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Am 25. April 2008 fand in der Musikhochschule Würzburg auf Initiative von Prof. Dr. Christoph Henzel ein interdisziplinäres Colloquium statt, das sich mit der Darstellung der Musikgeschichte im Film auseinandersetzte. Die Relevanz des Themas ergibt sich aus der Bedeutung von Filmen als historischen Quellen sowie aus der Tatsache, dass Musik- bzw. Musikerfilme die Sicht- und Hörweise von Musik nachhaltig beeinflussen.
In den 1980er Jahren wurde die Tradition des Musiker-Biopics auf dem Gebiet des Jazzmusikers durch einige wesentliche Exempel wiederbelebt. Eines der wichtigsten Beispiele war hierbei mit Sicherheit der wenig später entstandene Film BIRD von Clint Eastwood aus dem Jahre 1988. Der Versuch einer filmischen Biographie von Charlie Parker muss hierbei von Vornherein problematisch erscheinen: Erstens ist es kaum möglich, sein Leben wie im traditionellen Hollywood-Biopic mit einem verklärenden Happy-End (das ihn zumindest als moralischen Sieger darstellen würde) zu versehen, zweitens ist jede vorliegende biographische Darstellung von Charles “Bird” Parker von den vielen Anekdoten zu befreien, die sich im Laufe der Jahrzehnte um seine Person gerankt haben, um eine historische Darstellung zu ermöglichen. Eastwoods Lösung besteht darin, beide Ansätze zu verwerfen und den Film konsequenterweise um einen ambivalenten, tragischen Helden zu konstruieren, während die meisten Anekdoten reflektiert übernommen werden. Dem Zuschauer werden somit Möglichkeiten zur Verehrung des Musikers Bird ebenso geboten wie Möglichkeiten der Distanzierung von dem Privatmann Parker. Dass auch diese beiden Zugänge wiederum ambivalent gestaltet sind, spricht für die Vielschichtigkeit des Films, denn ausgesprochene Fans des Saxophonisten müssen die musikalische Trivialität der späteren Birdland-Experimente ebenso einräumen wie Biographen die durchaus vorhandene Sympathizität vieler Charaktereigenschaften Charlie Parkers.
Robert Altman verwendet in seinen Filmen außerordentlich vielfältige Arten von Musik, die häufig auf das Setting, die Zeit oder das Thema des Films abgestimmt sind. So findet sich in seinem OEuvre selten für den Film komponierte Originalmusik (score), die in Anlehnung an die europäische Konzerttradition des 19. und 20. Jahrhunderts mit großem Orchester eingespielt wird; vielmehr wird häufig auf bereits existierende Aufnahmen (soundtrack) zurückgegriffen oder es werden neue Aufnahmen in Bezug zu einer bestehenden Musiktradition gesetzt und für den Film produziert.
Once
(2009)
Bei ONCE, dem auf Festivals erfolgreichsten Musikfilm der letzten Jahre, handelt es sich um eine Independent-Produktion des irischen Regisseurs John Carney (mit dem geringen Budget von nur € 130,000), der mit der Inszenierung zweier junger musikalischer Talente den Versuch unternommen hat, der besonderen Kommunikativität von Musik auf die Spur zu kommen. Die Hauptfiguren, als Charaktere einfach mit „guy“ und „girl“ bezeichnet, werden von Glen Hansard, dem Sänger der „Frames“ (deren früherer Bassist John Carney war), und Markéta Irglová, einer bis dahin unbekannten tschechischen Musikerin, verkörpert; bereits im Vorfeld des Films wurden die beiden ein Paar, gingen auf Tournee und nahmen das im Zuge der Vermarktung des Films bekannt gewordene, jedoch bereits im Vorjahr erschienene Album The Swell Season auf. Der dort enthaltene Song Falling slowly, das Kernstück des Soundtracks und des Films, gewann schließlich gar den Oscar für den besten Original-Song, worin die Popularität des Films bei Kritikern und Zuschauern erneut ihre Bestätigung fand.
Year of the Horse
(2010)
YEAR OF THE HORSE, eine Konzertdokumentation der Welttournee von Neil Young & Crazy Horse aus dem Jahre 1996, ist nach RUST NEVER SLEEPS (1979, Bernard Shakey [= Neil Young]), WELD (1990, unbekannter Regisseur), RAGGED GLORY (1991, Julien Temple) und THE COMPLEX SESSIONS (1995, Jonathan Demme) bereits der fünfte Film über die Band, sieht man von zwei mehr oder eher weniger bekannten Bootlegs (LIVE, o.J.; LIVE AT THE FILLMORE 1970, o.J.) einmal ab. Während der Titel die Tournee zum Album Broken Arrow von 1996 in den Vordergrund des Films zu stellen scheint und die Konzertaufnahmen einen großen Teil von YEAR OF THE HORSE einnehmen, geht es Jarmusch indessen jedoch um die Errichtung eines filmisches Monuments für eines von Neil Youngs langlebigsten Bandprojekten, wofür die gezeigten Konzerte in The Gorge (Washington, USA) und Vienne (Frankreich) nur Anlass und Auslöser sind. Zwischen Aufnahmen in Super 8, 16mm und Hi8 wird Archivmaterial aus den Jahren 1976 und 1986 geschnitten, so dass alle drei Dekaden, über die sich die Karriere von Crazy Horse zum Zeitpunkt des Films bereits spannte, im Film ihre Berücksichtigung finden.
Die vorliegende Filmographie versammelt Filme, die reale Komponisten als Figuren der Handlung führen. Ob es sich dabei um biographische Filme oder um erfundene Geschichten handelt, ist nicht weiter differenziert. Dokumentarische Arbeiten haben wir nur im Einzelfall aufgenommen (etwa im Fall der Strawinsky-Filme). Es ging uns um "Musikerfilme", die oft nicht der Berichterstattung dienen und deren Ziel nicht eine möglichst authentische Biographie ist, sondern die der Glorifizierung der dargestellten Figur beitragen. Insofern spielen die Art der Musik sowie die Art des Instruments nur vordergründig eine Rolle. Vielmehr geht es um die Musiker als "Stars", als typische zeitgenössische Publikums-Lieblinge und um die oft verborgenen Bedeutungen, die sie auf sich gezogen haben und oft noch lange nach ihrem Tod ziehen. In der klassischen Musik, um die es uns hier ging, stehen fast immer Komponisten im Vordergrund, allen voran Mozart, Schubert und Beethoven, deren Leben und Werk die Vorlage für Dutzende von Filmen geliefert haben - vom klassischen Biopic über die Schmonzette bis zum Experimentalfilm.