Zur Bedeutung von Industrie- und Siedlungsbrachen für die Heuschreckenfauna im urbanen Bereich
(1999)
In den erstrangig auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichteten urbanen Siedlungsbereichen entstehen durch die Tätigkeit des Menschen oft sehr verschiedenartige und in Bezug auf die räumlich- strukturelle Ausstattung und die mikroklimatischen Gegebenheiten sehr heterogene Lebensräume. Im besonderen Maße trifft dies auf Bereiche zu, die in Folge einer Nutzungsaufgabe brachfallen und oft ein eng verzahntes Nebeneinander verschiedenster Lebensraumtypen oder extreme mikroklimatische Bedingungen aufweisen. In diesen Biotopen werden häufig die Lebensraumansprüche von stärker spezialisierten Arten erfüllt. Im Stadtbereich von Halle entstanden in den letzten Jahren durch den Rückbau und Abriss von Industrieanlagen, die Stilllegung von Bahnlinien und auf Standorten früherer Bauaktivitäten eine Reihe solcher Biotope (siehe auch Arten- und Biotopschutzprogamm 1998).
Von den Heuschreckenarten Deutschlands gehören die Blauflüglige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) und die Blauflüglige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) zu den vergleichsweise gut untersuchten Arten. Die Biologie, Biotopwahl und Habitatansprüche dieser beiden geschützten und regional seltenen Arten scheinen recht gut bekannt zu sein, so dass der Rezensent mit einer gewissen Neugier, was es dahingehend noch Neues zu berichten gibt, dieses Werk las. Der Autor des vorliegenden Buches hat die reizvolle Gelegenheit genutzt, die Biologie und Ökologie dieser beiden, in der Regel nur noch aus Sekundärhabitaten bekannten Arten in einem naturnahen Lebensraum im Bereich der Mittleren Mulde in Nordwestsachsen zu untersuchen. Dabei flossen in die Arbeit Beobachtungen und Ergebnisse aus nahezu zwei Jahrzehnten der Beschäftigung mit den beiden Arten ein, welche ein zumindest für die mitteldeutsche Kulturlandschaft ungewöhnliches Bild einer durch quasi-natürliche Dynamiken bedingten Metapopulationsstruktur zeichnen.