BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.16.00 Literarisches Leben > 03.16.05 Literaturarchive. Museen. Forschungsinstitute. Gesellschaften. Sammlungen. Stiftungen
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Die am 6. August 1953 gegründeten Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (NFG) waren eine privilegierte wissenschaftliche und kulturelle Einrichtung der DDR. Dies entsprach der großen Wertschätzung des "kulturellen Erbes" in diesem Staat. Die Weimarer Klassik sollte "Gemeingut der ganzen Gesellschaft" werden. Das galt, bei allen konzeptionellen Wandlungen, für die Geschichte der DDR von ihrer Gründung im Goethe-Jahr 1949 bis zu ihrem Ende im Herbst 1990 und ist nur ein Beispiel für den Versuch, die Werke der Weltkultur den Bürgern im Geiste des Marxismus-Leninismus nahezubringen und für den Aufbau des Sozialismus produktiv zu machen.
Die Stiftung Weimarer Klassik (SWK) wurde als Nachfolgerin der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (NFG) in zwei Schritten errichtet: 1991 durch Erlass des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kultur als "unselbständige", 1994 durch Gesetz als "rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts". Schon im ersten Dokument sind die "Bewahrung und Erhaltung", "Erschließung und Erforschung" sowie "Vermittlung und Verbreitung" der überlieferten Traditionsbestände als Aufgaben dieser Institution festgeschrieben. Und im 'Thüringer Gesetz über die Errichtung der Stiftung Weimarer Klassik' vom 8. Juli 1994 ist als Stiftungszweck formuliert, "die Stätten und Sammlungen der klassischen deutschen Literatur in Thüringen in ihrer Einheit zu erhalten, zu bewahren und zu ergänzen, sie in geeigneter Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Erschließung, Erforschung sowie die Präsentation, Vermittlung und Verbreitung dieses kulturellen Erbes zu fördern." Demnach sind "Bewahrung und Erhaltung", "Erschließung und Erforschung" und "Vermittlung und Verbreitung" als untrennbare Einheit zu begreifen. Doch dürfte genauso klar sein, dass die bewahrenden und erschließenden Funktionen prioritär zu verwirklichen sind, denn ohne die vollständige Erfüllung dieser vorrangigen Aspekte des Stiftungszweckes könnte sich die Institution den weiteren wissenschaftlichen und kulturellen Pflichten überhaupt nicht erfolgreich zuwenden. Daher hat sich das vordringliche Interesse der SWK darauf zu richten, die überlieferten Bestände einerseits in ihrer materiellen Substanz (Bauwerke, Bücher, Handschriften, Kunstsammlungen etc.) zu bewahren und zu sichern und andererseits zu erschließen. Nur bei unbedingter Beachtung dieser Voraussetzung ist es möglich, die kulturellen Traditionen durch Ausstellungen, Tagungen und künstlerische Inszenierungen in ihrer gegenwärtigen geistigen und ästhetischen Bedeutsamkeit zu vermitteln, mit welcher Konzeption und in welchen Proportionen dies auch immer sein mag. Es ist also zu klären, inwieweit die einzelnen Elemente des Stiftungszweckes in den ersten Jahren nach Errichtung der SWK zur Geltung kamen, welche kurzfristigen, vor allem aber langfristigen Schwerpunkte sie setzte und durchsetzte.
Der Unterschied von Ausstellungen, bei denen es um Literatur als ein diskursives Konstrukt geht, und solchen, bei denen die materiellen Träger von Literatur, sozusagen die Hardware, ausgestellt wird, kann man mit Hans-Otto Hügel nachvollziehen, der auf eine lange zurückreichende Tradition der Ausstellung von Büchern hinweist. Im Vordergrund steht hier das Buch in seiner Materialität und nicht die in ihm enthaltene Literatur. Mit dem Ausstellen von Büchern ist allerdings noch keine Literaturausstellung geschaffen. Für das Ausstellen von Büchern, so Hans-Otto Hügel, könne eine Frühgeschichte konstatiert werden, die im alten Rom beginne, sich über die Klosterbibliotheken des Mittelalters, die Fürstenbibliotheken der Renaissance, die Stadt- und Universitätsbibliotheken des 16. und 17. Jahrhunderts verfolgen lasse. "Diese Linie führt - nach der Trennung von Magazin- und Leseraum - direkt bis zu den ersten, ausschließlich zum Vorzeigen eingerichteten Vitrinen- und Dauerausstellungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts" (Hügel 1991a, 7). Hinsichtlich einer Geschichte und historischen Genese von Literaturausstellung gäbe es hingegen nur Ausstellungen mit Dichterportraits zu verzeichnen, die lediglich als eine Vor-, aber nicht als Frühgeschichte gelten könnten. Die Geschichte literarischer Ausstellungen, oder besser: die Geschichte der Ausstellung literarischen Materials und literarischer Dokumente, ist somit ein vergleichsweise modernes Phänomen, das vor allem vor dem Hintergrund, respektive im Rahmen der Geschichte und Entwicklung literarischer Archive, Museen und Gedenkstätten zu betrachten ist, die, so Hügel, im Zusammenhang der Popularisierung historischen Denkens, der Suche nach Ansätzen für nationale Identitäten und der geistigen Bedeutung der Wissenschaften im 19. Jahrhundert stünden. Seitdem nehmen die literarischen Ausstellungsorte neben technischen, naturwissenschaftlichen, kulturhistorischen, religiösen, kunstgewerblichen und volkskundlichen Museen und solchen der bildenden Kunst einen festen Platz in der Museumslandschaft ein und werden im Allgemeinen zu den kulturhistorischen Museen gezählt.
Hochschulreform und disziplinärer Wandel : Mutmaßungen über Zustand und Zukunft der Altgermanistik
(2005)
Überall gibt es dieselben fatalen Homogenisierungsbewegungen quer zu den disziplinenspezifisch höchst unterschiedlichen Formen der Erkenntnisproduktion und -reproduktion. Und es gibt sie selbstverständlich auch im Außenverhältnis des Wissenschaftssystems: Ein plastisches Beispiel hierfür ist die grassierende Forderung nach Stärkung der Praxisbezüge von Forschung und Lehre. Im Klartext wird da ja gerade die Entdifferenzierung der Funktionsspezifikationen der Universität gegenüber anderen gesellschaftlichen Teilbereichen (sowie die Verknappung der für die Transfers zwischen ihnen akzeptablen Zeiträume) verlangt.
"Wiederholte Spiegelungen" heißt die neue Ständige Ausstellung im Goethe-Nationalmuseum. Sie wurde durch die politische Wende Anfang der neunziger Jahre nötig und zum Weimarer Kulturstadtjahr 1999 fertig und eröffnet, ist damit nun seit sieben Jahren zu sehen. Der Titel geht - natürlich - auf Goethe selbst zurück, auf ein kurzes Dankesschreiben an einen Bonner Professor, der ihn im Jahre 1822 durch ein kleines Büchlein über Sesenheim an seine eigene Jugendzeit und Jugendliebe dort zurückerinnert hatte. ...
Die Universitätsbibliothek Leipzig (UBL) steht zur Sächsischen Akademie der Wissenschaften in einer speziellen Beziehung: Sie ist deren Archivbibliothek. Außerdem versorgt sie natürlich die Wissenschaftler der Akademie mit der von ihnen gewünschten wissenschaftlichen Literatur. Seit dem 19. Jahrhundert – dem Jahrhundert der Gründung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig – hat die Universitätsbibliothek Leipzig eine große Zahl an Schätzen des Weltschrifterbes erhalten, die sie bis heute bewahrt. Nun kommen im 21. Jahrhundert neue technische Möglichkeiten hinzu, und eine kleine Revolution ist perfekt: Alte Texte können in neuen Medien präsentiert bzw. veröffentlicht werden, die Erschließungsleistung der Bibliothekare kann unmittelbar für die Forschung bereitgestellt werden, darüber hinaus sind die Originale im Tresor der Bibliotheca Albertina gerade durch ihre erheblich verbesserte Zugänglichkeit über digitale Sekundärformen besser geschützt. Die laufenden Projekte der Universitätsbibliothek kann man seit Anfang 2008 auf der Homepage der UBL (www.ub.uni-leipzig.de) eigens aufgelistet finden (s. dort unter ›Projekte‹). Sie lassen sich in vier Gruppen gliedern und sollen im Folgenden kurz erläutert werden. Neuere Projektvorhaben werde ich im Anschluss daran erläutern. Die vier thematisch-kulturellen Gruppen, innerhalb deren Katalogisierungs-, Erschließungs- und Forschungsleistungen an der Universitätsbibliothek Leipzig erbracht werden, sind 1. Texte der Antike, 2. Texte und Textträger des Mittelalters, 3. Texte aus dem orientalischen Kulturraum und 4. Quellentexte zur Wissenschaftsgeschichte der Neuzeit.
Wer in ein Museum geht, um zu lernen, was wichtig ist, was ‚man wissen sollte‘, ist von Marbach sicher enttäuscht. Vieles dort hat mit Literatur im engeren Sinn nichts zu tun, ist weder Manuskript noch Buch, sondern Nachlass von Menschen, die mit Literatur zu tun hatten. Das Archiv sammelt die Vergessenen genauso wie die Bekannten, das Bedeutungslose ebenso wie das Bedeutungsvolle, das Kanonische und Teure. Es erinnert immer daran, dass die Bedeutung der Dinge in uns selber liegt oder wenigstens in dem Zettel, der erklärt, was es ist, nicht aber in den Gegenständen selbst. In der Dauerausstellung des Literaturmuseums der Moderne sind aus diesem Grund alle ausgestellten Exponate unvermittelt ausgestellt, die Vermittlung ist radikal Menschen überlassen, die als Ciceronen tatsächlich Geschichten erzählen können, und auf eine Art digitales Buch, das dem Besucher jedes Exponat als Bild in die Hand gibt, für ihn entziffert und knapp kommentiert und verschiedene, deutlich subjektiv formulierte Führungen anbietet, zum Selberlesen und Finden, aber auch zum Hören, für Leser, Schaulustige, Kinder, Eilige und seit neuestem für Liebhaber verdächtiger Objekte.