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Der Vortrag will den Vorschlag unterbreiten, "Trivialität" als eine historisch spezifische Texteigenschaft mittlerer Abstraktheit zu konzipieren, mit der sowohl bestimmte Texteigenschaften als auch kontextuelle Bedingungsgefüge berücksichtigt werden können. Den Schwerpunkt wird ein Teilproblem bilden: die Charakteristik eines ‚trivialen Erzählstils', der hier nicht nur als semiotisches Phänomen und als Funktion des discours aufgefasst, sondern zusätzlich unter der Perspektive eines system-theoretischen Modells von ‚Komplexität' analysiert werden soll. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die Beobachtung, dass ‚triviale' Texte (auch) mit differenzierten Erzählmodi, Figurenarsenalen, Wissensreferenzen oder komplexen Handlungsverläufen arbeiten, dass sie aber trotz dieser erzählerischen Differenziertheit vergleichsweise "einfache" Welten entwerfen. Diese "Einfachheit" ist immer historisch relativ und lässt sich, so die These des Vortrags, als eine Form reduzierter Komplexität beschreiben. Sie regelt die strukturellen Beziehungen ‚trivialer' Texte zu ihren literarischen ebenso wie zu ihren nicht literarischen Umwelten - an der systematischen Schnittstelle zwischen Schemata, Klischees, den verschiedenen Ebenen des discours und zwischen Selbst- und Fremdreferenz. Das vorgeschlagene Beschreibungsmodell soll an einem historischen Beispiel überprüft werden: an Hans von Kahlenbergs (d.i. Helene Keßler) "Ahasvera" (Berlin 1910). Der Roman scheint sich ganz auf der Höhe einer komplexen Modernität zu bewegen, fährt diese aber über spezielle Erzählver-fahren auf ein reduziertes Maß an Komplexität zurück, das sich auf mehreren Textebenen beschreiben lassen wird.
Obwohl man also schon allein mit der Leistung der Beiträge zufrieden sein kann, Material für eine phänomenal und medial unterbestimmte Theoriedebatte beizubringen, möchte diese Einführung sie mit der Skizze einer haltbaren Theorieoption begleiten. An einer solchen Theoretisierung scheint es, trotz einschlägiger Kontroversen, nach wie vor zu mangeln. Die Forschung ist darin weit weniger vorangekommen, als es die aufgeregten Debatten zwischen kulturwissenschaftlicher Wissenspoetik auf der einen Seite und robuster Axiomatik der analytischen Literaturwissenschaft auf der anderen vermuten lassen.