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Immer wieder sind Vorschläge vorgebracht worden, die Herkunft des im Deutschen insgesamt marginalen s-Plurals nicht nur bei importierten Fremdwörtern, sondern auch bei den Eigennamen zu verorten […]. Konkretisiert und diachron rekonstruiert wurde dieser Gedanke indessen noch nicht. In diesem Beitrag vertreten wir die Position, dass der s-Plural im Deutschen und Niederländischen dort, wo er – seiner gestaltschonenden Funktion wegen – am stärksten benötigt wird, nämlich bei Eigennamen, Onomatopoetika, Kurzwörtern und Substantivierungen, auch entstanden ist, konkret bei den Eigennamen, genauer: den Familiennamen. Dort hat er sich aus dem ursprünglichen Genitiv-Singular-Flexiv entwickelt. Dabei liefert nicht nur die germanisch-kontrastive, sondern auch und vor allem die dialektale Perspektive deutliche Evidenz für diese neue Sicht, haben doch manche deutsche Dialekte eine Art sprachlichen Archäopteryx vom Typ 's Müllers sin do '(die) Müllers sind hier', wörtlich: 'des Müllers sind hier' bewahrt […]. Für das Niederländische lässt sich nachweisen, dass sich die dialektalen s- und en-Pluralgebiete auffallend deutlich mit s- und en-Genitiv-Singular-Gebieten patronymischer Familiennamen decken. Auch hier lassen sich folglich die Familiennamen als Keimzelle der Reanalyse vom Kasus- zum Numerusmarker identifizieren.
Die diachronen Entwicklungspfade zur Interjektion sind bisher kaum Gegenstand der Forschung gewesen. Dies liegt zum Teil an der mangelnden Belegsituation von prototypischerweise auf die Mündlichkeit beschränkten Interjektionen aus älteren Sprachstufen und an der allgemeinen Marginalisierung von Interjektionen in der Linguistik. In diesem Beitrag werden vier Wege zur primären Interjektion dargestellt, wobei besondere Bedeutung der Entwicklung sekundärer (lexikalischer) Interjektionen zu primären (prototypischen) Interjektionen beigemessen wird. Mithilfe verschiedener funktionaler und vor allem formaler Parameter wird dieser komplexe Interjektionalisierungsprozess detailliert dargestellt und in verschiedene Interjektionalisierungsstufen unterteilt. So lässt sich der Interjektionalitätsgrad von Einheiten wie „oje!“ „Mensch!“ „Herrgott!“ und „ach du meine Güte!“ relativ genau bestimmen.
Interjektionen werden oft als eine Art Sammelbecken anderweitig nur schwer einzuordnender Partikeln betrachtet. Der vorliegende Beitrag untersucht das interjektionale Spektrum, das von primären (emotiv-expressiven) Interjektionen (wie "ach" und "au") über Appellinterjektionen ("he", "psst") und sekundären Interjektionen ("oh Gott", "Donnerwetter") bis hin zu so genannten „Inflektiven“ ("ächz", "würg") reicht. Dieser Bereich wird von den primär schallimitativen Onomatopoetika ("tatütata") abgegrenzt, die ihrerseits unterteilt werden. Anhand zahlreicher funktionaler und formaler Kriterien, die wiederum obligatorischer oder fakultativer Natur sein können, wird versucht, alle diese (und andere) Einheiten um das prototypische Zentrum der Interjektion und des Onomatopoetikums zu gruppieren; dabei wird den funktionalen Eigenschaften der Vorrang gegeben. Die systematische Berücksichtigung all dieser Determinanten führt zu einer komplexen, doch dafür adäquateren Taxonomie des interjektionalen Spektrums und schließt Gliederungs- beziehungsweise Gesprächspartikeln ("äh", "ne") und kindersprachliche Ausdrücke ("Wauwau" für ,Hund’) aus.
Die deutschen Präteritopräsentia sind, indem alte Perfektformen das heutige Präsens stellen, aus mehreren Gründen als hochgradig irregulär zu betrachten. Hinzu kommt ein bisher nicht geklärter Umlaut bei vier (von heute sieben) dieser Verben: „müssen“, „dürfen“, „können“ und „mögen“. Bisherige Erklärungsversuche werden diesem Problem nicht gerecht: Zwar versuchen sie durchaus, den Umlaut im Präsens zu motivieren, doch vermögen sie es nicht, sein ausschließliches Vorkommen im Plural des Präsens zu erklären. Hier wird für die These argumentiert, dass es sich um einen (verbalen) Pluralumlaut handelt, der insbesondere auch im Nominalbereich gang und gäbe ist und dort zur gleichen Zeit einen massiven Ausbau (Morphologisierung) erfährt. Damit handelt es sich um einen sog. transkategorialen Marker. In deutschen Dialekten haben auch andere Verben zu solchen Pluralumlauten gegriffen.
