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Vor rund 60 Jahren ist das Buch Mensch und Raum von Otto Friedrich Bollnow erstmals erschienen. Der folgende Beitrag geht der Frage nach, inwieweit die Überlegungen des Philosophen (unter bestimmten Aspekten) noch heute aktuell sind. Bollnows Raum-Verständnis weicht in seiner phänomenologischen Orientierung geradezu grundlegend vom heute vorherrschenden sozialwissenschaftlichen Raumdenken ab. Umso mehr regt Bollnow dazu an, die Lehren des wissenschaftlichen Mainstream kritisch gegen den Strich zu lesen. Ins Zentrum der Suche nach heute möglicherweise bedeutsamen Themen und Methoden des Denkens rückt das Wohnen. Wie denkt Bollnow das Wohnen, und was sagt uns dies in einer Zeit, in der die Menschen ganz anders wohnen als in den 1950er Jahren? Brücken zu methodologisch benachbarten Theorien und Philosophen werden ebenso geschlagen (z. B. Heidegger, Dürckheim, Müller-Freienfels) wie zu anderen thematisch relevanten Arbeiten von Bollnow.
Bei der Vorführung eines Films wirkt die ablaufende Zeit auf den Zuschauer in zweierlei Weise. Zum einen als die Zeit, in der die Filmhandlung stattfindet und die als gelebte Zeit empfunden wird. Zum anderen, sehr viel indirekter, als Vehikel zur Darstellung von Raumtiefe durch Kamerafahrten und Objektbewegungen senkrecht zur Bildebene. An dieser Verknüpfung von Raum und Zeit setzt die hier vorgestellte Methode „Zeitkippen“ an. Beim Zeitkippen einer Filmszene wird eine der Raumdimensionen (hier die Horizontale der Bildebene) mit der Zeitachse vertauscht: Im ersten Schritt digitalisiert man die Szene. Dann fügt man die Bildpunkte (Pixel) aller Szenen bilder in ein dreidimensionales Datenfeld. Schließlich liest man entlang einer der beiden ehemaligen Bildfeldachsen eine neue Bildserie aus, die man als Bewegtbild-Szene vorführt. Dabei entstehen einerseits ästhetisch ansprechende und andererseits filmanalytisch auf schlussreiche optische Phänomene. Erste Beispiele zeigen, wie sich das Verfahren auf grundlegende Bewegungen im Raum sowie Kamerafahrten im Raum auswirkt.
Der Aufsatz bringt Edward W. Sojas Idee einer Trialektik des Raumes, Homi K. Bhabhas Begriff des Zwischenraums sowie Michel Foucaults Konzept der Heterotopien mit der Betrachtung des filmischen Raumes in Verbindung. Dabei steht die Frage im Vordergrund wie der Film und der in ihm gezeigte Raum das Raumdenken eines « spatial turn » in Zeiten globaler Bilder- und Menschenwanderungen transportieren kann. Der Blick auf den Raum konzentriert sich auf die Darstellung der französischen Großstadt Paris im Film und die damit in Verbindung zu bringende Dialektik von Zentrum und Peripherie. In einem ersten Schritt wird untersucht wie sich im Kontext fortschreitender Entterritorialisierungen eine städtische Segregation konstituiert, auf die in einem zweiten Untersuchungsschritt durch den Film erneut Bezug genommen wird. Eine Brücke zwischen der Imagination des Films und der Frage nach der Vorstellung des realen Raums schlägt der Rückgriff auf Foucault und Soja. Mit der Betrachtung des filmischen Raumes und des Filmbildes als Heterotopie oder Thirdspace ist es möglich, den im Film dargestellten Raum nicht allein durch eine ästhetisch-interpretative Folie zu betrachten, sondern die Grenzen zwischen filmischer Imagination und einer de facto Realität im Kontext des Raum-Denkens zu transzendieren
Wie kein anderes Werk haben die "Kinder- und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm" unsere Vorstellung vom Märchenerzählen geprägt: was die Erzählinstanz als auch den Raum anbelangt, wo eine solche Märchennarration stattfindet. Wie die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, entspricht dieses Bild nicht der Realität, sondern einer fiktiven Konstruktion und kann mit dem vom Maingueneau vorgeschlagenen Konzept der "Szenographie" angegangen werden, einer fiktiven Sprechbühne, die sowohl eine zeitliche ("Chronographie") als auch eine räumliche ("Topographie") Komponente beinhaltet. Der vorliegende Beitrag fokussiert auf die Topographie der Märchen-Sammlung, wie sie von den Grimms im paratextuellen Abschnitt der "Zeugnisse" konzipiert wird, wo die Brüder andere Autoren zitieren. Durch eine vertiefte Analyse wird aufgezeigt, wie sehr die Vorgehensweise der Grimms als Manipulation betrachtet werden kann, um ihre Topographie der Märchennarration zu gestalten.
