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Es ist ein Gegenstand andauernder Diskussionen, wie der Strukturalismus, der im Werk von Claude Lévi-Strauss vielleicht seine aufregendste und theoretisch ambitionierteste Ausprägung gefunden hat, sich zum Modell verhält. Während Marcel Hénaff betont hat, dass der Strukturalismus von Lévi-Strauss ohne eine Klärung des Modell-Begriffs kaum verstanden werden könne, hat Robert Matthias Erdbeer am Beispiel des französischen Ethnologen zuletzt das Fehlen einer strukturalistischen Modelltheorie beklagt: "Man kann hier einen echten Theorieverlust, ja Theorieverzicht beklagen, wenn man konstatiert, dass am Beginn der strukturalen Theoriebildung nicht die Strukturen stehen, sondern das Modell. Modelle, so die überraschende Erkenntnis, sind das epistemische Arkanum, das verdeckte Andere des strukturalen Theoriedesigns." Aus der Perspektive der Modelltheorie literarischer Texte, die Erdbeer in hoch anregender Weise ausgearbeitet hat, ist diese Diagnose nachvollziehbar. Jedoch sollte sie nicht in den Hintergrund geraten lassen, dass der Modell-Begriff von Lévi-Strauss, so ungenügend er sich zur Lösung aktueller theoretischer Fragestellungen erweisen mag, aus historischer Sicht überaus aufschlussreich ist, ja dass er gerade auch in seinen Unschärfen, Schwierigkeiten und Dunkelheiten Auskunft darüber gibt, wie sich die strukturale Analyse im wissenschaftlichen Feld ihrer Zeit positioniert und an welche wissenschaftlichen Traditionen sie anschließt. In den folgenden Ausführungen wird der Modell-Begriff bei Lévi-Strauss deshalb noch einmal in den Blick genommen. Im Anschluss an Hénaff soll dabei vor allem an zwei Diskussionsfeldern gezeigt werden, dass die Auseinandersetzung mit Modellen insofern ins Herz der strukturalen Analyse führt, als Lévi-Strauss Modelle sowohl von der Struktur als auch von den konkreten Ereignissen her denkt und sie immer wieder als Vermittler von Struktur und Ereignis positioniert. Hierfür wird zunächst rekonstruiert, wie Lévi-Strauss das Modell im Zusammenhang von Reflexionen zur Ethnologie und deren Rolle im Gefüge der Wissenschaften behandelt - in den Mittelpunkt werden dabei die Begriffe des 'mechanischen Modells' und des 'statistischen Modells' rücken. Danach wird betrachtet, wie er das Modell in das 'Das wilde Denken' ins Zentrum seiner ästhetischen Theorie stellt und die Kunst hier als 'verkleinertes Modell' konzipiert, bevor abschließend zumindest umrissen werden soll, in welche wissenschaftliche Tradition sich Lévi-Strauss mit seinen Erörterungen zu Modellen stellt.
Die naturwissenschaftlichen Diskurse des 19. Jahrhunderts sprachen neben den 'Bildern' von einer ganzen Reihe weiterer Dinge, welche Wissensgegenstände repräsentieren konnten, auch ohne Modelle im damaligen Sinn zu sein. Weite Verbreitung fanden im 19. Jahrhundert in dieser Funktion insbesondere die Begriffe der 'Analogien', 'Interpretationen' und der 'Systeme' von wirklichen oder gedachten Dingen. Die Beispiele, die mit solchen Begriffen verbunden waren, sind häufig für die Wissenschaftsentwicklung von substanzieller Bedeutung gewesen. Sie stehen aber, wie ich im Folgenden andeuten möchte, für ganz unterschiedliche Formen und Funktionen der abstrakten Repräsentation. Den Begriff 'abstrakte Repräsentation' verwende ich hierbei etwas vage und naiv als schlichten Oberbegriff für verschiedene Weisen, einen Komplex von wissenschaftlich interessierenden Dingen oder Sachverhalten durch etwas anderes darzustellen und für die wissenschaftliche Praxis zu thematisieren, ohne dabei auf materielle, anfassbare Dinge zurückzugreifen, wie dies die 'Modelle' in der Sprache des 19. Jahrhunderts taten. Zugleich soll dadurch ('pace' Wittgenstein und unangesehen der inflationären Verwendung des Modellbegriffs seit Mitte des 20. Jahrhunderts) vermieden werden, vorschnell von einem 'Denken in Modellen' zu reden. Wir werden noch sehen, dass die in Rede stehenden, abstrakten Repräsentationen bisweilen sehr konkrete epistemische Funktionen hatten. Das Wort 'abstrakt' sollte hier also nicht überbewertet werden. Insbesondere möchte ich im Folgenden jeweils die spezifische 'epistemische Situation' charakterisieren, d.h. die Besonderheiten der Wissensumstände, in welchen der Rückgriff auf eine Form der abstrakten Repräsentation geschah und den Beteiligten vielversprechend erschien.
Literarische Modellforschung
(2023)
Die These, Kunst sei ein Modell der Wirklichkeit, erweist sich als heuristisch fruchtbar, wenn man sie modelltheoretisch vertieft. Im Kontext digitaler Narrationen, die Lektüren durch Entscheidungen ersetzen und Erzählhandlungen mittels künstlicher Intelligenz gestalten, untersucht die literarische Modellforschung die Steuermechanismen eines literarischen Systems und prüft sodann, inwiefern diese für die Poetologie des jeweiligen (digitalen oder klassisch-analogen) Darstellungsformats bedeutsam werden und den Status einer diskursiven Direktive gewinnen.