Der Begriff des doing gender als interaktive Inszenierung des sozialen Geschlechts (gender) hat sich auch in der Linguistik etabliert und ist vor allem für die Sprachverwendung bzw.- Gesprächslinguistik fruchtbar gemacht worden. Doch selbst etwas so biologisch determiniert Erscheinendes wie weibliche und männliche Stimmen, ihre Höhe, ihre Verlaufsmuster, sind konstruierter, als man dies bisher für möglich gehalten hatte. Der am stärksten und radikalsten segregierte sprachliche Bereich, die Rufnamen, wurde für das Deutsche erst 2003 mit der Arbeit "Naming Gender" von Susanne Oelkers empirisch auf die Kodierung von Geschlecht hin untersucht. Erstmals wird systematisch nachgewiesen, dass und worin sich Frauen- und Männernamen phonologisch-strukturell voneinander unterscheiden, außerdem, dass wir diese Geschlechtszuordnungen auch bei uns unbekannten Namen vornehmen. Das heißt, es besteht ein kollektives Wissen darüber, wie weibliche und männliche Rufnamen beschaffen sind.
Die Familiennamen sind als einziger Bereich der europäischen Sprachen in ihrer ausgeprägten räumlichen Vielfalt noch höchst unzureichend erfasst. Noch sind die geschichtlich gewachsenen Namenlandschaften in erstaunlicher Stabilität erhalten. Sie werden im Bereich der Bundesrepublik Deutschland durch den seit 2005 in Kooperation der Universitäten Freiburg und Mainz in Angriff genommenen und durch die DFG geförderten 'Deutschen Familiennamenatlas' (OFA) auf der Basis von Telefonanschlüssen (Stand 2005) dokumentiert. Im vorliegenden Beitrag werden Vorarbeiten, Ziele, Gesamtanlage des Projekts, Systematik und Repräsentativität der Themenauswahl in den beiden Hauptteilen (grammatischer und lexikalischer Teil) sowie Kriterien und Methoden der inhaltlichen Konzipierung und formalen Gestaltung der Karten und Kommentare vorgestellt und begründet. Aus den genannten Vorarbeiten werden auch schon Perspektiven künftiger Auswertung der in den Datenbanken archivierten Materialien und der im Atlas exemplarisch dokumentierten Strukturen der Namenlandschaften ersichtlich.
In this article we examine and "exapt" Wurzel's concept of superstable markers in an innovative manner. We develop an extended view of superstability through a critical discussion of Wurzel's original definition and the status of marker-superstability versus allomorphy in Natural Morphology: As we understand it, superstability is - above and beyond a step towards uniformity - mainly a symptom for the weakening of the category affected (cf. 1.,2. and 4.). This view is exemplified in four short case studies on superstability in different grammatical categories of four Germanic languages: genitive case in Mainland Scandinavian and English (3.1), plural formation in Dutch (3.2), second person singular ending -st in German (3.3), and ablaut generalisation in Luxembourgish (3.4).
In order to understand the specific structures and features of the German surnames the most important facts about their emergence and history should be outlined and, at the same time, be compared with the Swedish surnames because there are considerable differences (for further details cf. Nubling 1997 a, b). First of all, surnames in Germany emerged rather early, with the first instances occurring in the 11th century in southern Germany; by the 16th century surnames were common all over Germany. Differences are related to geography (from south to north), social class (from the upper to the lower classes) und urban versus rural areas.
Auto - bil, Reha - rehab, Mikro - mick, Alki - alkis : Kurzwörter im Deutschen und Schwedischen
(2001)
Das Kurzwort wird nach BELLMANN 1980 und KOBLER-TRILL 1994 definiert als eine sowohl graphisch als auch phonisch realisierte gekürzte Form, die aus einem längeren sog. Basislexem (einschließlich eines Wortgruppenlexems) hervorgeht (im Folgenden auch Vollform genannt). Dabei besteht zwischen Kurzwort und Basislexem, die weiterhin nebeneinander bestehen, eine Synonymie-Beziehung, d.h. beide referieren auf das gleiche Objekt (vgl. Limo und Limonade, Kripo und Kriminalpolizei).
In schwedischen Krankenhäusern ist es selbstverständlich, einen Krankenpfleger mit Syster 'Schwester' anzusprechen (also z.B. Syster Nils 'Schwester Nils'). Auch die Berufsbezeichnung von Schwester Nils ist weiblich: Er ist sjuksköterska, wörtlich 'Krankenpflegerin' (-ska ist schwedisches Movierungssuffix), also 'Krankenschwester'. Der im Schwedischen ganz geläufige Satz han är sjuksköterska 'er ist Krankenschwester' klingt für deutsche Ohren ungrammatisch. Vor etwa 30 Jahren war dies in Schweden nicht anders, doch hat man dieses Problem auf andere Weise gelöst als in Deutschland: Im Schwedischen ist die Sexusneutralisierung weiblicher Personen bezeichnungen möglich, genauer: möglich gemacht worden, während dies in Deutschland als unzulässiger Eingriff ins Sprachsystem betrachtet wird.