Atlas zur Vogelberingung auf Helgoland : Teil 5: Ringfunde von 1909 bis 2008
An atlas of bird ringing at the island of Helgoland : part 5: ringing recoveries from 1909 to 2008
- Das Helgoländer Ringfundmaterial ist durch eine extrem
weit zurück reichende und bis auf die Kriegsjahre kontinuierliche
Beringungstätigkeit sowie die isolierte Lage
der Insel in der Nordsee charakterisiert. Seit dem Beginn
der Beringung auf Helgoland im Jahr 1909 konnte die
Beringungszentrale der „Vogelwarte Helgoland“ mehr
als 11.100 Fundmeldungen auf Helgoland beringter
Vögel sammeln. Die vorliegende Auswertung umfasst
alle seit 1909 auf Helgoland beringten und abseits gefundenen
sowie an anderen Orten beringten und auf
Helgoland gefundenen Vögel.
Die ausgewerteten 6.914 Funde auf Helgoland beringter
Vögel stammen von insgesamt 108 Arten, von weiteren
134 beringten Arten gibt es keine Funde. Rund 18 % aller
Funde auf Helgoland beringter Vögel stammen aus der
Zeit von 1909 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
Von 1959 bis 1985 gab im Mittel 134 Funde pro Jahr,
danach sank die Zahl auf im Mittel nur noch 82 Funde
pro Jahr. Für fast jede Art gibt es Angaben zur Fundrate,
zur größten Entfernung des Fundortes, zur maximalen
Tagesleistung sowie zum Höchstalter. 116 Funde, die
hinsichtlich ihres Fundortes aus der Masse heraus ragen,
besonders selten sind oder sich durch ein hohes Alter,
hohe Zuggeschwindigkeit oder besondere Fundumstände
auszeichnen, werden einzeln vorgestellt.
Die Funde aus 41 Staaten verteilen sich von Spitzbergen
bis nach Namibia und von Island bis fast an den Ural.
Die meisten Vögel wurden in Deutschland gefunden,
gefolgt von Frankreich, Großbritannien, Dänemark, den
Niederlanden und Norwegen. Einige Funde wurden aus
Afrika, aber nur sehr wenige aus den osteuropäischen
Ländern und aus Asien gemeldet. An den hier zusammengestellten
Funden auf Helgoland beringter Vögel sind
Amsel Turdus merula und Singdrossel Turdus philomelos
mit jeweils über 1.000 Meldungen am häufigsten beteiligt,
an dritter Stelle rangiert die Trottellumme Uria aalge
mit über 500 Funden. Von 11 weiteren Arten gibt es
noch jeweils über 100 Funde. Etliche Individuen wurden
mehr als einmal abseits von Helgoland gemeldet.
In nördlichen Richtungen erfolgten die meisten Funde
bis zu einer Entfernung von 600 km mit einem Peak bei
70 bis 80 km an der schleswig-holsteinischen Westküste
und einem weiteren bei 420 bis 600 km im südlichen
Skandinavien. Nur wenige Funde wurden aus mehr als
2.000 km in nördlichen Richtungen gemeldet. In südlichen
Richtungen lagen vergleichsweise viele Funde
innerhalb einer Entfernung bis 2.300 km mit vier Peaks
bei 40 bis 80 km, 400 bis 500 km, 1.000 bis 1.300 km und
2.000 bis 2.300 km. Nur wenige Funde wurden aus mehr
als 3.000 km in südlichen Richtungen gemeldet. Den
Fundorten entsprechend wiesen die meisten Zugrichtungen
im Frühjahr nach Nordosten und im Herbst
nach Südwesten.
Die (scheinbaren) mittleren Zuggeschwindigkeiten
der auf Helgoland beringten Vögel variierten stark in
Abhängigkeit von der ausgewerteten Tagesdifferenz
zwischen Beringung und Fund: Bei gleich gewählten
Fundzeiträumen unterschieden sich die mittleren
Heimzug- und Wegzuggeschwindigkeiten weder bei
Kurz/Mittelstreckenziehern noch bei Langstreckenziehern.
Dagegen war die mittlere Wegzuggeschwindigkeit
der Langstreckenzieher höher als die der Kurz/Mittelstreckenzieher.