If we see a film, we experience the passing time in two ways. On the one hand, it is conveyed as the time in which the film action takes place – felt as “lived” time. On the other hand, via camera travels and movements of objects vertically to the picture plane, time is perceived – in a much more indirect way – as a vehicle for representation of spatial depth. It is this link between space and time where the method of “time tilting” introduced here sets in. When a film scene is “time-tilted”, one of the spatial dimensions (here the horizontal direction of the picture plane) is interchanged with the time dimension: In a first step, the pictures of the scene are digitalized. Then, the thus gained pixels of all pictures of the scene are arranged into a three-dimensional data field. Finally, a new series of pictures is read out, along one of the two former picture axes, which is then shown as a scene of moving pictures. The resulting film will present optical phenomena which are, on the one hand, aesthetically appealing and, on the other hand, informative for film analysis. First examples demonstrate how the procedure operates on basic movements in space as well as on camera travels in space.
Nolan brings a fairly recognizable style to all his movies, often described as "dark" or "gritty." The tone is relentlessly serious, and the narratives are infused with the ambiguity and pessimism of film noir. His protagonists are, without exception, tortured, obsessed men, struggling with the loss of loved ones or past mistakes. Not only do these men face an uncaring world with murky morality, their sense of self is also unstable. To go along with the faulty memories and self-deceptions of his characters, Nolan also has a knack for misleading his audience with convoluted narratives. As Fisher puts it, he specializes in puzzles that can't be solved. 'Inception', to my mind, makes an excellent showcase for all these themes. Therefore, through an examination of its use of space and architecture as metaphors for the mind, I aim to determine the concept of the malleable self that underlies all of Nolan's movies.
This article shows that 'tension' cannot be conceived as a specific object of an analysis for which one could determine a precise field of enquiry. Instead, it establishes tension as a specific mode or angle of approach with which any given contingent object or set of objects can be explored. The wideness of its applicability and the specificity of its angle suggest that research on tension can help to unfold a better understanding of a classical ontological question concerning the essential value of actions and relations in the definition of what a thing is. The text follows this line of argumentation by pairing contemporary philosophical sources and specific aesthetic and political examples. Suggesting the possibility of an open classification of different modes of tension, it clarifies the extent to which the essential definition of a thing is bound to the contingent analysis of its transformations.
Die häufig normativen Beschreibungen von Theatertexten werden in besonderem Maße durch materielle und räumliche Metaphoriken geprägt, welche die Wahrnehmung von Dramatik als Form nachhaltig beeinflussen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, die epistemische Praxis der Theatertexttheorie nachzuvollziehen, um ihr implizites Set an Denkmustern, Sprachbildern und Zugangsweisen kritisch zu reflektieren.
Stuttgart 21 – eine Rekonstruktion der Proteste : Soziale Bewegungen in Zeiten der Postdemokratie
(2020)
Die Konflikte um das Großprojekt »Stuttgart 21« verdeutlichen exemplarisch, wie Protestbewegungen das postdemokratische Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft herausfordern. Bürgerbeteiligung und Kostentransparenz sind seither nahezu obligatorisch, dabei hat die Bewegung gegen »S21« ihr eigentliches Ziel, das Bahn- und Immobilienprojekt zu stoppen, verfehlt, trotz scheinbar positiver Ausgangslage. Anhand von Schlüsselereignissen im Konflikt um das Großprojekt rekonstruiert Julia von Staden die Dynamiken und Diskurse einer sozialen Bewegung, die in ihrer Art eine Neuheit in der Protest- und Bewegungsforschung darstellt und gleichzeitig ein Lehrstück für andere soziale Bewegungen wurde.
1967, im gleichen Jahr, in dem Richard Rorty seine Bestandsaufnahme zum 'linguistic turn' publiziert, hält Michel Foucault einen Vortrag über 'andere Räume'. Das 19. Jahrhundert, so Foucault, sei die Epoche der Geschichte und der Zeit gewesen, seine Themen waren "Entwicklung und Stillstand, Krise und Zyklus, die Akkumulation des Vergangenen". Das 20. Jahrhundert dagegen - für Foucault: die Gegenwart - sei als Epoche des Raumes zu begreifen: "Wir leben im Zeitalter der Gleichzeitigkeit, des Aneinanderreihens, des Nahen und des Fernen, des Nebeneinander und des Zerstreuten". Der Strukturalismus, so Foucault weiter, sei der Versuch, in diesem Sinne den Zusammenhang zwischen den Elementen nicht mehr als Abfolge, sondern als Ensemble von Relationen zu begreifen, als "Konfiguration". Der Raum, so könnte diese viel zitierte Passage gedeutet werden, wäre gegenüber der Sprache eine noch grundlegendere Kategorie; der 'linguistic turn' dann nur noch eine Variante des 'spatial turn'. In der Lesart von Stephan Günzel, dem Herausgeber des 2010 erschienenen interdisziplinären Handbuches "Raum", erscheint die Sprachwende in diesem Sinne als Teil der Vorgeschichte der späteren "Raumkehren". [...] David Kaldewey nimmt anhand des Handbuches eine über einzelne Autoren und Stichwortgeber hinausgehende Einschätzung der Bedeutung und Karriere des Raumbegriffs in verschiedenen Disziplinen und Forschungsfeldern vor.