Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 13 (1993)
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In der vorliegenden Arbeit werden vor allem zwei Themenkomplexe dargestellt: einerseits die Wachstums- und Ausbreitungsstrategie von Polygonum cuspidatum, andererseits seine Vergesellschaftung sowie die phänologische Entwicklung auf gemähten und nicht gemähten Flächen. Besonders konnten die Auswirkungen der Mahd auf den Japanknöterich berücksichtigt werden.
Generative Ausbreitungsstrategie: Eine Kartierung von karpellaten und staminaten Pflanzen im Schwarzwald und der Freiburger Bucht zeigt, daß die karpellaten Pflanzen bei weitem überwiegen; bei einer Fortpflanzung über Samen müssten aber staminate und karpellate Pflanzen etwa im gleichen Verhältnis vorhanden sein. Zudem werden im Freiland nur äußerst selten Keimpflanzen gefunden. Keimexperimente ergaben, daß die Samen von Polygonum cuspidatum unter Gewächshausbedingungen gut keimfähig sind. Aus diesen Ergebnissen folgt, daß eine generative Fortpflanzung und Ausbreitung von Polygonum cuspidatum im Untersuchungsgebiet von untergeordneter Bedeutung ist.
Wachstumsstrategie und vegetative Ausbreitung: Bei der morphologischen Analyse der Rhizome unterscheiden wir drei Typen von Rhizomen: Ausläufer-Rhizome, die dem radialen Wachstum der Polykormone dienen, ältere Rhizome und verdickte Basalteile zur Reservestoffspeicherung. Auf 3 Versuchsflächen wurden die ober- und unterirdischen Teile von Polygonum cuspidatum-Pflanzen abgeerntet. Die Bestimmung der Biomasse ergab Spitzenwerte der Produktion von 25 kg Frischgewicht pro qm. Der Verteilerschlüssel der Assimilate zeigt, daß die Rhizome ca. 2/3, die oberirdischen Pflanzenteile nur ca. 1/3 der Pflanzenbiomasse ausmachen. Bei der vegetativen Ausbreitung lassen sich 2 Strategien unterscheiden: (a.) Die "Unterwanderung" angrenzender Flächen durch Ausläufer; die Wachstumsgeschwindigkeit der Ausläufer liegt hierbei in der Größenordnung von 50 cm pro Jahr. (b.) Die Etablierung neuer Polykormone an von der Mutterpflanze entfernten Orten durch Verschleppung von abgebrochenen Rhizomstücken. Diese können schon ab einer Länge von 1 - 1,5 cm austreiben, sofern sie mindestens einen Knoten besitzen.
Syntaxonomisch können die pflanzensoziologischen Aufnahmen folgenden Gesellschaften zugeordnet werden: Polygonum cuspidatum-Glechometalia-Gesellschaft (nicht gemäht); Polygonum cuspidatum-Glechometalia-Gesellschaft, Arrhenatherum-Form (gemäht); Polygonum cuspidatum-Artemisienea-Gesellschaft (gemäht); und Polygonum cuspidatum-Arrhenatheretalia-Gesellschaft (gemäht).
Eine Mahd des Japanknöterichs über mehrere Jahre hinweg, ist positiv zu bewerten: Einerseits zeigen die phänologischen und pflanzensoziologischen Untersuchungen, daß aus Polygonum cuspidatum-Dominanzbeständen wieder artenreiche Flächen entstehen. Andererseits ist eine starke Abnahme der Masse an Speicherorganen die Folge, welche langfristig auf eine Dezimierung des Knöterichs hoffen lässt.
