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Das Konzept Sünde hat seine normative Geltung im Laufe des Zivilisationsprozesses zwar nicht verloren, seine Bedeutung ist jedoch vorwiegend in das religiöse Feld verlagert worden. Die Gegenwartsgesellschaft scheint sich dem Sündenbegriff nicht länger stellen zu müssen. Ein kultursoziologischer Blick offenbart jedoch, dass die Idee der Sünde – ins Metaphorische verwandelt – noch immer eine Hintergrundfolie für den Umgang mit sozialen Verfehlungen bildet. Insbesondere die innere und äußere Kontrolle sozialen Handelns belegt diesen Zusammenhang. Indes zeigt die wissenssoziologischer Perspektive, dass die Sünde in dieser Form als heimliches Herrschaftskonstrukt auftritt, das – wie schon Max Weber zeigte – einem stetigen Entzauberungs-, und damit einem Wandlungsprozess unterliegt. Dadurch wird die normative Geltung des Sündenkonzepts entkräftet – während gleichzeitig der Kerngedanke in der Bildersprache des alltäglichen Sprechens erhalten bleibt.
Inhalt Vorbemerkung I. Einleitung: Das Unbehagen an der modernen Kultur 1. Fragmentierung und Erlösung 2. Die Eigenart der ästhetisch-literarischen Moderne 3. Zum Gegenstand der vorliegenden Untersuchung II. Die Umwertung der Werte 1. Die "Generation von 1890" und die Anfänge der soziologischen Nietzsche-Rezeption in Deutschland 2. Die "kopernikanische Wende" innerhalb der Kultur- und Moralphilosophie 3. Zur Soziologie des "Ressentiments" und des "asketischen Ideals" 4. Die Genesis des "kapitalistischen Geistes" als moderner "Sklavenaufstand in der Moral" III. Die ästhetische Wiederverzauberung der Welt 1. Wechselwirkungen zwischen Kunst- und Kulturgeschichte um 1900 2. Von der "soziologischen Ästhetik" zum Gesamtkunstwerk der Moderne 3. Zur Rolle des Kunstgewerbes innerhalb einer "ästhetischen Nationalökonomie" 4. Die "Soziologie der Cultur-Inhalte" im Spannungsverhältnis zwischen Materialästhetik und Kunstreligion 5. Die Aufhebung der Kunst in einer neuen gemeinschaftsstiftenden Lebenspraxis IV. Die Rehabilitierung der Liebe 1. Zur Genealogie der modernen "Geschlechterfrage" 2. Männliche Wissenschaft und "weibliche Kultur" 3. Die Kulturwerte des asketischen Protestantismus und die "Neue Ethik" 4. Mystik und Erotik 5. Geselligkeit und Koketterie V. Die Krise der Wissenschaft und die Suche nach einer neuen Kultursynthese 1. Die "Ideen von 1914" und der Erste Weltkrieg 2. Die "geistige Revolution" in der Wissenschaft 3. Wissenssoziologie als Einheit von Kultur- und Realsoziologie 4. Erkennen als "freischwebender Prozeß" Literaturverzeichnis