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Stereotaktische Methoden bieten in der Neurochirurgie die Möglichkeit, minimalinvasiv selbst tiefgelegene Strukturen zielgenau anzusteuern. Rahmensysteme wie der Leksell®-Rahmen der Firma Elekta gelten als Goldstandard zur Führung von Biopsienadeln oder Tiefenelektroden im Gehirn. Hierzu erfolgt eine dreidimensionale Planung des Eingriffes anhand einer präoperativen Magnetresonanz- oder Computertomographie. Die Einstellung der Trajektorie erfolgt am stereotaktischen Rahmen händisch über die Einstellung der Winkel- und Längenmaße. Bei den neueren, roboterassistierten Verfahren, bspw. mit dem ROSA®-Roboter der Firma Zimmer Biomet Robotics, erfolgt nach der schichtbildgebungsbasierten dreidimensionalen Planung eine automatisierte Einstellung der Trajektorie, welche prozedurale und zeitliche Vorteile verspricht.
Das Ziel dieser Arbeit ist es gewesen, die beiden Systeme in einem phantombasierten Setting einem direkten Vergleich zu unterziehen. Hierfür ist experimentell die Genauigkeit des Leksell®-Rahmens bestimmt und Daten zur Genauigkeit des ROSA®-Roboters aus einer vorangegangenen Studie von T. R. Wöbbecke herangezogen worden.
Die Genauigkeitsmessungen des Leksell®-Rahmens sind an einem Phantom in der Abteilung für Stereotaxie des Universitätsklinikums Köln durchgeführt worden. Vom Phantom sind fünf unabhängige Dünnschicht-CTs (Schichtdicke 0,67 mm, Pixelgröße 0,63 mm, Matrix 512×512) durchgeführt worden, an jedem CT sind 10 Trajektorien auf die insgesamt fünf Zielpunkte des Phantoms mit der Planungssoftware iPS geplant worden. Das Phantom ist im Strahlengang einer stereotaktischen Röntgenanlage fixiert und die berechneten Koordinaten für die Trajektorien an der Zielvorrichtung des Leksell®-Rahmens eingestellt worden. Die entsprechende Trajektorie wurde mittels einer Kanüle ausgeführt.
Zur Objektivierung der Genauigkeit wurden die Abstände zwischen Zielpunkt und Kanülenspitze mit einer zweidimensionalen stereotaktischen Röntgenanlage ermittelt.
Die Röntgenaufnahmen wurden in die ROSA®-Software eingespielt und der euklidische Abstand von Kanülenspitze zu Zielpunkt unter Erfassung der Abweichung in x-, y- und z-Achse ermittelt. Im Anschluss wurde die Genauigkeit des Leksell®-Stereotaxiesystems mit der im Vorfeld unter identischen Messbedingungen und mit den gleichen Geräten ermittelten ROSA®-Robotergenauigkeit8 verglichen.
Die mittlere euklidische Abweichung des Leksell®-Stereotaxiesystems betrug 0,72 mm, die mittlere Tiefenabweichung -0,2 mm, die mittlere seitliche Abweichung 0,65 mm.
Verglichen mit den unter identischen Bedingungen erhobenen Ergebnissen der ROSA®-Versuchsreihe hat sich ein signifikanter Unterschied zugunsten des Roboters in der euklidischen (0,53 mm) und seitlichen (0,43 mm), nicht aber in der Tiefenabweichung (-0,22 mm) gezeigt.
In dieser Studie ist gezeigt worden, dass die Genauigkeit des bisherigen Goldstandards, des stereotaktischen Rahmens, gegenüber dem ROSA®-Roboter geringer ist. Der Unterschied
befindet sich zwar im Submillimeterbereich, ist jedoch signifikant. In der klinischen Situation nehmen noch weitere Faktoren Einfluss auf die Genauigkeit, welche in einer Phantomstudie nicht erfasst werden können. Zudem ergeben sich in der klinischen Situation noch weitere Vorteile des Roboters, beispielsweise zeitliche und prozedurale Faktoren, die den Roboter gegenüber dem Rahmen überlegen machen. Perspektivisch ist zu erwarten, dass der Einsatz roboterassistierter Verfahren in den industrialisierten Nationen weiter ausgebaut wird.