Das von Ilijanic (1968) aus NO-Kroatien beschriebene, eine submediterran-subkontinentale Verbreitungstendenz zeigende Gentiano pneumonanthis-Molinietum litoralis kommt auch in Süd-Mähren und in der Südwest-Slowakei vor. Die untersuchten Molinia arundinacea ssp. litoralis-Bestände liegen im Bereich der Dyje (Thaya)-Aue und der unteren Morava (March)-Aue. Die Assoziation kommt auf flußfernen Stellen vor, wo die Überschwemmungen auf den Bestand indirekt wirken, in Form von gestautem, schlickfreiem Grundwasser. Der Boden besteht oben meistens aus leicht austrocknenden Substraten (Sand, sandiger Lehm). Der Gehalt an organischer Substanz ist niedrig, die Bodenreaktion sauer; die pH(H20)-Werte haben von oben nach unten steigende Tendenz. Der relativ große Unterschied zwischen pH(H20) und pH(KCl) zeigt das schwache Sättigungsvermögen des Bodens mit austauschbaren Kationen. Mit Ca2+ und Mg2+ ist der Boden mäßig versorgt, der Gehalt an aufnehmbaren NPK ist relativ niedrig, Al3+ fehlt. Entsprechend der Lage des Gentiano-Molinietum litoralis im Relief lassen sich drei Subassoziationen unterscheiden: G.-M. caricetosum acutiformis subass. nova, G.-M. cnidietosum dubii Bal.-Tul. 1987 und G.-M. holoschoenetosum romani subass. nova. Das Entwicklungsoptimum der Assoziation, die als Vikariante des Cirsio tuberosi-Molinietum (litoralis) Oberd. et Philippi ex Görs 1974 anzusehen ist, fällt in die Sommermonate. In dieser Zeit erreicht Molinia arundinacea ssp. litoralis eine Höhe von bis zu 230 cm. Das Erscheinen ihrer ersten Sprosse im Frühjahr kann durch niedrige Temperaturen gehemmt werden.
Die vorliegende Arbeit faßt den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse über Flora und Vegetation der Eisenbahnanlagen zusammen. Bahnflächen sind in Mitteleuropa als gut dränierte, sich leicht erwärmende und relativ nährstoffarme Sonderstandorte interessant. Die Herbizidanwendung im Frühjahr begünstigt indirekt zahlreiche Wärmekeimer, unter denen viele Adventive sind. Neben der Frage, welche Arten typisch für Eisenbahnanlagen sind, wird großes Gewicht auf die in jüngster Zeit zu beobachtende Dynamik gelegt. Nach Eragrostis minor und Amarantbus retroflexus dehnten sich Atriplex rosea, Salsola ruthenica und Senecio inaequidens aus, neuerdings Kochia scoparia ssp. densiflora. Die Verbreitung der Arten entlang der Eisenbahnstrecken wird untersucht, die verschiedenen Ausbreitungsmöglichkeiten diskutiert. Abschließend wird die Bedeutung von Eisenbahnanlagen für den Naturschutz untersucht.
Es werden die Ausbreitung und der Rückgang der Englischen Kratzdistel, Cirsium dissectum, in Nordwestdeutschland dokumentiert. Hierzu dient eine Verbreitungskarte mit allen rezenten und erloschenen Fundorten. Die Verbreitung der Art wird in Nordwestdeutschland offenbar durch drei klimatische Faktoren festgelegt: Januarmittel > 0°C; Jahresschwankung der Temperatur < 16°C; jährliche Niederschlagssummen 600-800mm. Die Englische Kratzdistel profitierte im letzten Jahrhundert von der Urbarmachung der Hoch- und Niedermoore, wodurch sie sich stark ausbreiten konnte. Nach der Intensivierung, v.a. der Entwässerung aber auch der Düngung, ging sie in diesem Jahrhundert, besonders nach 1950, in erheblichem Maße zurück. Sie gehört heute zu den stark gefährdeten Pflanzenarten in Deutschland.