Bei einer gemeinsamen Fundrate aller auf Helgoland
beringten Vögel von 0,91 % war die der Nonpasseres
mit 5,65 % bedeutend höher als die der Passeres mit
0,67 %. Die Drosseln hatten mit 0,94 % eine wesentlich
höhere Fundrate als die übrigen Passeres mit 0,48 %. Bis
zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren die Fundraten
sowohl für alle Funde zusammen als auch für verschiedene
Artengruppen etwas höher als danach, der Unterschied
ist jedoch nur bei den Drosseln signifikant.
Die meisten Funde wurden mit unbekanntem Fundumstand
oder als geschossen gemeldet, an dritter Stelle
standen Wiederfänge. Mit jeweils unter 10 % war der
Anteil der natürlichen Fundumstände, der abgelesenen
Vögel sowie der durch Technik oder Verschmutzung in
Menschenhand gelangten Tiere vergleichsweise klein.
Die meisten Vögel wurden tot gefunden, als lebend
wurde weniger als ein Viertel aller Funde gemeldet und
bei weniger als 10 % der Funde wurde kein Fundzustand
angegeben. Sowohl die Fundumstände als auch die
Fundzustände der auf Helgoland beringten Vögel haben
sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts verändert.
Die 1.516 von 1909 bis 2008 auf Helgoland gefundenen
Vögel von anderen Beringungsorten verteilen
sich auf 96 Arten. Dabei war die Amsel mit 275 Funden
von allen Arten am häufigsten vertreten, an zweiter
Stelle lag die Silbermöwe Larus argentatus mit 197 Funden,
an dritter die Mantelmöwe Larus marinus mit 86
Funden. Nennenswerte Zahlen fremdberingter Vögel
wurden auf Helgoland nicht vor 1960 gefunden (seitdem
im Mittel 28 fremdberingte Vögel pro Jahr). Für fast
jede Art, von der Funde fremder Vögel auf Helgoland
vorliegen, gibt es Angaben zur größten Entfernung des
Fundes vom Beringungsort, zur maximalen Tagesleistung
sowie zum Höchstalter. 54 Fremdfunde, die hinsichtlich
des Beringungsortes aus der Masse der Funde
heraus ragen, besonders selten sind oder sich durch ein
hohes Alter oder hohe Zuggeschwindigkeit auszeichnen,
werden einzeln vorgestellt.
Die fremden auf Helgoland gefundenen Vögel stammen
von 950 unterschiedlichen Beringungslokalitäten
aus 22 verschiedenen Staaten. Die meisten Individuen
waren auf den Britischen Inseln beringt worden, gefolgt ischen
Staaten stammen nur wenige Fremdfunde, kein
einziger aus Afrika oder Asien. Die weitaus meisten
Fremdfunde auf Helgoland wurden wieder gefangen,
mit größerem Abstand folgen unbekannter Fundumstand,
geschossene sowie im Feld abgelesene Vögel.
Fremdfunde durch natürliche Umstände, Verschmutzung
oder Technik spielten auf Helgoland kaum eine
Rolle. Zwei Drittel der fremden Vögel wurden auf Helgoland
lebend und ein Drittel tot gefunden.
Die Funde der Trottellumme, einer innerhalb Deutschlands
besonderen Art, werden in einem eigenen Kapitel
betrachtet. Diese Art zeichnet sich nicht nur durch die
dritthöchste Zahl von Funden auf Helgoland beringter
Vögel (653, davon die meisten aus Skandinavien), sondern
auch durch eine relativ hohe Fundrate von 7,6 %
aus. Die meisten Trottellummen wurden geschossen (v. a.
in Norwegen) oder kamen durch Verölung (meist entlang
der Schifffahrtsstraßen in der südlichen Nordsee) bzw.
durch Fang in Fischereigeräten (überwiegend in Schweden
und Dänemark) in die Hand von Menschen.
- The collection of ringing recoveries of birds caught on the isolated North Sea island of Helgoland covers an extraordinarily
long period and, except of the war years, includes only little interruption. Since 1909, the ringing station “Vogelwarte Helgoland”
has accumulated data of more than 11,100 birds that were ringed on Helgoland and recovered abroad. The present analysis
comprises all of these recoveries, as well as information on birds ringed abroad and recovered on Helgoland.
A total of 6,914 recoveries of birds ringed on Helgoland derive from 108 species; 134 species ringed on Helgoland yielded
no recoveries. About 18 % of all recoveries originate from the period between 1909 and the end of the Second World War.
