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Neuroendokrine Tumoren (NET) sind eine seltene Krankheit mit einem breitgefächerten heterogenen Erscheinungsbild, wodurch sich die Diagnose der Tumoren aus einer Vielzahl aus Gründen häufig um Jahre verzögert (1). In dieser Arbeit analysierten wir einen großen Datensatz in einem tertiären Referenzzentrum (UKF) von 1984-2019, um die Symptomatik vor der Diagnose des Tumors sowie den Zeitraum von der Tumormanifestation bis zur Diagnose weiter zu klären. Für die deskriptiven Analysen kamen SPSS, Cox-Regression und Log-Rank-Test zur Anwendung.
Insgesamt schloss die retrospektive Studie 488 gastroenteropankreastische (GEP)-NET mit 486 Patienten ≥ 18 Jahren ein, wovon knapp mehr als die Hälfte männlich (52,9%) waren. Das mittlere Alter bei Erstdiagnose (ED) betrug 58 Jahre (477/486, 9 unbekannt). Die häufigsten Primärtumorlokalisationen stellten Pankreas (143/488 Patienten) und Dünndarm (145/488 Patienten) dar. Die Mehrheit der NET waren langsam wachsende G1-Tumoren mit einem Ki67 < 3% (155/330). Die Hälfte der Patienten entwickelten im Verlauf Fernmetastasen, wobei die meisten bereits bei der ED vorlagen und insbesondere die Leber als Metastasierungsorgan dominierte. Bei mehr als 60% der Patienten konnten Angaben zur klinischen Symptomatik vor der ED detektiert werden, wovon wiederum mehr als die Hälfte symptomatisch waren. 42% der symptomatischen Patienten zeigten NET-spezifische Symptome (Bauchschmerzen 77/128; 60,2%, Durchfall 51/128; 39,8%, Flush 19/128; 14,8%, Karzinoidsyndrom 8/128; 6,3% Tachykardie 6/128; 4,7%). In der primären bildgebenden Diagnostik dominierten konventionelle Bildgebungen wie Sonographie und Computertomographie (CT), wobei nuklearmedizinische Diagnostik eine Seltenheit darstellte. Mehr als 30% der Tumoren wurden als Zufallsbefunde im Rahmen einer bildgebenden Diagnostik oder Operation diagnostiziert. Die Mehrheit der Patienten stellte sich initial außerhalb unserer Klinik vor, nur etwa 15% wurden innerhalb unserer Klinik insbesondere in der Gastroenterologie vorstellig, wo der NET diagnostiziert wurde.
Die Phase von der Tumormanifestation bis zur ED aller NET betrug im Median 17 Tage. Das Vorhandensein von Fernmetastasen sowie Symptomen führte zu keiner signifikanten Kürzung der Phase und einer schnelleren ED des NET (Median 65,5 vs. 90 Tage, p = 0,4).
Die radikale Prostatektomie (RP) stellt neben der Radiatio der Prostata den Goldstandard der Lokaltherapie des lokalisierten Prostatakarzinoms (PCa) dar. Neben der Erzielung einer postoperativen Tumorfreiheit (onkologisches Ergebnis), spielen die postoperativen, funktionellen Ergebnisse (z.B. Erektionsfähigkeit, Urin-Kontinenz) nach RP für die Patienten eine zentrale Rolle. Hierbei ist vor allem die (Wieder-) Erlangung der postoperativen Kontinenz hervorzuheben, da das Ausbleiben mit einem substantiellem Verlust der Lebensqualität einhergeht und eine deutliche Einschränkung im Alltag darstellt. Verschiedene Tumor- und Patientencharakteristika (pathologisches Tumorstadium, Body Mass Index [BMI], Alter, Prostatavolumen) wurden in vorangegangenen Publikationen als Faktoren identifiziert, die Einflüsse auf die Wiedererlangung der Kontinenz nach RP haben. Interessanterweise jedoch, wurde der Einfluss von Diabetes Mellitus auf die Kontinenz-Rate zum jetzigen Stand nur unzureichend und teils mit widersprüchlichen Ergebnissen untersucht. In Anbetracht der vorbekannten protrahierten Wundheilungsverläufe sowie Mikrozirkulationsstörungen und Neuropathie bei Diabetes mellitus Patienten, hat die jetzige Studie deshalb untersucht, ob das Vorliegen von Diabetes Mellitus einen Einfluss auf die postoperative Früh-Kontinenz bei PCa-Patienten hat, die eine RP erhalten haben.