Untersuchung der Expression von Wachstumsfaktoren in reseziertem Hirngewebe von Epilepsiepatienten
(2023)
Hintergrund: Die Epilepsie gehört zu den häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen beim Menschen. Bei Patienten mit mesialer TLE und Hippocampussklerose besteht die höchste Wahrscheinlichkeit, eine medikamentöse Therapierefraktärität zu entwickeln. Die Ursache der Hippocampussklerose sowie die ursächlichen Mechanismen sind nicht bekannt. Allerdings kann eine initiale Schädigung, wie etwa komplizierte Fieberkrämpfe im Kindesalter, Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfälle, entzündliche Prozesse oder Ähnliches, für die Entwicklung einer Hippocampussklerose prädisponieren. Diese kann anschließend nach einer klinisch stummen Latenzperiode zur Entwicklung spontaner epileptischer Anfälle und der Diagnose einer Epilepsie führen. Im Rahmen der Epileptogenese, also der Entstehung und Progression der Epilepsie kommt es zu Wachstumsprozessen, weshalb eine Beteiligung von neurotrophen Wachstumsfaktoren naheliegend war. Das Ziel dieser Arbeit war die vergleichende Untersuchung resezierter Hippocampi auf Wachstumsfaktoren, um semiquantitative Daten zu deren Verteilung bei Epilepsiepatienten zu erhalten. Des Weiteren war die Korrelation mit den klinischen Daten der Patienten von besonderem Interesse, da so Hinweise auf mögliche Zusammenhänge zwischen dem klinischen Erscheinungsbild und der Expression der Wachstumsfaktoren gewonnen werden konnten.
Methoden: Bei dem in der vorliegenden Arbeit untersuchten Gewebe handelt es sich um Hippocampi von 21 Patienten mit TLE, die epilepsiechirurgisch therapiert wurden. Die Schnitte der paraffinierten Hippocampi wurden mittels Immunhistochemie auf die Wachstumsfaktoren BDNF, FGF2, GDNF, GMFB und PDGF-B untersucht. Im Anschluss wurden die Schnitte gescannt und die Zellen mittels eines Algorithmus identifiziert und ausgewertet. Diese experimentellen Daten wurden anschließend mit den klinischen Daten der Patienten korreliert.
Ergebnisse: Es fand sich eine signifikante Korrelation zwischen der Expression von GMFB und dem postoperativen Outcome der Patienten. Des Weiteren fanden sich auch Korrelationen zwischen der präoperativen Anfallsfrequenz und der Expression von BDNF sowie GDNF. Auch die Epilepsiedauer korrelierte mit der Expression von BDNF. Zudem fanden sich Korrelationen zwischen den Ergebnissen der neuropsychologischen Testungen und der Expression von BDNF, sowie PDGF-B.
Diskussion: Die vorliegende Arbeit liefert einige Daten, die Hinweise für nachfolgende Untersuchungen geben können. Sowohl für die Anfallsfrequenz, als auch für die Epilepsiedauer fanden sich signifikante Korrelationen mit BDNF. Beides ist passend zu den vermuteten und zum Teil in der Literatur beschriebenen Mechanismen im Rahmen der Epilepsie, also einer postiktalen Hochregulation von Wachstumsfaktoren beziehungswiese des Zugrundegehens von Zellen im Verlauf der Erkrankung und damit zu einer reduzierten Expression von Wachstumsfaktoren. Geschlechterabhängige Unterschiede in der Expression der Wachstumsfaktoren fanden sich, passend zu der vorhandenen Literatur, nicht. Interessant ist, dass sowohl Geschlechtshormone als auch anfallssuppressive Medikamente einen Einfluss auf die Expression der Wachstumsfaktoren haben können.
Bis heute ist kein Biomarker bekannt, der eine Vorhersage über den Erfolg einer operativen Therapie bei therapierefraktären TLE treffen kann. Da meine Daten eine Korrelation von GMFB und dem postoperativen Outcome zeigen, bietet es sich für weitere Untersuchungen an, GMFB als präoperativen Biomarker zu nutzen. zu können, wäre eine einfachere Probengewinnung beispielsweise aus Blut, Liquor, Urin oder Speichel notwendig. Im Sinne einer „Liquid Biopsy“ könnte so der Erfolg einer chirurgischen Therapie weiter objektiviert werden, was die Entscheidungsfindung einfacher und risikoärmer gestalten würde.
Polygene Risikoscores (PRS) integrieren zahlreiche Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) von meist geringer Effektstärke, um Auskunft über das Erkrankungsrisiko bestimmter Krankheiten zu geben. In dieser Arbeit wurde der PRS zur genetisch generalisierten Epilepsie (GGE) von Leu et al. aus dem Jahr 2019 untersucht, um festzustellen, ob über das Erkrankungsrisiko hinaus noch Korrelationen mit weiteren phänotypischen Eigenschaften von Patienten bestehen. Der Nachweis solcher Zusammenhänge würde eine Prädiktionsfähigkeit des GGE-PRS demonstrieren, die perspektivisch ein Potential für dessen klinische Anwendbarkeit, beispielsweise im Sinne der personalisierten Medizin, aufzeigen könnte.
