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In ihrer einführenden Studie versucht Ingrid Kasten (durch die Vorstellung neuerer methodologischer und literaturtheoretischer Konzepte), den Begriff der Wahrnehmung als epistemische Kategorie der Literaturwissenschaft weiter zu fundieren indem sie Anknüpfungsmöglichkeiten in anderen, benachbarten Forschungsgebieten sucht (u.a. in der Sprechakttheorie, in der philosophischen Phänomenologie und im Forschungs-paradigma ‚Theatralität’ / ‚Szenographie’); Kasten betrachtet die Kategorie der Wahrnehmung als eine „kulturtheoretisch argumentierende Literaturwissenschaft“.
Die komplementäre Funktion, welche der (…) besprochene Frauenlied-Typus im Blick auf die Männerlieder Reinmars erfüllt, zeigt sich besonders deutlich in dem Lied „Lieber bote nu wirp alsô“, in dem das Moment der artistischen Selbstdarstellung im Unterschied zu den anderen Liedern der Sequenz nicht in besonderer Weise ausgeprägt ist. Denn in dem hier gezeichneten Schwanken der Frau zwischen Reden und Schweigen, zwischen Sagen und Versagen, vollzieht sich eine Bewegung, die auch für viele Männerlieder Reinmars charakteristisch ist, in denen ein Entschluß oder eine Aussage am Ende des Liedes in einer „revocatio“ wieder zurückgenommen wird.