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- 1971 (1)
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Keywords
- Ionisch-Attisch (1)
- Lautverschiebung (1)
Eines der Hauptmerkmale, welches das Ionisch-Attische von den übrigen altgriechischen Dialekten unterscheidet, ist die Vertretung des idg. * ā durch ē. Idg. *ā kommt in den übrigen Dialekten als ā vor. So entspricht zum Beispiel dem idg. *māter (lat. māter, ai. mātā) äol.-dor. mā́tēr, aber mḗtēr im ion.-att. […] Selbstverständlich ist die Zurückführung auf idg. Formen mit ā ein Ergebnis, zu dem man erst durch die Rekonstruktionsmethoden der Vergleichenden Sprachwissenschaft kommt. In dem Bereich des ion.-att. Dialekts wird jedoch weiter unterschieden, da bei bestimmten lautlichen Umgebungen (nach den Lauten i, e und r) im Att. – wie auch im Äol., Dor. – ā und kein ē vorkommt, wie man erwarten würde und wie es wirklich der Fall im Ion. ist. […]
1.2. Wegen dieser unterschiedlichen phonologischen Situation, die man im Att. […] findet, stellen sich in Bezug auf das phonologische System des Altgriechischen (des ion.-att. Dialekts) die folgenden wesentlichen Fragen: (A) Wie soll man im Att. die Anwesenheit von ā statt des erwarteten ē erklären? (B) (I) Wurde das urgr. ā direkt zu ē (ē̡) im Ion.-att. oder hat es eine Zwischenstufe gegeben in dem Sinne, daß es zunächst zu ǟ (vorderer, palataler Laut) wurde und später zu ē̡, obwohl es in der Schrift immer durch H (MHTEP) im Att. repräsentiert wurde?
(II) Wenn es wirklich eine Zwischenstufe mit ǟ gegeben hat, hat sie so lange gedauert, daß ǟ als ein selbständiges Phonem des phonologischen Systems der langen Vokale des Ion.-att. und besonders des Att. betrachtet werden kann?
Der zweite Teil der Frage (B) wird direkt mit dem Problem der Chronologie der Verschmelzung ("merger") von ǟ und ā̡ verknüpft. (Da die Gründe, die für den phonematischen Wert des ǟ sprechen, stark genug sind, wie durch die folgende Analyse gezeigt werden wird, wird ǟ hier im voraus als Phonem betrachtet, und das soll hier auch als Arbeitshypothese dienen.)