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Im August 2006 brach die BTD erstmals in Mitteleuropa aus. Zunächst traten Fälle in Holland und Belgien auf, schnell folgten Deutschland und Frankreich, und schließlich auch Luxemburg. Betroffen waren vorwiegend Kühe und Schafe, vereinzelt Ziegen und Wildwiederkäuer. Überraschenderweise erkrankten neben Schafen auch zahlreiche Kühe schwer, und einige verendeten sogar. Als infektiöses Agens konnte der BTV-Serotyp 8 identifiziert werden, der niemals zuvor in Europa aufgetreten war. Bis zum Jahresende konnte sich die BTD insbesondere im Dreiländereck von Holland, Belgien und Deutschland weiter ausbreiten. Nach dem Animal Disease Notification System der EU waren Ende 2006 in den betroffenen fünf Ländern BTD-Ausbrüche in 2047 Viehwirtschaftsbetrieben bestätigt worden: Holland 456, Belgien 695, Deutschland 885, Frankreich 6 und Luxemburg 5 Obwohl die Hoffnung bestand, dass die Ceratopogoniden mit dem Einbruch des Winters verschwinden und keine Virustransmission mehr stattfinden würden, wurden neue Ausbrüche auch nachfolgend verzeichnet (75 weitere bis 1. Februar 2007, davon allein 67 in Deutschland; ProMED-Mail 2007), wobei bisher nicht klar ist, ob es sich tatsächlich um Neuinfektionen oder um verspätet diagnostizierte Infektionen aus 2006 handelt. Die Aktivitätsdichte der Gnitzen nahm gegen Ende 2006 mit sinkenden Temperaturen zwar ab, war jedoch zumindest bis zum 21. Dezember niemals gleich Null (Mehlhorn & al. 2007). Mit fortschreitender Dauer der Epizootie wurde auch eine geografische Ausbreitung nach Osten beobachtet. Anfang Februar 2007 waren fast alle deutschen Bundesländer von den BTD-Schutz- und Überwachungszonen betroffen (Abb. 1), in denen besondere Vorschriften für den Transport und Handel mit Wiederkäuern gelten (EU 2005).
Mit dem Verschwinden der Malaria aus Deutschland in der Mitte des letzten Jahrhunderts sank auch das wissenschaftliche Interesse an Stechmücken. Seit Jahrzehnten sind keine großflächigen systematischen Studien zum Vorkommen und zur Verbreitung der einheimischen Culicidenarten mehr durchgeführt worden, da diese scheinbar keine Vektorfunktion mehr hatten. Lediglich saisonal bedingte Massenvermehrungen waren und sind Anlass zu gezielten Bekämpfungsaktionen, die auch aktuell regionale Daten zur Stechmückenfauna liefern (BECKER & KAISER 1995). Diese und weitere sporadische Studien aus den letzten Jahren (BASTIAN 2000; HERRMANN 2000; KAMPEN unveröffentl.) zeigen, dass potenzielle Malariaüberträger nach wie vor bei uns heimisch sind. Gerade die anhaltende Diskussion über ‚emerging and resurging infectious diseases’ in Verbindung mit möglichen Klima- und Umweltveränderungen (GRATZ 1999, 2004) sollte aber das allgemeine Interesse an den einheimischen (potenziellen) Vektoren wecken, um für Eventualitäten gewappnet zu sein. Der weltweite Massentourismus und Tierhandel sorgt nicht nur für ein permanentes Angebot an Infektionsquellen für einheimische hämatophage Arthropoden, sondern erleichtert auch die Einschleppung und Ausbreitung von allochthonen Vektoren. So gelangte etwa die Tigermücke Aedes albopictus, ein effizienter Gelbfieber- und Dengue-Vektor, zu Beginn der 1990er Jahre mit dem Gebrauchtreifenhandel nach Südeuropa (KNUDSEN et al. 1996) und wandert seitdem ständig weiter nach Norden (SCHAFFNER 2001; FLACIO et al. 2004; SCHOLTE et al. 2006). Doch auch Zugvögel bringen seit jeher Viren aus afrikanischen Ländern nach Europa undkönnen einheimische Vektoren infizieren (MALKINSON & BANET 2002). Bis auf wenige Ausnahmen blieben große Epidemien bisher aus. Nicht so in Nordamerika, wo 1999 auf bislang unbekanntem Wege das West Nil-Virus eingeschleppt wurde und sich bis 2003 über die gesamten Vereinigten Staaten ausbreitete (GOULD & FIKRIG 2004). Zahlreiche Todesfälle bei Menschen, Pferden und Vögeln, insbesondere auf eine Virusübertragung durch Culex pipiens zurückzuführen, waren die Folge. Mit dem Tahyna-, Sindbis- und West Nil-Virus kursieren mindestens drei pathogene Stechmückenassoziierte Viren auch in Europa (ASPÖCK 1996; LUNDSTRÖM 1999). Erst kürzlich wurde in toten Vögeln in Österreich erstmals das Usutu-Virus außerhalb Afrikas nachgewiesen (WEISSENBÖCK et al. 2002). Ob es humanpathogenes Potenzial hat, ist unbekannt. Schließlich sind Stechmücken als Überträger der caninen Filariose von Bedeutung, die gelegentlich auch den Menschen befallen kann und sich offenbar ebenfalls vom Mittelmeerraum nach Norden ausbreitet (MURO 1999; PAMPIGLIONE & RIVASI 2000). Die vorgestellte Studie soll einen Beitrag zur Aktualisierung unserer Kenntnisse zum Vorkommen, zur Verbreitung und zur Biologie einheimischer Culiciden liefern, die erforderlich sind, um auf autochthone Erregerübertragung in geeigneter Weise reagieren zu können.
