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Zur Vorbereitung des hundertjährigen Firmenjubiläums gegründet, hat das Historische Archiv Krupp 2005 nun selbst schon eine hundertjährige Geschichte hinter sich. Und so hat es auch eine Festschrift erhalten. Es ist keine gravitätische Erbauungsschrift geworden, sondern ein handlicher Band, reich bebildert, der anschaulich und gut lesbar vielerlei Aspekte dieser hundertjährigen Archivgeschichte mit Themen der Firmengeschichte von Krupp und der allgemeinen Geschichte verknüpft. Zugleich, eingeflochten in die Darstellung, gibt Ralf Stremmel, der das Krupp-Archiv seit 2003 leitet, einen Einblick in die Arbeit dieses Wirtschaftsarchivs. Wie kommen Akten ins Archiv? Was machen Archivare und Benutzer mit den Akten? Was leistet das Archiv rur das Unternehmen? ...
Ein Unsichtbarer posiert für das Erinnerungsfoto eines Ereignisses, das nicht stattgefunden hat: In der Ritterrüstung steckt Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Ehemann der Krupp -Erbin Bertha und Aufsichtsratsvorsitzender des größten deutschen Industrieunternehmens im Kaiserreich, des Stahlkonzerns und Waffenproduzenten Krupp. Er war einer der Teilnehmer an einem Historienspiel, das den Fortschritt, natürlich besonders denjenigen der Waffentechnik, dazu den Kaiser und Deutschland glorifizieren sollte. Die Handlung des Stückes war trivial, doch die Ausstattung mit Kostümen und Requisiten opulent. Die 314 Mitwirkenden waren leitende Angestellte des Unternehmens, ihre Frauen und Kinder. Sie hatte monatelang für das Spektakel geprobt, das im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Firmengründung der Fried. Krupp AG und des Geburtsjahres von Alfred Krupp im Sommer 1912 aufgeführt werden sollte. Zum Abschluss des Besuches von Kaiser Wilhelm II., der am 8. und 9. August Essen und das KruppWerk besuchte, sollte die einzige geplante Aufführung nur für das Staatsoberhaupt und sein Gefolge stattfinden. Doch sie fiel aus, denn am Vormittag des 8. August hatte sich im benachbarten Bochum eines der schwersten Grubenunglücke des Ruhrgebietes ereignet, dem 112 Bergleute zum Opfer gefallen waren. ...
Die Krupps
(2005)
Nationales Stigma und persönliche Schuld : die Debatte über Kollektivschuld in der Nachkriegszeit
(2009)
Statt die Kollektivschulddebatte der Nachkriegszeit als Abwehr eines nicht erhobenen Vorwurfes zu verurteilen, wird hier vorgeschlagen, im von den Zeitgenossen als Kollektivschuld bezeichneten Phänomen ein nationales Stigma zu sehen. Darunter wird der Ehr- und Ansehensverlust verstanden, der aus den von Deutschen begangenen Verbrechen resultierte. Der mythologisch-archaische Begriff Stigma liefert zugleich einen Schlüssel zur Analyse der Reaktion auf deutscher Seite. Beobachtet wurden Leugnen und Beschweigen als Versuche der Abwehr des Stigmas, das ja durch das Aussprechen und Sichtbarmachen der Verbrechen entsteht. Diesem archaischen Verhaltensmuster wird ein christlich-psychoanalytisches gegenübergestellt, das umgekehrt im Benennen und Bekennen der Schuld den ersten Schritt zur Heilung bzw. Erlösung durch Vergebung sieht.
Gertrud Bleichröder, 23 Jahre alte, noch unverheiratete Tochter einer großbürgerlichen, jüdischen Bankiersfamilie, führte während einiger Monate des Jahres 1888 Tagebuch. Dabei handelte es sich nicht um Anfänge schriftstellerischer Ambitionen oder den Versuch, den Alltag, das gesellschaftliche und politische Leben schreibend zu durchdringen. Es war auch keine sentimentalische Selbstbespiegelung, obwohl sie dieses Tagebuch auf Anraten eines Freundes begann, um in einer späteren Zukunft sich vergewissern zu können, "wie man früher zu Eltern gestanden hat und Duldung und Teilnahme für neue Ideen verlangt, was man später aller Wahrscheinlichkeit nach wieder andern verweigern wird" (74). Meist sind es kurze Notizen, oft in unvollständigen Sätzen, mit denen die Autorin knapp ihre Beschäftigung und die Begegnungen des jeweiligen Tages festhält, Stichworte zu ihrem Alltag. Nur gelegentlich sind ausführlichere Beschreibungen oder Reflexionen enthalten. Diese gehen jedoch nicht über das rein Persönliche hinaus. Gertrud Bleichröder schreibt nichts über Geld, Vermögen, das Bankhaus des Vaters. Politische Themen, auch der Tod Kaiser Wilhelms und die kurze Regierung Friedrichs III., werden erwähnt, doch auch dies geschieht mehr nebenbei. All dies ist nicht der Gegenstand dieses Tagebuchs, sondern fließt als Hintergrund ihres Lebens mit ein. Das Tagebuch Gertrud Bleichröders gibt Einblick in den Alltag einer jungen Frau des Großbürgertums, in ihr Selbstverständnis und ihre Zukunftshoffnungen. Das Rollenbild wird sichtbar, das von ihr erwartet, hübsch und charmant, eine gute Gesellschafterin und anregende Plauderin, belesen, gebildet, doch nicht allzu kritisch zu sein. Deutlich wird auch der Umgang der jungen Frau mit diesem Rollenbild, das sie trotz mancher kritischen Äußerung nicht grundsätzlich infrage stellt, sondern vielmehr mit sich hadert, wenn sie ihm nur ungenügend entspricht (zum Beispiel 35). ...
