BDSL-Klassifikation: 14.00.00 Romantik > 14.12.00 Zu einzelnen Autoren
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Die hier vorgelegte Studie hat versucht, hinter einige gängige Forschungspositionen Fragezeichen zu setzen. Sie bezweifelt, ob Humboldt durchgängig "Schillers Führungsrolle unbedingt" "akzeptiert" hat. Sie stellt in Frage, ob Humboldt in seiner "Vorerinnerung" zum publizierten Briefwechsel wirklich nur eine Hommage Schillers hat schreiben wollen. Die Rekonstruktion interner und impliziter Kontroversen ist freilich nicht biographiegeschichtlich motiviert. Sie wird erstens im ästhetikgeschichtlichen Interesse unternommen, um alternativpoetische Konstellationen freizulegen. Sie ist zweitens fachgeschichtlich interessiert, indem sie fragt, was es bedeutet, dass Humboldt seine groß angelegten literatur- und kulturkomparatistischen Ansätze zugunsten sprachwissenschaftlicher Forschung zurückgestellt hat und nur noch implizit weiterführt. Sie geht drittens von der Überlegung aus, dass es um 1800 eine begrenzte Anzahl von Klassizisten und Romantiker gleichermaßen beschäftigende Schlüsselprobleme gegeben hat. Eines davon ist das produktive Verhältnis von Poesie und Prosa, Poesie und Philosophie.
Die Erzählung provoziert den Impuls des Verstehenwollens, zugleich aber gibt sie mit jeder Antwort neue Rätsel auf und führt das Verstehen an eine Grenze. Die teleologische Leseorientierung erreicht ihr Aufklärungsziel nicht, im Gegenteil, die Erzählung endet in schockhafter Desorientierung, die eine Relektüre veranlaßt. [...] Gerne ganz verstehen wollen, darin scheint das untergründige Begehren des Erzählers zu liegen: Er trachtet es an den Leser weiterzugeben, indem er implizit zum unendlichen Lesen und Wiederlesen auffordert - wissend und nicht mehr allwissend, daß auch der Text dieses Begehren, ganz verstanden zu werden, nicht erfüllen darf - bei Strafe seiner Musealisierung - wie die Glucksche Musik, von der er handelt. [...]
Achim von Arnim hat bei der Bearbeitung seiner Erzählung "Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau" zwei Quellen benutzt und umgeschrieben. Das Entscheidende dabei ist, daß die eine Quelle französischer Provenienz ist und aus der Zeit vor der Revolution stammt, die zweite hingegen eine deutsche Fassung aus der nachrevolutionären Zeit darstellt. Bislang wurden im Blick auf die Umschrift Arnims nur motivliche Übernahmen und adaptierte "sprachliche Eigenheiten" festgestellt. Unberücksichtigt blieb, daß beide Vorlagen Arnims eine je eigene narrative Struktur und poetische Form besitzen.
Die dialektische Begriffsentfaltung schöner Kunst in ihren Momenten des Häßlichen, Komischen, Erhabenen ist nicht, wie das Vorurteil will, sophistische Begriffsspielerei; sie ist der angestrengte Versuch, die Möglichkeit bzw. Ermöglichung schöner Kunst unter den ihr "ungünstigen", "prosaischen" Lebensverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft zu entwickeln. Alle ästhetischen Theorien des Häßlichen greifen ein in die Debatte über den Vergangenheitscharakter schöner Kunst; sie melden sich zu Wort als Theorie gegenwärtiger Kunst; sie übernehmen präventiv die Gewährleistung schöner Kunst im Status ihrer drohenden Verabschiedung: sie behandeln sie als suspendiert. [...] Eine Kontroverse zwischen angemessener philosophischer Reflexion moderner Kunst und ästhetischer Theorie steht bislang aus. Aus der Optik einer Einzelwissenschaft heraus ist hier nur auf ihre Aktualität zu verweisen; sie ist merkliches Desiderat gar für Spezialforschungen wie diese über Schlegels 'Studium-Aufsatz'.
Wie keine andere Erzählung Kleists läßt sich "Der Findling" explizit als Sequenz von 'Vorfällen' lesen. Sieben Mal wird dieser Begriff in der Erzählung als Gliederungsakzent verwendet [...], nicht mitgerechnet der Gebrauch der verbalen Form, etwa bei der Frage: 'was vorgefallen
sei' [...]. Die zeitgenössische Konjunktur des Wortes 'Vorfall' ist in der Medizin, Kriminalistik und der ihr nahestehenden Publizistik zu beobachten, und selbstredend ist dieser Begriff auch dem auf aktuelle Polizeinachrichten bedachten Herausgeber der Berliner Abendblätter, Heinrich von Kleist, geläufig.
Die Romantiker lieben es, programmatisch aufzutreten. Daher ist es bemerkenswert, dass in ihren Manifesten die Nennung und Konzeptualisierung von Ironie, Arabeske, Humor, Phantastik und Groteske dominiert. Die Erwähnung der Satire hingegen findet sich selten, sie bleibt randständig. Und doch ist auffällig, dass zum Beispiel in den nicht zur Veröffentlichung bestimmten poetologischen Notizen Friedrich Schlegels die Satire nicht nur gleichwertig mit Ironie, Burleske, Parodie, Groteske behandelt, sondern zugleich um ihren literaturtheoretischen systematischen Ort und ihre literaturpolitische Stellung geradezu gerungen wird.
Die in der Forschung bislang übersehene eigenständige Rezeption der urbanen in Paris entstandenen Persiflage durch die Frühromantiker*innen bietet eine Möglichkeit, die duale Konstellation zwischen Büchner und der Romantik um eine dritte komparatistische Perspektive zu erweitern. Es wird im Folgenden also nicht das allgemeine Phänomen der Verwendung von satirischen Mitteln in der Romantik und in Büchners Werk diskutiert, sondern eine spezifischer ausgelegte dreigliedrige Fragestellung: Der Nachweis der Attraktivität der französischen Persiflage als moderne Form boshafter Satire in der Frühromantik wird ergänzt durch die Analyse der Romantisierung der Persiflage. Erst danach kann das virtuose ausdifferenzierte Widerspiel von Persiflage und Karnevaleske in Büchners Werk vorgestellt und analysiert werden.