Nach Vorliegen des Ethikkomitee-Beschluss erfolgte mit Hilfe der RP-Datenbank der Klinik für Urologie, Johann Wolfgang-Goethe-Universität die Patientenidentifizierung im Zeitraum von 2018 bis 2021. Hierbei wurden Patienten in die Studienkohorte eingeschlossen bei denen Informationen bezüglich der Früh-Kontinenz (30-90 Tage postoperativ) vorlagen. Kontinenz wurde definiert als die Verwendung von keiner bzw. einer Sicherheitsvorlage innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden. Neben Auswertung der Kontinenz-Raten hinsichtlich des Diabetes Mellitus Status, erfolgte die Zuhilfenahme von uni- und multivariablen logistische Regressionsanalysen um den Effekt von Diabetes Mellitus auf die Kontinenz zu untersuchen. Kovariablen beinhalteten das pathologisches Tumorstadium, BMI, Alter, OP-Verfahren und Durchführung einer Nerv-Erhaltung.
Innerhalb der Studienkohorte (n=142) lag eine Diabetes Mellitus Erkrankung bei 15 Patienten (11%) vor. Mit Ausnahme eines höheren BMI (Median: 28.6 vs 26.5 m2/kg; p=0.005) bei Diabetes Mellitus Patienten, bestanden keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Patienten und Tumorcharakteristika zwischen den beiden Gruppen (p>0.05). Die Früh-Kontinenz Rate war bei Diabetes Mellitus Patienten geringer im Vergleich zu der restlichen Studienkohorte (33 vs 63%; p=0.03). Dieser Unterschied spiegelte sich ebenfalls in der univariablen logistischen Regressionsanalyse wider, in der Diabetes Mellitus einen signifikanten Einfluss auf die Früh-Kontinenz aufwies (Odds Ratio [OR]: 0.29, 95%-KI [95%-Konfidenz Interval]: 0.09-0.99; p=0.03). Der signifikante Einfluss von Diabetes Mellitus blieb ebenfalls in der multivariablen logistischen Regressionsanalyse fortbestehen, nachdem weitere Kovariablen berücksichtigt wurden (OR: 0.26; 95%-KI: 0.07-0.86; p=0.03). Unter Berücksichtigung der Limitationen der vorliegenden Studie (retrospektives Studiendesign, limitierte Fallzahl) lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass das Vorliegen einer Diabetes Mellitus Erkrankung einen negativen Einfluss auf die Wiedererlangung der Kontinenz zu einem frühen Zeitpunkt nach RP hat. Die vorliegenden Ergebnisse haben für den klinischen Alltag wichtige Implikationen. Im Rahmen der Aufklärung vor RP kann der Patient bezüglich seines individuellen Risikos einer verlängerten postoperativen Inkontinenz entsprechend aufgeklärt werden, um somit die Erwartungshaltung des Patienten realitätsgetreu zu adressieren. Betrachtet man den postoperativen Verlauf, legen die vorliegenden Ergebnisse nahe, dass Diabetes mellitus Patienten aufgrund Ihrer geringeren Früh-Kontinenz Rate von einer intensivierte Beckenboden-Training zur Wiedererlangung der Kontinenz besonders profitieren könnten.
Auf der Grundlage dieser Studie sollten multizentrische Studien mit einer umfangreicheren Kohortengröße erfolgen und den Einfluss von Diabetes Mellitus nicht nur auf die Früh-Kontinenz, sondern ebenfalls auf die langfristige Kontinenz (>12 Monate) zu untersuchen