jackdaws (Corvus monedula) which was carried out in two steps in 2007
and 2009. In 2007 we focused on the spatial dispersion of individuals which started gradually but then turned into a stepwise
increase. A change in the functional use of space was associated with the birds’ spatial dispersion into areas other than those
immediately surrounding the aviary in which especially the centre of the birds’ activities was relocated. 2009 focused on the
analysis of the process how a newly released group of jackdaws and the already existing wild colony of birds would unite into
a single social group. In this process both colonies used different strategies: in contrast to the individuals of the wild colony
that mainly approached the newly released individuals in an aggressive manner, the latter initiated more sociopositive interactions
towards the former. Although after two weeks the two colonies could be considered as one when referring to their spatial
cohesiveness, our results show that their social cohesiveness was achieved only after about two months. Furthermore, our study
indicates which factors of the context and the biology of jackdaws, respectively, may be especially important for a successful
release in these birds: visual acquaintance with the new environment, social dynamics of jackdaw colonies that represent free
entry groups in which emigration and immigration are frequent phenomena and can be used for releasing purposes, and the
importance of an established dominance hierarchy due to which dominant individuals can take the lead while subdominant
conspecifics may follow them.