Between 1959 and 1985, the average number of recoveries reached 134 per year. Thereafter, numbers declined to an average
of 82 recoveries per year. For almost all species, we provide the recovery rate, largest distance of recovery site, maximal daily
flight distance, and highest age. Data of 116 individuals showing an exceptional recovery site, age at recovery, migration speed
or circumstance of recovery are presented separately.
Recoveries stemmed from 41 countries, covering a range from Spitsbergen to Namibia and from Iceland to the Ural. Most
birds were recovered in Germany, followed by France, Great Britain, Denmark, The Netherlands, and Norway. Several recoveries
were reported from Africa but only few from the eastern European states and from Asia. From all recoveries of birds ringed
on Helgoland, the Blackbird Turdus merula and the Song Thrush Turdus philomelos were the most frequent, with more than
1,000 individuals each. The Guillemot Uria aalge was the third most frequent species to be recovered (more than 500 recoveries).
For another 11 species, there were more than 100 recoveries each. Several individuals ringed on Helgoland were reported more
than once from abroad.
To the North, most recoveries occurred within a maximum range of around 600 km, with concentrations at 70 to 80 km
near the western coast of Schleswig-Holstein and at 420 to 600 km in southern Scandinavia. Only a few recoveries were reported
from further than 2,000 km in northerly directions. Towards the South, the majority of recoveries were reported from
distances of up to 2,300 km, with concentrations occurring at 40 to 80 km, 400 to 500 km, 1,000 to 1,300 km, and 2,000 to
2,300 km. Only a few southern recoveries came from distances greater than 3,000 km. Judging from the recovery locations,
migration was directed to the North East in spring and to the South West in autumn.
Estimated average migration speeds of birds ringed on Helgoland varied strongly, depending on the number of days that
had elapsed between ringing and recovery. Within short/medium-distance and long-distance migrants, standardized migration
speeds did not differ significantly between spring and autumn. However, average autumn migration speed was generally
higher in long-distance than in short/medium-distance migrants.
The overall recovery rate was 0.91 % (pooled across all birds ringed on Helgoland). The recovery rate of non-passerines (5.65 %)
was significantly higher than that of the passerines (0.67 %). Thrushes (Turdus spec.) showed a significantly higher recovery rate
(0.94 %) than all other passerine species (0.48 %). Before the Second World War, recovery rates of birds in general, and at the
species level in particular, were to some extent higher than after the end of the war, but significantly only for thrushes.
Most recoveries were retrieved under unknown circumstances or had been shot, while far less individuals were recovered
through capture. With less than 10 % each, the proportion of birds recovered under natural circumstances, observed alive in the
field or detected as casualties of human activity was comparatively low. Most birds were recovered dead, less than one quarter of
all recovered birds was alive, while for less than 10 % condition at recovery was unknown. Circumstances of recovery as well as
condition at recovery changed significantly during the 20th century due to a noticeable drop in hunting activity.
A total of 1,516 reports of birds ringed abroad and recovered between 1909 and 2008 on Helgoland comprised 96 species. With
275 recoveries, the Blackbird was the most frequently recovered species, followed by the Herring Gull Larus argentatus (197 recoveries)
and the Great Black-backed Gull Larus marinus (86 recoveries). Before 1960, the number of occasional recoveries from
abroad was insignificant; thereafter recoveries averaged around 28 per year. For the majority of species that were ringed abroad
and recovered on Helgoland, we provide the maximum distance to ringing origin, maximum daily flight distance and maximum
age at recovery. Data on 54 recovered birds originating from unusual ringing localities or suggesting an exceptionally old age are
presented individually.
Birds ringed abroad and recovered on Helgoland originated from 950 ringing localities and 22 countries. Most individuals
had been ringed on the British Isles, followed by Norway and Germany. Only a few recoveries stemmed from Eastern
Europe, and none were recovered from Africa or from Asia. By far the most frequent recoveries from abroad were re-traps,
followed by shot individuals and re-sightings. Two thirds of all birds ringed abroad and recovered on Helgoland were found
alive. Recoveries of Guillemots bred on Helgoland are dealt with separately. This species showed the third highest number of recoveries
(653 individuals, most of them recovered in Scandinavia) and a relatively high recovery rate of 7.6 %. Most Guillemots
had been shot (mainly in Norway), were found oiled (predominantly along the shipping routes of the southern North Sea) or
were retrieved through fishing activity (mainly in Sweden and Denmark).