Die Identifizierung neuer Korrelationen sollte durch Vergleich der Phänotypen von zwei Gruppen von GGE-Patienten mit extrem hohen, beziehungsweise extrem niedrigen PRS-Werten erfolgen. Hierfür wurden von 2256 Patienten aus der Datenbank von Epi25, einem internationalen Forschungskollaborativ zur Erforschung der Relevanz genetischer Faktoren bei der Entwicklung von Epilepsie, die Patienten mit den höchsten (n=59) und den niedrigsten (n=49) GGE-PRS-Werten ausgewählt. Für diese 108 Patienten wurden retrospektive klinische Daten von den jeweiligen Behandlungszentren akquiriert. Hierzu wurde den Studienleitern der Zentren ein Questionnaire mit Fragen zu zahlreichen phänotypischen Parametern der Patienten übermittelt. Die Rücklaufrate war mit 54% gut.
Die so eingeholten Patientendaten wurden anschließend mittels Exaktem Test nach Fisher und Wilcoxon-Rangsummentest statistisch analysiert, um Unterschiede zwischen den Phänotypen beider Gruppen nachzuweisen. Im Falle der Pharmakoresistenz zeichneten sich hierbei zunächst signifikante Unterschiede ab, die ein selteneres Auftreten dieser Eigenschaft für Patienten mit hohen GGE-PRS-Werten implizierten. Diese Ergebnisse waren jedoch nach einer Bonferroni-Korrektur und bei Validierung in einer größeren Kohorte (n=825) nicht mehr signifikant. Für die anderen untersuchten Parameter waren ebenfalls keine signifikanten Unterschiede nachweisbar.
Das Ergebnis, dass für keinen der untersuchten Parameter signifikante Differenzen bestanden, obwohl zwei Kohorten mit extrem gegensätzlichen PRS-Werten untersucht wurden, spricht gegen eine Verwendung des aktuell verfügbaren GGE-PRS als prädiktiver Biomarker über das Erkrankungsrisiko hinaus und somit gegen dessen klinische Anwendbarkeit. Jedoch können die nicht-signifikanten Korrelationen im Falle der Pharmakoresistenz als Hinweis verstanden werden, dass im Bereich der Pharmakotherapie Zusammenhänge zwischen Score und Phänotyp bestehen könnten, die weiterer Untersuchungen in zukünftigen Studien bedürfen. Bei Verwendung eines verbesserten GGE-PRS mit zusätzlichen risikoassoziierten SNP und verfeinerter Wichtung der Effektstärken sowie größerer Kohorten könnten in diesem Bereich möglicherweise auch signifikante Zusammenhänge nachweisbar werden.
Patienten/Innen (Pat.) mit Periventrikulärer Nodulärer Heterotopie (PNH) leiden häufig an pharmakoresistenter Epilepsie. Zur Identifizierung epileptogener Strukturen werden in der Forschung verschiedene Parameter als Marker für Epiletogenität untersucht. Der mittels Magnetenzephalographie (MEG) ermittelte Delta-Power-Wert ist nach der Literatur mit ischämischen und strukturellen Hirnläsionen, sowie mit wiederkehrenden epileptischen Anfällen assoziiert. Diese Studie untersuchte die Aussagekraft von durch Sensordatenanalyse ermittelte Delta-Power-Werte bei PNH Pat.. Dazu wurde eine Kohorte von 16 PNH Pat. und 16 nach Alter und Geschlecht gematchten Kontrollen mittels MEG, Magnetresonanztomographie (MRT) und neuropsychologischer Testung untersucht. Es wurden mögliche Unterschiede der Delta-Power-Werte zwischen an PNH erkrankten Epilepsiepatienten/innen und gesunden Kontrollen untersucht. Zudem wurde der Zusammenhang der Delta-Power-Werte einerseits mit Lokalisation und Volumen der Heterotopien und andererseits mit den neuropsychologischen Fähigkeiten (visuomotorischen Verarbeitungsgeschwindigkeit und exekutiven Funktion) untersucht.
Die Untersuchungen zeigten, dass das die Delta-Power-Werte sowohl global als auch lokal keine Aussagekraft über Lokalisation, Volumen oder Epileptogenität der PNHs hatten. Die exekutive Funktion und visuomotorische Verarbeitungsgeschwindigkeit waren bei den PNH Pat. signifikant schlechter als bei den gematchten Kontrollen. Zusammenfassend deuten diese Untersuchungen daraufhin, dass weder Delta-Power-Werte an sich oder Delta-Power-Werte im Sensorraum einen diagnostischen Wert bei PNH Pat. hatten. Die neuropsychologischen Tests hingegen zeigen Unterschiede der Gruppen auf und könnten daher als diagnostisches Kriterium betrachtet werden. Um feststellen zu können, ob Delta-Power-Werte an sich, oder aber Sensordaten nicht aussagekräftig in der Diagnostik von PNHs sind, müssten die MEG-Daten erneut mit veränderter Untersuchungsmethode (Quelldatenanalyse statt Sensordatenanlayse) untersucht werden.