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In der Geschichte der Wissenschaftsgeschichtsschreibung wird die Entstehungsphase der Deutschen Philologie nahezu durchgängig mit dem Hinweis auf ein gemeinsames Wissenschaftsprojekt der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm und ihres Freundes und Kollegen Karl Lachmann verknüpft. Gelegentlich kommt noch der eine oder andere Name, meist der Georg Friedrich Beneckes, als "Gründerheroe" hinzu. Zur Beschreibung gehört auch die Erwähnung eines die Gründungsphase begleitenden "Wissenschaftskriegs" zwischen den Grimms und Friedrich H. von der Hagen. Die Gruppenbildung, die sich nach dem Selbstverständnis der Akteure und der Fremdeinschätzung durch Um- und Nachwelt als eine "Gemeinschaft von Freunden" darstellte, und das sie begleitende Streitgeschehen zwischen den verschiedenen Gruppen sind die zentralen Konstituenten des im 19. Jahrhundert entstandenen und bis heute fortlebenden "Gründungsmythos" unseres Fachs.
Die Anforderung nach einem ‚Winckelmann der Poesie’ steht bei Herder und Friedrich Schlegel für die Neukonzeption von Literaturgeschichte, die an der ‚Geschichte der Kunst des Altertums’ Maß nimmt. Doch führt die Auseinandersetzung mit diesem Werk bei beiden zu gegensätzlichen Geschichtskonzepten. Es geht dabei um den Zusammenhang von Geschichte und System, den Herder im Widerspruch zu Winckelmann durch historische Objektivitätsillusion negiert und Schlegel in Übersteigerung der Winckelmannschen Ansprüche forciert. Daraus folgt beim jungen Schlegel die Überblendung von statisch taxonomischem und dynamischem Geschichtsmodell, die dann allerdings nicht von Schlegels eigenen Arbeiten zur Literaturgeschichte, sondern von der idealistischen Kunstphilosophie Schellings und Hegels fortgesetzt wird.
1981 erschien eine erste Fassung meiner Kleinen Literaturgeschichte der DDR, eine zweite, stark erweiterte und bis an den Herbst 1988 heranreichende Ausgabe im Frühjahr 1989. Die seit dem Frühjahr 1996 vorliegende dritte Fassung zeigt, daß sich mein Blick auf vierzig und mehr Jahre DDR und DDR-Literatur nicht unbeträchtlich verändert hat. Anders als die (wenigen) Forscherkollegen, die sich nicht zu korrigieren brauchten, anders vor allem als die große Zahl derer, die sich nicht korrigieren wollten und schnurstracks zu einer neuen Tagesordnung übergingen, als ob nichts gewesen wäre, fand ich Anlaß zu einer ganzen Reihe von Korrekturen. Bei aller Kritik hatte ich dem Staat DDR und seinen offiziellen kulturellen Hervorbringungen immerhin einigen Kredit eingeräumt. Die Loyalitätsfalle Antifaschismus und die Sehnsucht nach einem wahren Sozialismus waren wohl die entscheidenden Gründe dafür. Sigmund Freud umreißt den therapeutischen Prozeß der Psychoanalyse bekanntlich mit dem Dreischritt 'Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten', und dazu gehören, wie man weiß, auch Mühen und Schmerzen. Mir schien es so, daß es unausweichlich sei - mit dem Motto von Freud - , den Weg von der Mythologisierung zur Historisierung der DDR-Literatur zu gehen. Die nachstehenden Blicke zurück - ohne Zorn, aber doch kritisch und mit je einer Prise Selbstironie und Trauer versehen, versuchen es.
Die enorme Bedeutung der performativen Rede für den philosophischen Diskurs um 1800 macht Andrea Polaschegg auch für Friedrich Schlegels Wiener Vorlesungen "Geschichte der alten und neuen Literatur" von 1812 geltend. Nicht über deren weitgespannten Gegenstandsbereich, sondern über den Gebrauch des Deutschen reihe sich Schlegel in genau die Literaturgeschichte ein, die seine Vorlesungen überhaupt erst begründeten. Das entscheidende Medium dieser Geschichte sei für Schlegel unweigerlich die Muttersprache, denn nur in ihr könnten sich jene Nationalerinnerungen artikulieren, die eine Literatur bildeten. Von daher müsse der Ort seiner Rede in deren Analyse stets einbezogen werden, schließlich sei das Deutsche in Habsburg weder Schul- noch Amtssprache gewesen.