Im Rahmen einer Untersuchung der spontanen Vegetation von Industrieflächen im Ruhrgebiet konnten größere Bestände von Puccinellia distans auf Werksflächen der Eisen- und Stahlindustrie festgestellt werden. Die Vorkommen lassen sich in drei Gesellschaften der Klassen Chenopodietea, Agropyretea und Plantaginetea einteilen. Ergänzend werden die Ergebnisse einiger bodenkundlicher Untersuchungen vorgestellt. Die Art wird durch menschliche Aktivitäten stark gefördert und dringt immer mehr in ruderale Lebensräume ein. Sie gilt als besonders immissionshart und wird wiederholt zur Kennzeichnung belasteter Standorte verwendet. Aus diesen Gründen ist sie seit Jahren für vielfältige Untersuchungen bei Ökologen, Floristen und Vegetationskundlern sehr beliebt, entsprechend groß ist die Zahl der Veröffentlichungen. Eine Stetigkeitstabelle gibt einen Überblick des Vorkommens von Puccinellia distans im ruderalen Bereich innerhalb Europas.
Bücherschau
(1993)
Nomenklatorische Korrekturen (nach dem Artikel 43 des Codes der pflanzensoziologischen Nomenklatur) einiger Syntaxon-Namen aus den Klassen Bidentetea tripartiti, Festuco-Brometea, Koelerio-Corynephoretea and Puccinellio-Salicornietea, die wegen falsch angewandter Artnamen notwendig waren, werden begründet und durchgeführt. Die Problematik des Namens Agropyro dumetori-Artemisietum absinthii Br.-Bl. ex Kielhauser 1954 nom. invers. wird erörtert. Für einige der Namen wird die noch ausstehende Typisierung vorgenommen.
Das östliche Meißner-Vorland (Nordhessen) ist geprägt durch eine kleinflächig betriebene Nebenerwerbs-Landwirtschaft. Auf Grundlage einer floristischen Kartierung seltener Kalk-Ackerwildkräuter aus dem Jahre 1973 wurden in der Vegetationsperiode 1990 die Ackerwildkraut-Bestände floristisch und pflanzensoziologisch untersucht. Im Randbereich der Felder konnten folgende Gesellschaften nachgewiesen werden, die z.T. als Fragmente ausgebildet sind: Caucalido-Adonidetum flammeae R. Tx. 1950, Thlaspio-Veronicetum politae Görs 1966, Thlaspio-Fumarietum officinalis Görs in Oberd. et al. 1967 ex Pass, et Jurko 1975, Aphano-Matricarietum chamomillae R. Tx. 1937 em. Pass. 1957, und Spergulo-Chrysanthemetum segetum R. Tx. 1937.
Das Papaveretum argemones (Libb. 1932) Krusem. et Vlieg. 1939 läßt sich im Gebiet nicht als eigene Gesellschaft fassen; seine Kennarten sind mit den Arten der Kalkäcker vergesellschaftet. Auf mehrjährig stillgelegten Flächen finden sich Sukzessionsstadien, die zu Grünland-Gesellschaften überleiten. Die Wuchsorte einiger seltener Ackerwildkräuter in den Jahren 1975 und 1990 werden anhand von Verbreitungskarten gegenübergestellt und Entwicklungstendenzen diskutiert. Das nachwievor bemerkenswert reiche Arteninventar vieler Felder ist durch Intensivierungsmaßnahmen, zunehmend aber auch durch die Aufgabe der Ackernutzung bedroht. Perspektiven einer Erhaltung der Artenvielfalt werden diskutiert.
Die Pilzflora eines über 5 Jahre untersuchten, moosreichen Luzulo-Quercetum petraeae im Hamelner Stadtforst (Landkreis Hameln-Pyrmont, Niedersachsen) wird vorgestellt. Es konnte eine überdurchschnittlich hohe Zahl seltener und gefährdeter Arten festgestellt werden. Die Artenzusammensetzung wird mit vorliegenden pilzsoziologischen Untersuchungen von Buchenwald-Gesellschaften des Weserberglandes verglichen. Standortfaktoren werden diskutiert. Der hohe Wert der Fläche für den Naturschutz im Bundesland Niedersachsen wird hervorgehoben.