Im Forschungsgebiet des Wissensmanagements ist der Teilbereich des Wissenstransfers von großer Bedeutung, jedoch gleichzeitig auch mit vielen Problemen verbunden, die es auf dem Weg zu einem erfolgreichen Wissenstransfer zu identifizieren und zu lösen gilt. Die vorliegende Arbeit stellt einen Ordnungsrahmen vor, mit dessen Hilfe ein detailliertes Gesamtbild des Wissenstransfers innerhalb einer beliebigen Organisation erstellt werden kann. Der Ordnungsrahmen bildet Rollen, Objekte und Handlungen des Wissenstransfers ab und setzt diese miteinander in Beziehung. Diesen Konstrukten des Ordnungsrahmens sind potentielle Probleme zugeordnet, die im Rahmen einer Literaturrecherche identifiziert werden und die einen reibungslosen Ablauf des Wissenstransfers innerhalb von Organisationen behindern können. Eine für den Ordnungsrahmen entwickelte Handlungsanleitung beschreibt, wie dieser als Basis für die konkrete Untersuchung der aktuellen Situation des Wissenstransfers in Organisationen eingesetzt werden kann. Im Rahmen der Forschungsarbeit wird anhand von mehreren Praxisfällen gezeigt, dass der Ordnungsrahmen mit Hilfe der Handlungsanleitung dazu eingesetzt werden kann, den Ist-Zustand des Wissenstransfers in Organisationen zu erheben sowie vorhandene Probleme im Wissenstransfer aufzudecken. Das Vorgehen der Forschung ist an den Grundsätzen des Design Science ausgerichtet. Der Beitrag zur Forschung als Ergebnis des Design Science-Prozesses ist der Ordnungsrahmen, dessen Validität und Relevanz anhand mehrerer Kriterien gezeigt wird.
We present an intertemporal consumption model of consumer investment in financial literacy. Consumers benefit from such investment because their stock of financial literacy allows them to increase the returns on their wealth. Since literacy depreciates over time and has a cost in terms of current consumption, the model determines an optimal investment in literacy. The model shows that financial literacy and wealth are determined jointly, and are positively correlated over the life cycle. Empirically, the model leads to an instrumental variables approach, in which the initial stock of financial literacy (as measured by math performance in school) is used as an instrument for the current stock of literacy. Using microeconomic and aggregate data, we find a strong effect of financial literacy on wealth accumulation and national saving, and also show that ordinary least squares estimates underestate the impact of financial literacy on saving. JEL Classification: E2, D8, G1, J24 Keywords: Financial Literacy, Cognitive Abilities, Human Capital, Saving
Der Aufsatz stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Topografien und experimentellen sprachlichen Verfahren bei Gert Jonke mit Blick auf seine Textsammlung 'Himmelstraße - Erdbrustplatz oder das System Wien' (1990) und interpretiert die Topografie Wiens beziehungsweise die Raumsemantiken, wie sie in dem aus Fragmenten eines Wien-Romans entstandenden Band Jonkes auftauchen, als Modelle. Die Topografie und der Raum haben, so die These, für Jonkes eigentümliche Bedeutungserweiterungen, -verschiebungen und Gegenüberstellungen eine modellierende Funktion und geben seine semantischen 'Experimente' gleichsam methodisch genau vor. Anhand verschiedener Begriffe von 'experimenteller Literatur' wird gezeigt, dass Jonkes Texte sich trotz ihrer widersprüchlichen Zuordnungen zur (post-)experimentellen Literatur mit Fragmenten einer wissenschaftlichen Sprache und Denkweise auseinandersetzen.
Event-by-event multiplicity fluctuations in nucleus-nucleus collisions are studied within the HSD and UrQMD transport models. The scaled variances of negative, positive, and all charged hadrons in Pb+Pb at 158 AGeV are analyzed in comparison to the data from the NA49 Collaboration. We find a dominant role of the fluctuations in the nucleon participant number for the final hadron multiplicity fluctuations. This fact can be used to check di erent scenarios of nucleus-nucleus collisions by measuring the final multiplicity fluctuations as a function of collision centrality. The analysis reveals surprising e ects in the recent NA49 data which indicate a rather strong mixing of the projectile and target hadron production sources even in peripheral collisions. PACS numbers: 25.75.-q,25.75.Gz,24.60.-k
Andrea Polaschegg untersucht aus medienpoetischer Sicht die Friktionen zwischen dem Text und den philosophischen oder literarischen Ganzheitspostulaten, die an dessen Stoffe, Gegenstände oder gar Gattungszuschreibungen herangetragen werden. Den Text begreift Polaschegg als "transitorisches Medium", "das vorne beginnt und hinten endet" und das jede Bemühung unterläuft, "eine organische Einheit wechselseitiger Teil-Ganzes-Beziehungen oder eine statische Einheit aus übereinandergeschichteten Teilen zur Darstellung zu bringen". Dieser Einsicht hätten sich mit letzter Konsequenz allerdings bislang weder poetologische noch literaturwissenschaftliche Denktraditionen gestellt. Seit der Autonomieästhetik lasse sich ganz im Gegenteil eine Fülle an Versuchen beobachten, die fundamentale 'Sukzessivität' von Texten metaphorisch über konzeptionelle 'Simultaneisierungen' stillzustellen. In diesem Umfeld nimmt Polaschegg insbesondere die oft als Ganzheitsgarant dienende Metaphorik der Architektur in den Blick, die sie bis in das bekannte, den 'Aufbau' dramatischer Texte visualisierende Pyramidenmodell Gustav Freytags hinein verfolgt.