BDSL-Klassifikation: 14.00.00 Romantik > 14.12.00 Zu einzelnen Autoren
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[...] Hoffmanns Roman "Die Elixiere des Teufels" [läßt sich] als gelungenes Beispiel einer 'totalen' Dissemination lesen, die keine der beteiligten Instanzen – den Autor, den oder die Erzähler, das Romanensemble, die Requisiten, den Leser – unbeschädigt läßt. Schon eine erste Lektüre des Romans weckt ein Gefühl irreduzibler Vieldeutigkeiten und Verdoppelungen, die keine nachträgliche Reduktion zu gestatten scheinen und selbst den Versuch eines bloßen Nacherzählens vor immense Probleme stellen. Die folgende Lektüre wird methodisch den Weg gehen, den Roman von seinen Rändern her lesbar werden zu lassen. Sie beschränkt sich in erster Linie auf den Schluß und den Beginn des Romans. Eine Analyse der 'eigentlichen' Erzählung wird dabei nur am Rande und sehr summarisch erfolgen, auch wenn dies die Gefahr in sich birgt, die vorgeschlagene Textbasis als zur Stützung der Argumentation nicht ausreichend erscheinen zu lassen. Die Konsistenz und die Gründe dieser auf den ersten Blick scheinbar nicht naheliegenden Lektüre werden sich hoffentlich trotzdem im Verlauf der Arbeit erweisen. Der Fokus der Analyse wird zunächst auf der Praxis des Erzählakts liegen, der den Roman konstituiert und perspektiviert. In diesem Ansatz, der der Literarizität des Romans gerecht zu werden versucht, werden sowohl die Figurationen des Doppelgängertums als auch die rahmenden Pererga als Effekte einer fundamentalen und für den Roman konstitutiven reflexiven Operation lesbar, die nicht mehr derjenigen der Romantik entspricht.
Tiecks zweiter Roman, Franz Sternbalds Wanderungen, der 1798 erschien, widmet sich Themen, die um Kunst und Künstler kreisen. Schon die "Vorrede" verdeutlicht: "Am meisten habe ich bei diesem Werke meiner Laune an Euch, ihr Jünger der Kunst, gedacht, die Ihr Euch mit unermüdetem Streben zu den großen Meisterwerken hinandrängen wollet, die Ihr Euer wechselndes Gemüt und die wunderbaren Stimmungen, die Euch beherrschen, nicht begreift, die Ihr gern die Widerspruche lösen möchtet, die Euch in manchen Stunden ängstigen. Euch widme ich diese Blätter mit besonderer Liebe und mit herzlichen Wünschen, dass Euch hie und da vielleicht eine Wolke schwindet, die Eure Aussicht verdeckte."(S.9) Hier werden die Adressaten des Romans, die "Jünger der Kunst", und die zentralen Themenbereiche der Kunstproduktion und des Verhältnisses zur Tradition ("Streben zu den großen Meisterwerken") bereits angesprochen.
Die Arnimforschung hat erst in den 50er-Jahren dieses Jahrhunderts erkannt, nach welchem Prinzip Arnim seine Texte organisiert: es ist das Prinzip der Analogie. Über Analogie bringt Arnim seine Themen und Motive, Haupterzählstrang und episodische Nebenhandlungen sowie Haupt- und Nebenfiguren in Beziehung. Arnim konstituiert seine Texte über eine Vielzahl irgendwie ähnlicher Motive. Gewisse Inhaltselemente wiederholen sich im Verlaufe der Handlung oder formulieren sich in ähnlicher oder auch gegensätzlicher Variation erneut aus. Um Arnims Werk in seiner analogischen Strukturierung zu verstehen, muss man das eigentümliche Verhältnis von Text, Motiv und Thema in diesem Werk beschreiben können. Wer sich ernsthaft für Themen und Motive zu interessieren beginnt, stößt methodologisch indes bald einmal auf Probleme. Die Methodendiskussion der 70er- und 80er-Jahre ist an diesem Fachbereich nahezu spurlos vorübergegangen. Ich werde deshalb im Folgenden kurz auf die Terminologie der heutigen Motivforschung eingehen (I) und anschließend Vorschläge für die Reformulierung des Motivbegriffs unterbreiten (II). Danach werde ich Arnims Motivgestaltung am Beispiel der Erzählung Die Einquartierung im Pfarrhause exemplarisch erläutern und zeigen, wie Arnims Werk in seiner Informationsdichte und Heterogenität strukturiert ist (III und IV).