Arbeitsgruppe Mobilitätsforschung, Inst. für Humangeographie (Frankfurt am Main) : Arbeitspapiere zur Mobilitätsforschung
In den Arbeitspapieren zur Mobilitätsforschung veröffentlichen wir Ergebnisse aus Forschung und Lehre der Goethe-Universität.
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Diese Forschungsarbeit analysiert die Rolle des Superblock-Konzepts in neoliberalen Stadtpolitiken am Beispiel der Stadt Offenbach am Main. Die Stadt, einst von industrieller Bedeutung, kämpft seit dem Ende des Fordismus mit finanziellen Schwierigkeiten, die zu einer restriktiven Austeritätspolitik geführt haben. Auf der Suche nach einer positiven Imageveränderung und im Wettbewerb um einkommensstarke Bevölkerungsschichten und Unternehmen initiierte Offenbach verschiedene Strategiepapiere und neue Stadtentwicklungsprojekte. Die Idee, den Offenbacher Stadtteil Nordend im Stile eines Superblocks umzugestalten, wird seit kurzem von verschiedenen Akteur*innen in der Stadt diskutiert. Bei Superblocks handelt es sich um eine grundlegende Transformation des Straßenraumes durch die Neugestaltung des Verkehrs in kleinteilige Abschnitte. Der motorisierte Individualverkehr wird umgeleitet und Freiflächen für die kollektive Nutzung entstehen. Die Forschungsarbeit basiert auf sechs qualitativen Expert*innen-Interviews mit verschiedenen Akteur*innen aus Offenbach. Durch die Interviews konnten die Einschätzungen der Expert*innen zum Superblock-Konzept sowie dessen Verhältnis zur Stadtentwicklungspolitik Offenbachs analysiert werden. Sie betonen die grundsätzliche Eignung des Nordends für die Implementierung des Superblock-Konzepts. Als Instrument der Mobilitätswende könnten Superblocks den öffentlichen Raum transformieren, die Lebensqualität steigern und speziell den im Nordend lebenden einkommensschwachen Haushalten zugutekommen. Dennoch zeigt sich in den Interviews eine Ambivalenz zum Superblock-Konzept im Kontext der Stadtentwicklungspolitik, insbesondere im Hinblick auf finanzielle Herausforderungen und Probleme der Umsetzung. Deutlich wird die prekäre finanzielle Situation Offenbachs im Kontext der Neoliberalisierung des Städtischen, deren Auswirkungen sich an den Aushandlungen über das Konzept der Superblocks exemplarisch äußert. Die Studie zeigt die Widersprüchlichkeiten eines innovativen Mobilitätskonzeptes innerhalb neoliberaler Stadtpolitiken auf und fragt nach dem Zusammenhang von Mobilitätsforschung und kritischer Stadtforschung.
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Die Lincoln-Siedlung, eine ehemalige Housing Area der US-Army im Süden von Darmstadt, wird seit dem amerikanischen Truppenabzug im Jahr 2008 als autoreduziertes Wohnquartier entwickelt. Der Autobesitz der Bewohner*innen wird über eine zentrale Stellplatzvergabe mit einem Stellplatzschlüssel von 0,65 Parkplätzen pro Wohneinheit reglementiert. Gleichzeitig stehen zahlreiche Alternativen, wie eine verbesserte Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur, eine eng getaktete ÖPNV-Verbindung in die Innenstadt, mehrere (teils vergünstigte) Carsharing- und Fahrradverleihangebote sowie eine Mobilitätsberatung zur Verfügung. Die vorliegende Studie stützt sich auf eine quantitative Haushaltsbefragung (N = 166), evaluiert die genannten Elemente alternativer Mobilität aus Bewohner*innensicht und untersucht die umzugsbedingten Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Bewohner*innen. Diese befürworten die Maßnahmen grundsätzlich, bezweifeln jedoch teilweise deren Wirksamkeit, etwa hinsichtlich der Minderung von Verkehrsaufkommen und Schadstoffbelastung. Im Hinblick auf das Mobilitätsverhalten zeigen die Daten eine signifikante Verringerung von Besitz und Nutzung privater Pkw im Vergleich zum Zeitraum vor dem Umzug in die Lincoln-Siedlung. Die Nutzung von Carsharing-Angeboten sowie Bus und Bahn ist hingegen signifikant angewachsen. Diese Veränderungen sind hinsichtlich der überwiegend kurzen Wohndauer der befragten Personen sowie der andauernden Quartiersentwicklung bemerkenswert. Als künftige Maßnahmen konnten bessere Informationen über das Gesamtkonzept und die einzelnen Mobilitätsangebote sowie die Kommunikation von Visionen der fertiggestellten Siedlung identifiziert werden.