Eisnukleierende Aerosole in der Atmosphäre

  • Eiskeime (INP) sind Aerosolpartikel, die das Entstehen von Eiskristallen in der Atmosphäre zwischen 0 und -37°C ermöglichen, indem sie die zur Ausbildung der Eisphase nötige Energie gegenüber einem reinen Wassersystem stark herabsetzen. Dabei sind aktive Stellen auf der Oberfläche dieser Partikel für die erste Nukleation von Eis verantwortlich. In der Folge können die Eiskristalle zulasten von verdunstenden Wasserdampfmolekülen und Wassertröpfchen weiter anwachsen. Über Eismultiplikationsprozesse zersplittern und vervielfältigen sich die Eiskristalle und wachsen über Bereifung schließlich zu einer kritischen Größe heran, wodurch sie als Niederschlag zu Boden fallen können. Auch wenn der Anteil der zur heterogenen Eisnukleation fähigen Aerosole vergleichsweise gering ist, spielen INP eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Niederschlag und nehmen Einfluss auf Strahlungsprozesse, indem sie auf die Phase der Wolken und damit auf deren Strahlungseigenschaften einwirken. Viele Fragen im Forschungsgebiet der heterogenen Eisnukleation sind jedoch weiterhin nicht hinreichend genau geklärt. Ohne eine verbesserte Kenntnis von Konzentrationen, geographischer und vertikaler Verteilung, sowie zeitlicher Variation, Quellen und Natur von INP, sind noch vorhandene Wissenslücken im Strahlungsantrieb durch Wechselwirkungen von Aerosolen und Wolken nur zu einem gewissem Grad zu reduzieren. Dies ist nötig, um aktuelle Beobachtungsdaten der sich erwärmenden Atmosphäre besser verstehen und die zukünftigen Änderungen des Klimas sicherer vorhersagen zu können. In dieser Arbeit wird die Vakuumdiffusionskammer FRIDGE verwendet, um atmosphärische INP-Konzentrationen zu bestimmen. Aerosolpartikel werden dabei in einem ersten Schritt auf einem Silicium-Probenträger elektrostatisch niedergeschlagen. Die Effizienz des Sammelprozesses, also der Anteil der Partikel die tatsächlich auf dem Si-Substrat abgeschieden werden, wurde mittels zweier unabhängiger Methoden auf etwa 60% bestimmt. In einem zweiten Mess-Schritt werden die Proben in FRIDGE typischen Bedingungen von Mischphasenwolken ausgesetzt, wodurch Eiskristalle an den INP aktiviert werden und im Verlauf einer Messung anwachsen. Eine Kamera beobachtet die durch das Eiswachstum entstehenden Helligkeitsänderungen auf dem dunklen Probensubstrat. Die Kriterien, wann ein Objekt als Eiskristall identifiziert und gezählt wird, mussten im Rahmen dieser Arbeit neu entwickelt werden. In der zu Beginn der Arbeit vorgefundenen Einstellung hatte bereits eine sehr geringe Helligkeitsänderung, wie sie durch das hygroskopische Wachstum von Aerosolpartikeln hervorgerufen wird, zu Signalen geführt, die fälschlicherweise als Eiskristalle gezählt wurden. Das reevaluierte Messverfahren von FRIDGE wurde im Zuge der FIN-02 Kampagne in einem groß angelegten Laborexperiment an der AIDA Wolkenkammer mit zahlreichen anderen INP-Zählern aus der ganzen Welt verglichen. Für den Großteil der Messungen der untersuchten Modell-Aerosoltypen konnte eine zufriedenstellende Übereinstimmung mit den anderen Instrumenten erzielt werden. In einer einmonatigen Feldmesskampagne im östlichen Mittelmeerraum konnten die ersten INP-Messungen an Bord eines unbemannten Flugzeugs durchgeführt werden. Während der Kampagne auf Zypern wurden mehrere Fälle von transportiertem Saharastaub beprobt, in denen die INP-Konzentration maßgeblich erhöht war. Lidar-Beobachtungen und ein Staubtransportmodell zeigten, dass sich das Maximum der Staubschichten zumeist in etwa 2-4 Kilometern Höhe befand. In der Höhe wurden INP-Konzentrationen gefunden, die im Mittel um einen Faktor 10 größer waren als auf Bodenniveau. Es wird gefolgert, dass INP-Messungen am Boden möglicherweise nur begrenzte Aussagekraft über die Situation nahe der Wolkenbildung besitzen. Im Rahmen BACCHUS-Projekts wurden zwischen August 2014 und Januar 2017 (mit Unterbrechungen) alle 1-2 Tage Proben an drei Reinluftstationen gesammelt (insgesamt über 900). Das INP-Messnetz mit einer geographischen Ausdehnung von der Arktis zum Äquator bestand aus Stationen in Spitzbergen, Martinique und im Amazonas. Die Station im brasilianischen Regenwald ist durch wechselnde Bedingungen von sauberer Regen- und verunreinigter Trockenzeit charakterisiert. In der Trockenzeit steigen die Partikelkonzentrationen durch starke Belastung aus Biomassenverbrennung um eine Größenordnung an; eine gleichzeitige Zunahme der INP-Konzentrationen konnte nicht beobachtet werden. Daraus kann vermutet werden, dass Partikel aus Feueremissionen keine ausgezeichneten Fähigkeiten zur Eisnukleation aufweisen. Die INP-Konzentrationen in der Karibik konnten mit dem Jahresgang von transportieren Saharastaub in Verbindung gebracht werden. In der Arktis wurden die niedrigsten INP-Konzentrationen der drei Stationen beobachtet. Zum Zeitpunkt des Erstellens dieser Arbeit können die determinierenden Einflussfaktoren, sowie der anthropogene Einfluss zur Zeit des arktischen Dunstes noch nicht abschließend geklärt werden.
