BDSL-Klassifikation: 08.00.00 Hochmittelalter > 08.04.00 Gattungen und Formen > 08.04.05 Weitere Formen
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Practices of rewriting and mouvance are central to medieval culture, but have been neglected by contemporary scholarship. This paper highlights how collaborative forms of writing such as religious song engage with complex theological thought, opening up a discourse from which the laity had previously been excluded. Using forms which defy conventional author-based aesthetic norms, these songs explore poetic practices which are both collective and inclusive.
(...) [Der] produktive Umgang mit den Texten, den die Autoren-Sammler der beiden Predigtbücher des deutschen und des lateinischen aus dem 12. Jahrhundert ansprechen, ist wie die Textüberlieferung beweist, der übliche: Kürzungen, Erweiterungen, Umstellungen, Einschübe aus anderen Predigten, Textcollagen – alle Formen der Be- und Verarbeitung finden wir. (...) Welche Folgerungen ergeben sich aus (...) [Volker Mertens] Feststellungen für die Edition? 1. Sie soll dokumentierend sein: (...) 2. Die Edition soll deskriptiv sein. (...) 3. Die Edition soll interpretierend sein.
Im Stil stellt sich die Predigt in die Nachbarschaft der Predigtsammlungen des 12. Jahrhunderts. Der ausgesprochen hypokratische Satzbau findet seine Entsprechung in den längeren Stücken des deutschen Speculum ecclesiae, in denen der Bearbeiter wie in dieser Predigt sich nicht allzu weit vom lateinischen Text entfernte, und in Schönbach III, dem Predigtbuch des Priesers Konrad, der ebenfalls die hypotaktisch gegliederte Periode vorzieht. (...) Im Vergleich zum Priester Konrad wird diese Figur sehr zurückhaltend verwendet, wie überhaupt dieser Text im Vergleich zu der Weitschweifigkeit und Redseligkeit jenes Predigtbuches die lateinische Vorlage nur geringfügig erweitert und rhetorisch verbreitert.
Schon vor einhundert Jahren hat Konrad Burdach jenes 'mythische' Walthers […] endgültig auf das 'geschichtliche' eines Auftragsdichters in wechselndem Dienst reduziert.“ Doch können einzelne Elemente das Ende von Deutungstraditionen überdauern. Solches scheint mir etwa dass der Fall zu sein, wen man Sangsprüche Walthers als Quelle für eine zentrale gesellschaftliche Position des Sängers und die unbestrittene Geltung seiner Kunst liest oder wenn der poetische Diskurs über Freigebigkeit dahingehend gedeutet wird, der Sänger reklamiere mit dem Anspruch auf fürstliche 'milte' zugleich auch Gleichrangigkeit mit dem Fürsten.
Der Schluss vom Bekannten auf das weniger Bekannte ist ein zentrales Grundprinzip der Didaxe. Ein mittelalterlicher Texttyp, der dieses Prinzip nicht nur beherzigt, sondern es durch seine Bauform regelrecht ausstellt, ist das spätestens seit 1230 literaturfähig gewordene Reimpaarbîspel, das zwei unterschiedliche Bereiche oder Sphären so aufeinander bezieht, dass der erste Teil des Textes, die eigentliche Beispielerzählung, ein allgemein akzeptiertes Modell einführt, das dann im zweiten Teil, in der Auslegung, auf eine andere Lebenssphäre übertragen wird, um mit diesem Akt der Analogisierung das zu Erklärende im Rückgriff auf bereits Etabliertes zu verdeutlichen. […] Hinzu kommt, dass gerade Texte dieser Art interessante Rückschlüsse auf die Etablierung, Durchsetzung und Veränderung von Diskursen ermöglichen, zeigt doch schon die Zweiteiligkeit der Bauform, die eine Redeordnung A mit einer Redeordnung B vergleicht, auf das deutlichste an, dass diese Texte gewissermaßen auf der Schwelle zwischen zwei argumentativen Kontexten angesiedelt sind, wobei das im ersten Teil Präsentierte stets als das bereits Eingeführte, Abgesicherte, Evidente erscheint, während das im zweiten Teil Vorgeführte immer als das relativ gesehen Neue wahrgenommen wird, das in seiner Geltung und in seiner Evidenz vom vorher Entwickelten abhängt.