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Nistplatzwahl, Prädation und Schlupferfolg von Rotschenkeln Tringa totanus auf der Insel Wangerooge
(2006)
Im Gegensatz zu abnehmenden Brutbeständen des Rotschenkels Tringa totanus in weiten Teilen Europas, ist dessen Bestand im Wattenmeer langfristig stabil. Aktuelle Untersuchungen in Festlandssalzwiesen des Wattenmeeres (Petersgroden, Jadebusen) zeigen geringe Schlupferfolge aufgrund hoher Prädation. Es stellt sich angesichts dieser Bestandstrends die Frage, wo Rotschenkel im Wattenmeer erfolgreich brüten und welche Einflussgrößen den Schlupf- und Bruterfolg bestimmen. Um diesen Fragen nachzugehen, untersuchten wir im Jahr 2003 Nistplatzwahl, Gelegeprädation und Schlupferfolg von Rotschenkeln auf der Insel Wangerooge. Es wurde angenommen, dass Prädation durch Bodenprädatoren auf Inseln geringer und der Schlupferfolg somit höher ist als in Festlandsgebieten. Im Jahre 2003 war die Prädation auf Wangerooge sehr gering und der Schlupferfolg entsprechend hoch (89%). Im Gegensatz zum Festland konnte kein Einfluss vegetationskundlicher Nistplatzstrukturen auf den Schlupferfolg nachgewiesen werden. Mögliche Ursachen der geringen Prädation werden diskutiert. Die Ergebnisse führen zu der Annahme, dass Inseln wie Wangerooge potentiell als Populationsquellen für Rotschenkel im Wattenmeer wirken könnten. Allerdings sind für eine abschließende Bewertung wesentlich umfangreichere Untersuchungen des Bruterfolges von Rotschenkeln, seiner räumlich-zeitlichen Variation sowie seiner Einflussgrößen notwendig.
Die Brutbestände des Rotschenkels nehmen in weiten Teilen Europas stark ab, während die des Wattenmeeres stabil sind bzw. lange Zeit waren. Verschiedene Studien legen jedoch nahe, dass die Reproduktion des Rotschenkels im Wattenmeer räumlich stark variiert. Ziel der in den Jahren 2004 bis 2006 durchgeführten telemetrischen Untersuchungen von Küken des Rotschenkels auf der Insel Wangerooge und im Petersgroden am Festland war, erstmalig den Bruterfolg dieser Art zu beziffern, die bisher vorläufige Einschätzung einer räumlich stark variierenden Reproduktion zu verifizieren sowie Modelle künftiger Bestandsverläufe zu entwerfen. Aufgrund geringerer Gelege-Prädation erzielten die Vögel auf Wangerooge einen sehr viel höheren Schlupferfolg (2005/06: 64 bzw. 93 % der Gelege) als im Petersgroden (2004 bis 2006: 4 bis 15 %). Abgesehen von witterungsbedingten Totalverlusten im Jahre 2004 am Festland, lag die Mortalität nicht-flügger Küken in beiden Gebieten bei 70-80 %. Der Bruterfolg in den Jahren 2005 und 2006 wird auf 0,51 bzw. 1,0 Küken pro Brutpaar auf Wangerooge und auf konstant 0,15 Küken/Brutpaar am Festland geschätzt. Bei bisherigen Schätzungen (Literaturwerte) jährlicher Mortalitätsraten von 35 (Subadulte) bzw. 25 % (Adulte) wären diese Bruterfolge bei Weitem nicht ausreichend, um den untersuchten Festlandsbestand langfristig zu erhalten. Auf Wangerooge dagegen würden zumindest zeitweise mehr Jungvögel produziert als für die Erhaltung des regionalen Bestandes notwendig sind. Die bisherige Annahme einer räumlich variierenden Reproduktion von Rotschenkeln im Wattenmeer konnte mit diesen Ergebnissen bestätigt werden. Ob die gefundenen Bruterfolge zur Erklärung der gegenwärtigen Bestandsdynamik des Rotschenkels im Wattenmeer ausreichen, bleibt allerdings weiterhin fraglich. Die Notwendigkeit eines integrierten Populationsmonitorings wird vor diesem Hintergrund diskutiert. Die nicht-flüggen Küken waren in beiden Untersuchungsgebieten sehr ortstreu. Sie entfernten sich in den ersten Lebenswochen durchschnittlich maximal knapp 200 m vom ursprünglichen Neststandort und nutzten dabei eine Fläche von durchschnittlich etwa 0,4 ha. Die Raumnutzung von Rotschenkel-Familien legt nahe, dass der Bruterfolg der Vögel auch nach dem Schlupf der Küken noch potentiell stark durch die landwirtschaftliche Nutzung gefährdet ist, insbesondere durch Mahd. Die hier vorgelegte Untersuchung unterstreicht die Vermutung, dass landwirtschaftliche Nutzung ein ungeeignetes Mittel des Habitatmanagements für Brutvögel der Salzrasen darstellt.