Im Sommer 1912 feierte die Essener Fried. Krupp AG das Doppeljubiläum des hundertsten Jahrestages der Firmengründung und des hundertsten Geburtstages von Alfred Krupp, der als Sohn des eigentlichen Firmengründers Friedrich Krupp das Unternehmen aus kleinsten Anfängen an die Weltspitze geführt hatte. Es war das in seiner Art erste und größte Industriejubiläum im Kaiserreich, das durch den zweitägigen Besuch Kaiser Wilhelms II. in Essen am 8. und 9. August 1912 zusätzlichen Glanz erhielt. Klaus Tenfelde beschreibt dieses Jubiläum zunächst als Ausdruck der herausgehobenen Stellung des größten deutschen Unternehmens, des "besonderen Großunternehmens" (9), das schon seit Jahrzehnten eine "gegenseitig machtstützende Verbindung" (7) mit dem preußischen Königshaus, seit der Reichsgründung dann mit dem deutschen Kaiserhaus verband. Tenfelde belässt es nicht beim Krupp-immanenten Blick, sondern erschließt das Ereignis über den unternehmensgeschichtlichen, über den wirtschaftsgeschichtlichen Fokus hinaus der Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Kaiserreiches. Er betrachtet das Jubiläum als einen Ausdruck der Festkultur des Kaiserreiches, das Einblicke in dessen Gesellschaft und ihr Selbstverständnis ermöglicht. Anhand der umfangreichen Quellen des Krupp-Archivs und vieler Bilder, die nicht nur illustrieren, sondern als Quelle ernst genommen werden, zeigt Tenfelde, wie sich die Struktur der wilhelminischen Gesellschaft in den Feierlichkeiten abbildet. ...
Um es gleich zu Beginn zu sagen: Thomas Rothers "Die Krupps. Durch fünf Generationen Stahl" ist ein Ärgernis. Das Buch ist, grob zusammengefasst, schlampig recherchiert, schlecht strukturiert und miserabel geschrieben. Dabei sind Absicht und Ansatz zunächst viel versprechend. Mit einer journalistischen Herangehensweise will der langjährige Redakteur der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" keine wissenschaftliche Forschungsarbeit präsentieren, sondern einem breiten Publikum die Geschichte der Stahlfirma Krupp als die einer Familie erzählen. Die Familie gibt es nicht mehr, zumindest nicht mit dem berühmten Namen, auch eine Verbindung der Nachkommen zum Unternehmen besteht nicht mehr. Und so beginnt das Buch mit einem Rundgang über den Essener Friedhof. Anhand der Monumente werden die Personen aus fünf Generationen vorgestellt und zugleich in groben Umrissen der Gang der Krupp-Geschichte skizziert. ...
Am 19. Januar 1919 nahmen erstmals auch Frauen an den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung teil. Der am 10. November 1918, dem Tag nach der Abdankung des Kaisers und der Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann, gebildete Rat der Volksbeauftragten erließ als eine seiner ersten Amtshandlungen ein neues Wahlgesetz. Für alle Parlamente auf kommunaler, Länder- und Reichsebene wurde das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer und Frauen ab 21 Jahren dekretiert. Damit durften alle erwachsenen Deutschen wählen, unabhängig vom Geschlecht, von Besitz und Steuerleistung. Die bis dahin überall geltende Beschränkung des Wahlrechts auf Männer war damit abgeschafft und auch das in Preußen geltende Dreiklassenwahlrecht, das bis dahin die Stimmengewichtung an die Steuerleistung gekoppelt hatte. ...