  • Ice nucleating particles (INPs) are aerosol particles that enable the emergence of ice crystals in the atmosphere at temperatures between 0 °C and ‒37 °C by significantly lowering the energy barrier that exists for spontaneous nucleation of water molecules. Active sites on the surface of these particles are responsible for the first nucleation of ice. The now formed ice crystals start to grow at the expense of water molecules and droplets. The ice crystals splinter and multiply, then grow further by riming to a critical size at which they start get relevant for precipitation processes. Although the fraction of aerosol particles able to nucleate ice is relatively small, INPs play an important role for the development of precipitation and influence the radiation budget by affecting the phase of the cloud. However, many questions in the topic of ice nucleation are not yet solved to a satisfying degree. As long as the knowledge of concentrations, geographical and vertical distribution, temporal variation, sources and nature of INPs will not improve, it is unlikely that the existing gaps in understanding the radiative forcings of aerosol-cloud interactions will reduce significantly. In turn, this is needed to better understand observations of the warming atmosphere and predict future climate changes more accurately. The isostatic vacuum diffusion chamber FRIDGE (FRankfurt Ice nucleation Deposition freezinG Experiment) was used in this thesis to measure INP concentrations. In a first step aerosol particles are electrostatically precipitated onto a silicon disc. The efficiency of this sampling process (the fraction of particles that are actually sampled on the substrate) was determined by two independent methods to be about 60%. In a second measurement step the samples are exposed to typical conditions of mixed-phase clouds within FRIDGE. During a measurement ice crystals activate on the INPs and start to grow. Changes in brightness associated with the emerging ice crystals on the dark substrate are observed by a CCD camera. The criteria, which determine if an object is counted as an ice crystal, had to be changed during this thesis. According to the settings from the beginning of this work even little changes in brightness due to the hygroscopic growth of water droplets were enough to cause an erroneous count of a supposedly ice crystal. The re-evaluated FRIDGE instrument was compared to many other INP counters from all over the world in a large-scale laboratory experiment at the AIDA cloud chamber during the Fifth International Workshop on Ice Nucleation part 2 (FIN-02). A reasonable agreement with the other instruments could be achieved for most measurements of the various aerosol types. The first INP measurements on board of an unmanned aerial vehicle could be performed during a one-month field campaign in the Eastern Mediterranean. The transport of Saharan dust was observed on several occasions during the Cyprus campaign, influencing the INP concentrations substantially. Measurements by lidar and a dust transport model revealed that the densest layer of the dust was usually found at 2 ‒ 4 km altitude. INP concentrations in elevated plumes were found to be a factor of 10 higher in average than the ground based measurements. It is concluded that INP measurements at ground level may only be of limited significance for the situation at the level cloud formation. As part of the EU project BACCHUS more than 900 FRIDGE samples were collected routinely every one or two days at three remote stations between August 2014 and January 2017 (with interruptions). The stations of the INP network were located at Svalbard, Martinique and the Amazon, covering a global geographic scale. The station in the Brazilian rainforest is characterized by changing conditions of the clean wet season and the polluted dry season. In the dry season particle concentrations rise one order of magnitude due to a strong increase of biomass burning. However, a simultaneous increase of INP concentrations could not be observed, suggesting that particles of fire emissions are not particularly ice active. The INP concentration in the Caribbean could be associated with the seasonal pattern of transported Saharan dust. The lowest INP concentrations of the three stations were found in the Arctic. The factors controlling the INP concentration, as well as the possible influence of the anthropogenic arctic haze, could not be resolved conclusively at the time this thesis was written.

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Metadaten
Author:Jann Erik SchrodORCiDGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-447260
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Joachim CurtiusORCiD, Martin EbertGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2017/10/23
Year of first Publication:2017
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2017/10/20
Release Date:2017/10/26
Page Number:213
HeBIS-PPN:419469486
Institutes:Geowissenschaften / Geographie
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 55 Geowissenschaften, Geologie / 550 Geowissenschaften
Sammlungen:Universitätspublikationen
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht