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Trotz vielfältiger Ansätze, das Trauma der empfindlichen Innenohrstrukturen während des Einsetzens der Elektrode eines Cochlea-Implantats (CI) zu reduzieren, wird das postoperative Auftreten von Schwindel immer noch als eine der häufigsten Komplikationen in der aktuellen Literatur beschrieben.
Ziel der vorliegenden prospektiven Studie war es, die Häufigkeit sowie die Ursache von postoperativem Schwindel im Zusammenhang mit einer CI-Operation zu ermitteln. Darüber hinaus wurden der zeitliche Verlauf des postoperativen Schwindels, sowie der Einfluss des Elektrodendesigns und des Einführungswinkels auf das Auftreten von Schwindel untersucht. Die Auswahl der Patienten und die Untersuchung erfolgte an der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
29 Erwachsene wurden rekrutiert und erhielten ein unilaterales CI unter Verwendung eines von sechs verschiedenen Elektrodenträgern, die in folgende Kategorien eingeteilt wurden: "strukturerhaltend" (I), "potentiell strukturerhaltend" (II) und "nicht strukturerhaltend" (III).
Der subjektive Schwindel wurde anhand von Fragebögen, die im Anhang zu finden sind, zu fünf verschiedenen Zeitpunkten vor bis zu sechs Monaten nach der Operation beurteilt. Die Teilnehmer wurden in vier Gruppen eingeteilt, abhängig vom Zeitpunkt des Auftretens von Schwindel vor und nach der Operation. Präoperativ und sechs Monate postoperativ wurde eine umfassende Schwindeldiagnostik, bestehend aus Romberg-Test, Unterberger-Test, Test der subjektiven visuellen Vertikalen, optokinetischem Test, Video-Kopf-Impuls-Test (vHIT) und kalorischem Spültest durchgeführt. Zusätzlich wurde der Insertionswinkel (IA) bestimmt und die Patienten wurden in zwei Gruppen (<430°; ≥430°) eingeteilt.
Ergebnis der Studie war, dass 45,8% der Teilnehmer neuen Schwindel nach der Implantation erlebten. Basierend auf den Fragebogendaten wurde bei 72,7% ein vestibulärer Ursprung vermutet. Es zeigte sich keine signifikante Korrelation von auffälligen Ergebnissen der durchgeführten Tests mit dem Auftreten von subjektivem Schwindel.
In der Gruppe 1 (ohne präoperativen Schwindel und mit postoperativem Schwindel) zeigten 18% der Patienten auffällige Ergebnisse in der quantitativen Analyse des kalorischen Spültests, obwohl in dieser Gruppe Elektroden der Kategorie I oder II implantiert wurden, die zur Strukturerhaltung der Cochlea geeignet sind. Der durchschnittliche IA betrug 404° für die Gesamtgruppe und 409° für Gruppe 1. Es gab keine statistisch signifikante Korrelation zwischen IA und wahrgenommenem Schwindel.
Obwohl Schwindel nach CI-Operation eine häufige Komplikation zu sein scheint, konnte die hier verwendete Testbatterie die Symptome nicht objektivieren. Ebenso wurde keine Korrelation zwischen Elektrodendesign, Einführungswinkel oder vestibulären Testergebnissen und selbstberichtetem Schwindel gefunden. Weitere Studien sollten klären, ob dies an einer multifaktoriellen Ursache des Schwindels oder an der mangelnden Sensitivität der derzeit verwendeten Tests liegt. Der Nachweis einer verringerten Schwindelwahrscheinlichkeit bei Verwendung wenig traumatischer Elektrodenträger gelang nicht, ebenso wenig der Nachweis eines Einflusses der verwendeten Einstecktiefe.
Insgesamt reiht sich dieses Manuskript in eine überschaubare Anzahl von Arbeiten ein, die die Schwierigkeit für Kliniker beschreiben, eine nachweisbare Ursache für Schwindelsymptome nach Cochlea-Implantation sicher zu definieren.
Aktive Hörimplantate befinden sich seit Mitte der 1980er Jahre im klinischen Einsatz. Aufgrund der inzwischen sehr hohen Anwendungszahl und durch-schnittlich sehr langen Anwendungsdauer gelten diese als sehr sicher. Dennoch können Komplikation auftreten. Eine Komplikation wurde in der vorliegenden Arbeit als Auftreten eines negativen Ereignisses außerhalb des gewünschten Behandlungsablaufes gewertet.