Vögel spielen vor allem aufgrund ihrer Häufigkeit in natürlichen und anthropogenen Habitaten sowie ihrer von anderen Wirbeltieren unübertroffenen Mobilität als natürliche Reservoire von Krankheitserregern eine bedeutende infektionsepidemiologische Rolle. Darüber hinaus können Zugvögel während ihrer Migration Erreger wie Vektoren über hunderte oder tausende von Kilometern transportieren und in ihrer Verbreitung extrem begünstigen. Dass Vögel neben anderen Tiergruppen eine wichtige Wirtsfunktion für Zecken besitzen, ist bekannt. Ebenso wird Vögeln eine Reservoirfunktion für bestimmte Genospezies des Borrelia burgdorferi-Artenkomplexes zugesprochen (GERN et al. 1998; GYLFE et al. 2000). In welchem Maße verschiedene Vogelarten an der geographischen Verbreitung dieser Bakterienarten beteiligt sind, ist jedoch noch weitgehend unklar. In dieser Studie sollte durch die Untersuchung von an Vögeln abgesammelten Zecken (Ixoes ricinus) die Bedeutung von drei Drosselarten (Turdidae) für den Lebenszyklus der Borrelien genauer untersucht werden. Des Weiteren wurde die Reservoirfunktion dieser Vogelarten für vier verschiedene Genospezies des B. burgdorferi-Komplexes geprüft.
Nach HIRSCH (1883) war die Malariasituation im 19. Jahrhundert in Norddeutschland am schlimmsten in Schleswig-Holstein, an der Küste westlich der Elbe sowie in den Moorgebieten von Hannover und Oldenburg. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm dort die Zahl der Infektionen ab. Dieser Rückgang wurde vielfach auf die Trockenlegung von Marsch-, Sumpf- und Moorgebieten zurückgeführt (MAIER 2004). Aktuell wird deshalb in Teilen der Bevölkerung ein Wiederaufflackern der Malaria bzw. anderer Mückenassoziierter Krankheiten als indirekte Folge von Wiedervernässungsmaßnahmen befürchtet. Hinzu kommen Klima- und weitere Umweltveränderungen, welche nach MAIER et al. (2003) Ursache für neu auftretende oder wiederkehrende Krankheiten sein können. Mit dem Verschwinden der Malaria wurde in Deutschland kaum weitere Forschung zur Verbreitung und Ökologie der Culiciden betrieben. Das Fehlen von fundierten Daten zur Ökologie und Populationsentwicklung der präimaginalen Culicidenstadien in den heute vorhandenen Lebensräumen (z.B. Gräben, Polder, Wiedervernässungsflächen, Mooren) erschwert Aussagen und Prognosen zur Verbreitung potenzieller Vektoren. Die aktuellen Untersuchungen konzentrierten sich zunächst auf die Untersuchung der aquatischen Entwicklungsstadien von Anopheles-Arten (Diptera: Culicidae) in Entwässerungsgräben. Diese Biotope sind für die heutige Landschaftsstruktur der Marschengebiete im Nordwesten Niedersachsens typisch, stellen dort einen hohen Anteil der Wasserflächen dar und sind grundsätzlich als Brutgewässer geeignet (CRANSTON et al. 1987, MOHRIG 1969). Wesentliches Ziel der Untersuchung war zunächst die Darstellung historischer Fundgebiete, der abgesicherte Nachweis aktueller Brutgebiete verschiedener Anopheles-Arten und die Entwicklung einer standardisierten Methode zur Charakterisierung der betreffenden Biotope. Darauf aufbauend sollen mit GISTechniken, Classification and Regression Trees (CART) und Geostatistik zukünftig Möglichkeiten der Übertragung dieser Resultate auf ähnlich ausgestattete Landschaftsräume geprüft werden.