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In der jüngsten Vergangenheit hat die Anwendung der inzwischen veralteten Liste zunehmend Probleme bereitet und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der Begründung von Naturschutzmaßnahmen, sondern auch bei Bewertungen von Flächen z.B. im Rahmen von Umweltverträglichkeitsstudien und Eingriffsplanungen. Die Diskrepanz zwischen einer früheren Rote-Liste-Einstufung und der heutigen, auf erweiterten Erkenntnissen beruhenden Bewertung der Bestandssituation bestimmter Arten muss unweigerlich zu falschen Schlüssen hinsichtlich der Wertigkeit der zu beurteilenden Flächen führen (vgl. WESTRICH & SCHWENNINGER 1997). Es war deshalb sehr zu begrüßen, dass die Landesanstalt für Umweltschutz Karlsruhe eine Neubearbeitung ermöglicht hat. Dabei sollte gleichzeitig auch den zwischenzeitlich vom Bundesamt für Naturschutz modifizierten Gefährdungskategorien und -kriterien Rechnung getragen und die Fülle an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen integriert werden. Diese waren, soweit möglich, bereits in der Roten Liste der Bienen Deutschlands (WESTRICH et al. 1998) berücksichtigt worden. Da eine Rote Liste stets das im Bezugsraum nachgewiesene Artenspektrum zur Grundlage haben muss, war es erforderlich, auch die Faunenliste im Vorfeld zu aktualisieren, zumal seit dem Erscheinen des Grundlagenwerks zahlreiche Arten erstmals in Baden-Württemberg aufgefunden werden konnten.
Die Auswirkungen extremer Wetterereignisse auf die Biodiversität sind bisher nur unzureichend bekannt. In den letzten Jahren steigen daher die Bemühungen, Effekte solcher Ereignisse auf Arten und Ökosysteme zu quantifizieren und Schutzstrategien zu entwickeln. Das vom BMBF geförderte Verbundprojekt RIVA – Robustes Indikationssystem für ökologische Veränderungen in Auen (Scholz et al. 2001, 2009, Dziock et al. 2006) stellte eine hervorragende Grundlage für Untersuchungen der ökologischen Auswirkungen nach den extremen Hochwasserereignissen im Sommer 2002 und im Winter 2002/2003 sowie der folgenden extremen Trockenheit im Sommer 2003 dar. Für die Artengruppen Laufkäfer, Mollusken und Pflanzen bestand deshalb im Rahmen des hier vorgestellten HABEX-Projektes (AuenHABitate nach EXtremhochwasserereignissen am Beispiel der Mittleren Elbe) die einmalige Gelegenheit, die Auswirkungen dieses in Zeitpunkt und Intensität ungewöhnlichen Hochwassers auf denselben Probeflächen durch einen Zustandsvergleich der Jahre vor der Flut (1998/99) und danach (2003-2006) zu untersuchen.
Laufkäfer gehören zu den häufigsten Makroinvertebraten in terrestrischen und semiterrestrischen Lebensräumen und erfüllen aufgrund ihrer vielfach räuberischen Lebensweise wichtige regulatorische Funktionen in Ökosystemen. Dank zahlreicher Freiland-Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten sind die ökologischen Ansprüche vieler Laufkäfer relativ gut bekannt. Durch ihre hohe Mobilität - viele Arten sind flugfähig - können Laufkäfer sehr schnell auf Veränderungen ihrer Umwelt reagieren. Gleichzeitig besitzen Laufkäfer die Fähigkeit, Umwelteinflüsse über eine längere Zeit zu integrieren. So können sich z. B. die Auswirkungen von Störungen stark in den Dominanzen einzelner Arten oder im Fehlen von Arten mit bestimmten ökologischen Ansprüchen widerspiegeln und somit noch mehrere Jahre nach dem Ereignis in den Artengemeinschaften sichtbar sein. Diese Eigenschaften machen Laufkäfer als Zeigerarten für biotische und abiotische Veränderungen der Umwelt interessant, weshalb sie auch als Modelltiergruppe gelten. Die vorliegende Arbeit beschreibt die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen des extremen Sommerhochwassers auf die Laufkäferfauna von Auengrünlandstandorten an der Mittleren Elbe.
Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung zum Deichrückverlegungsvorhaben im Roßlauer Oberluch wurden auch die Laufkäfer untersucht. Aufgrund ihrer hohen Mobilität reagieren Laufkäfer relativ schnell auf sich ändernde Umweltbedingungen, vor allem in dynamischen Lebensräumen wie Auen. Darüber hinaus weisen viele Arten eine spezielle Habitatbindung auf und eignen sich daher sehr gut als Bioindikatoren für hydrologische Veränderungen in Auen. Da auch die Biologie und die Ökologie dieser Artengruppe relativ gut bekannt sind, wurden die Laufkäfer als Modelltiergruppe ausgewählt, um die Auswirkungen von Rückdeichungen zu quantifizieren. Bisher weiß man relativ wenig darüber, wie Laufkäfer auf solche Maßnahmen reagieren. Der vorliegende Artikel soll weniger auf die Auswirkungen von Rückdeichungen eingehen, sondern vielmehr einen Überblick über den Status-Quo-Zustand der Laufkäferfauna vor der Deichöffnung geben.
Vor über 10 Jahren wurde die erste Fassung einer Roten Liste und Checkliste gefährdeter Laufkäferarten Baden-Württembergs publiziert (TRAUTNER 1992), eine zweite Fassung, getrennt in Rote Liste und Artenverzeichnis, folgte 1996 (TRAUTNER 1996a, TRAUTNER & BRÄUNICKE 1996). Seit dieser Zeit hat sich der Kenntnisstand zu Verbreitung, Habitatansprüchen und Gefährdungssituation der Laufkäferarten in Baden-Württemberg wesentlich verbessert. Eine Neufassung der Roten Liste als wichtiges Instrument für die Praxis in Naturschutz und Landschaftsplanung war daher dringend erforderlich.