Ziel dieser Arbeit war es, aufgetretene Komplikationen zu kategorisieren und zu quantifizieren. Ferner sollte untersucht werden, ob bestimmte Faktoren Einfluss auf die Häufigkeit von Komplikationen haben, insbesondere in Bezug auf die verschiedenen Implantat- und Elektrodenträgermodelle. Es wurden neben der Erfassung und Quantifizierung unerwünschter Ereignisse vier Hypothesen for-muliert, die sich aus der klinischen Erfahrung der Anwendung der Systeme ergaben: (H1) Kinder entwickeln nach Cochlea-Implantation häufiger Entzün-dungen. (H2) Implantatmodelle mit Magnettasche führen häufiger zu Infektio-nen. (H3) Perimodiolare Elektrodenträger führen häufiger zu „Tip fold-over“ (Umschlagen der Elektrodenträgerspitze). (H4) Gerade Elektrodenträger führen häufiger zu Elektrodenträgerdislokation.
In dieser Arbeit wurden alle von Januar 2006 bis Dezember 2016 im Universi-tätsklinikum Frankfurt mit aktiven Hörimplantaten versorgten Patienten einge-schlossen. Unter den 1274 Patienten befanden sich 583 Patienten, bei denen mindestens eine Komplikation auftrat. Hiervon machten den Großteil Schmer-zen (16,9 %), Drehschwindel (15,6 %) und Infektionen im Verlauf (8,3 %) aus.
Es wurde aus dem Datenmaterial eine Patientengruppe von 503 betroffenen Patienten gebildet, die nach der Operation erstmals eine Komplikation angaben. In dieser Kohorte „Erstereignis“ traten Komplikationen vor allem in den Bereichen Entzündung (281 Patienten), Hören (183 Patienten) und Gleichgewicht (158 Patienten) auf. Bei den unilateral versorgten Patienten dieser Kohorte zeigte sich das erste Ereignis durchschnittlich nach 5,64 Jahren, bei den beid-seitig Operierten trat das erste Ereignis durchschnittlich nach 7,35 Jahren auf.
Die Implantatmodelle wichen im Auftreten von Komplikationen voneinander ab: Die höchsten Komplikationsraten traten bei den Modellen HiRes90K mit 37 von 81 (45,7 %), Synchrony mit 62 von 140 (44,3 %), und Nucleus 5 mit 115 von 274 (42,0 %) auf. Die Elektrodenträgerbauformen wiesen signifikante (p < 0,001) Unterschiede untereinander auf: Die meisten Komplikationen traten bei den Elektrodenträgerbauarten Medium (75 %), Midscala (58,8 %), Slim Modi-olar (54,3 %), und Straight (52,1 %) auf. Eine Infektion trat besonders bei den Implantaten Synchrony (1,34 Jahre) und Clarion (1,57 Jahre) früh auf. Die Modelle Pulsar (7,51 Jahre) und CI24RE (6,13 Jahre) zeigten ein eher spätes Auftreten. Für das Auftreten einer Infektion der Implantatmodelle lag p unter 0,001, was für signifikante Unterschiede bezüglich des Zeitpunktes des Auftretens spricht. Die Elektrodenträgerbauart zeigte in Bezug auf eine Hörbeeinträchtigung und in Bezug auf das Auftreten einer Elektrodenträger bezogenen Komplikation, wie Tip fold-over, Migration oder inkomplette Insertion hoch signifikante (p < 0,001) Unterschiede. Elektrodenträgerbauformen wie Midscala, Straight und Slim Modiolar führten früh nach durchschnittlich einem (Slim Modiolar) bis 2,5 (Straight) Jahren zum ersten Auftreten von einem veränderten Höreindruck nach CI-Implantation. Etwas häufiger traten Probleme mit dem Elektrodenträger wie Tip fold-over, Migration oder inkomplette Insertion bei den Modellen Flex Soft und Helix auf, am häufigsten bei dem Modell Flex 24.
(H1) Bei Kindern traten signifikant (p < 0.001) häufiger implantatbezogene Entzündungen auf als bei Erwachsenen. In der Gruppe „Erstereignis“ hatten 66,0 % der Kinder und 23,7 % der Erwachsenen eine Entzündung. (H2) Das Vor-handensein einer Magnettasche an der Implantat-Empfänger-Spule führte nicht signifikant häufiger zum Auftreten einer Entzündung. (H3) Vorgekrümmte (engl. pre-curved) Elektrodenträger zeigten eine höhere Inzidenz für Tip fold-over als gerade Elektrodenträger. (H4) Gerade Elektrodenträger zeigten eine höhere Inzidenz für eine Migration des Elektrodenträgers. Insgesamt traten im betrach-teten Kollektiv „Erstereignis“ 11 Migrationen auf, 10 davon bei geraden Elektro-denträgern (p = 0,03).
Insgesamt führen Faktoren wie die Implantatmodelle, Elektrodenträgerbauformen, Alter des Patienten früher zum Auftreten von Komplikationen. Für zukünftige Studien wäre eine eigene Auswertung der noch relativ neuen (2012) Mittelohrimplantate interessant.