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Deichbau und andere flussbautechnische Maßnahmen haben dazu geführt, dass die Mittlere Elbe ihre ursprünglichen Überschwemmungsgebiete verloren hat. Um die Auswirkungen der alljährlich auftretenden Hochwasserereignisse einzudämmen, wurden große Bereiche der Talniederung durch Deiche vom Überflutungsgeschehen abgetrennt. Diese Eingriffe in den Naturhaushalt ermöglichten gleichfalls eine intensive ackerbauliche Nutzung oder eine hochwassersichere Bebauung der Auen. Die natürliche Auendynamik ist heute weitestgehend auf einen schmalen Bereich entlang der Elbe beschränkt. Hinter den Deichen sind die für die Elbeauen typischen Lebensräume von der lebenswichtigen Auendynamik abgeschnitten. Angepasste Auenarten und -lebensgemeinschaften treten zugunsten von Allerweltsarten zurück. Eine Wiederanbindung von Altauenbereichen an das Überflutungsgeschehen ist deshalb eine der vordringlichsten Maßnahmen zur Revitalisierung gefährdeter Auenlebensräume und stellt eine Chance dar, einen nachhaltigen und modernen Hochwasserschutz mit Naturschutzzielen zu verbinden. An der Elbe entspricht das aktuelle Hochwasserschutzsystem nicht den heutigen Anforderungen an den Hochwasserschutz. Um jedoch jederzeit auf mögliche große Hochwasserereignisse reagieren zu können, entstanden Anfang der 1990er Jahre in den Anliegerländern der Elbe zahlreiche Pläne für Deichrückverlegungen.
Die Auswirkungen extremer Wetterereignisse auf die Biodiversität sind bisher nur unzureichend bekannt. In den letzten Jahren steigen daher die Bemühungen, Effekte solcher Ereignisse auf Arten und Ökosysteme zu quantifizieren und Schutzstrategien zu entwickeln. Das vom BMBF geförderte Verbundprojekt RIVA – Robustes Indikationssystem für ökologische Veränderungen in Auen (Scholz et al. 2001, 2009, Dziock et al. 2006) stellte eine hervorragende Grundlage für Untersuchungen der ökologischen Auswirkungen nach den extremen Hochwasserereignissen im Sommer 2002 und im Winter 2002/2003 sowie der folgenden extremen Trockenheit im Sommer 2003 dar. Für die Artengruppen Laufkäfer, Mollusken und Pflanzen bestand deshalb im Rahmen des hier vorgestellten HABEX-Projektes (AuenHABitate nach EXtremhochwasserereignissen am Beispiel der Mittleren Elbe) die einmalige Gelegenheit, die Auswirkungen dieses in Zeitpunkt und Intensität ungewöhnlichen Hochwassers auf denselben Probeflächen durch einen Zustandsvergleich der Jahre vor der Flut (1998/99) und danach (2003-2006) zu untersuchen.
Der Heldbock, Cerambyx cerdo Linnaeus 1758, ist ein Baum bewohnender Bockkäfer, der sich vorwiegend an Stieleichen und selten an Traubeneichen entwickelt und mit 30-56 mm Länge zu den größten heimischen Käferarten gehört. Die Art avancierte im Zuge ihrer Unterschutzstellung 1992 zu einer sog. „Flaggschiffart“ des Naturschutzes. Es wird vermutet, dass der Heldbock durch seine Fraßtätigkeit in den Eichen Nischen für viele andere holzbewohnende Tierarten schafft, also als eine Art „Ökosystemgestalter“ zu bezeichnen ist. Cerambyx cerdo gilt europaweit als gefährdet und in Deutschland sowie Sachsen-Anhalt als vom Aussterben bedroht. In Europa ist die Art weit verbreitet, wobei sie in großen Teilen Mitteleuropas nur noch sehr lokal in reliktären Alteichenbeständen vorkommt. In Deutschland stellen die Auenwaldgebiete im Biosphärenreservat Mittelelbe einen Verbreitungsschwerpunkt dar.
Deichrückverlegungsprojekte, wie das im Roßlauer Oberluch an der Mittleren Elbe, stellen für den Naturschutz sowohl Chance als auch Herausforderung dar. Es wird argumentiert, dass solche Maßnahmen einerseits dem Hochwasserschutz, auf der anderen Seite auch dem Arten- und Biotopschutz dienen sollen. Die Auswirkungen von Deichrückbauvorhaben auf Natur und Landschaft sind bisher jedoch nur unzureichend bekannt. Dies ist primär der Tatsache geschuldet, dass für viele Arten die Kenntnisse über die Wechselwirkungen mit ihrer Umwelt noch immer defizitär sind und somit die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf Flora und Fauna nicht effektiv quantifiziert werden können. Das gilt auch und gerade für Heuschrecken in Feuchtlebensräumen, wie z. B. in Flussauen. In der vorliegenden Arbeit wurden die Zusammenhänge zwischen wichtigen Umweltvariablen und den Vorkommen von Heuschrecken genauer betrachtet.
Die Asiatische Keiljungfer (Gomphus flavipes) und die Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia) sind Fließgewässer bewohnende Libellenarten mit hoher Naturschutzrelevanz. Beide Arten sind in ihrem Vorkommen sowohl in Sachsen-Anhalt als auch deutschlandweit gefährdet. Nach fast vollständigem Erlöschen der Populationen von G. flavipes in Mitteleuropa vor 70 Jahren wird in Sachsen-Anhalt seit Anfang der 1990er Jahre die Elbe von dieser Art wiederbesiedelt, vermutlich aufgrund der gestiegenen Wasserqualität. Bei O. cecilia liegen keine ausreichend belastbaren historischen Daten vor, wahrscheinlich ist die Situation bei dieser Art jedoch ähnlich. Es wird vermutet, dass beide Arten mittlerweile die Mittlere Elbe wieder weitgehend vollständig besiedeln. Das Elbegebiet besitzt daher europaweite Bedeutung als Reservoir für den Erhalt der beiden Arten.