Grundlegend und vereinfacht gefasst sind zwei Prinzipien in der Tradierung literaturhistorischen Wissens zu unterscheiden, das umfassende lexikalische Sammeln zum einen und das auswählende Herausheben zum anderen. Literaturhistorisches Wissen in einem doppelten Sinn (in einem allgemeinen und in einem engeren Verständnis) wird seit der Antike in Form umfassender Verzeichnisse und Kataloge zusammengestellt, vor allem als Wissen über konkrete Werke und Autoren.
Das vorgestellte Projekt verfolgt das Ziel, die in den Bibliotheken und Archiven Rumäniens befindlichen mittelalterlichen deutschen Handschriften zu erschließen, um auf dieser Basis und in einer regional vornehmlich auf Siebenbürgen bezogenen Perspektive die Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters auf dem Gebiet des heutigen Rumänien in Form von Fallstudien zu beschreiben. Methodisch gilt es dabei […] einem ausschließlich dem Autor und Werk verpflichteten Konzept von Literaturgeschichtsschreibung eine stärker überlieferungsorientierte und regional ausgerichtete Literaturhistoriographie entgegen[zu]setzen, um auf dieser Weise den Literaturbetrieb einer bestimmten Region zu erfassen. Eine regional vornehmlich auf Siebenbürgen ausgerichtete Literaturgeschichte wird sich indes nicht nur auf die deutschsprachige Literatur beschränken, sondern sich für einen interdisziplinären Zugang öffnen und auch die ungarische und vor allem die lateinische Literaturproduktion und -rezeption im untersuchten Gebiet in ihre Überlegungen mit einbeziehen, um möglichen literarischen Interferenzen Rechnung zu tragen. Der Vorteil einer solchen, nicht einer bestimmten ‚Nationalliteratur’ verpflichteten Sicht auf die Literaturgeschichte ist, dass sie ermöglicht, Aussagen über den Literaturbetrieb einer Region (hier vor allem Siebenbürgen) als Ganzes zu treffen.
This chapter makes the case for a literary history that accounts for the multilingual nature of medieval Denmark, giving particular attention to Danish, German, and Latin. It relates such a project to current research interests such as crossing the boundaries of national philologies; demonstrates the need for it by reviewing existing surveys of the period; and outlines some lines of enquiry, including the translation and transmission of texts, that it could pursue.
Die Geschichte der mediävistischen Literaturgeschichtsschreibung im 20. Jahrhundert ist die Geschichte einer zunehmenden Verunsicherung. Diese Verunsicherung ergibt sich weniger aus dem Problem, daß das Zusammentragen und Darstellen der beständig gewachsenen Menge an Fakten und Daten dem einzelnen kaum mehr möglich ist. [...] In dieser Situation scheint es [...] [Jans Haustein] vernünftig zu sein, wenn man das einer Literaturgeschichte zugrunde gelegte Material zunächst radikal begrenzt. [...] [Er möchte] für eine - erneute - Hinwendung der Literaturgeschichtsschreibung zur Region plädieren. Nur so, auf begrenztem Terrain und an einem überschaubarem Material, lassen sich Interpretationen und Überlieferungen sachgerecht aufeinander beziehen [...]. Für die thüringische Literaturgeschichte wären etwa die 'Losse-Sammlung' [...] mit Blick auf spätmittelalterliche Sammlungen von Minnereden oder die Pommersfeldener Handschrift im Kontext der Märenhandschriften einschlägig.
Die Berücksichtigung in Literaturgeschichten gilt als notwendige Bedingung, dass Au-tor*inn*en postum Aufmerksamkeit zuteilwerden kann. Gesellschaftliche Prozesse der Kanonisierung werden von Literaturgeschichten nicht nur beobachtet und dargestellt, vielmehr wirken diese selbst als einflussreiche Kanoninstanz. Bislang wurden Aussagen über "Kanon und Kanonisierung als Problem der Literaturgeschichtsschreibung" meist nur durch Hypothesenbildung oder anhand von Fallbeispielen gemacht. Eine breite empirische Untersuchung literaturgeschichtlicher Kanonisierungsprozesse steht aus.