Botanik und Naturschutz in Hessen, Band 14 (2002)
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Über die historische Verbreitung des Fünfmännigen Sparks in Hessen und in vielen anderen Gebieten Deutschlands ist der Wissensstand gering. Aus Hessen sind neun aktuelle Vorkommen bekannt. Zwei liegen in Nordhessen in der Wegaer Ederaue und im Homberger Hochland am Rande zur Westhessischen Senke, die übrigen in Mittelhessen und hier überwiegend im Gladenbacher Bergland und im Marburg-Gießener Lahntal, eines im Limburger Becken. Aus den südhessischen Sandgebieten existieren mehrere ältere, gesicherte Nachweise, doch keine neuen. In Nord- und Mittelhessen besiedelt die Art mehr oder weniger südwestexponierte, sehr flachgründige, silikatische Fels- und Felsgrusstandorte in regional oder zumindest lokal wärmebegünstigten Gebieten. Um die Vorkommen der Art zu erhalten, sind Entbuschungsmaßnahmen und die Nutzung der angrenzenden Flächen durch Beweidung notwendig.
Das Hügel-Knäuelkraut (Scleranthus verticillatus) ist von sehr wenigen Standorten in lückigen Magerrasen Mittelhessens bekannt. Die Art wurde hier um 1960 entdeckt. Einige der Vorkommen konnten nicht erneut nachgewiesen werden. In Deutschland sind wenige weitere Wuchsorte in Sachsen-Anhalt und Thüringen bekannt. Die teilweise sehr individuenarmen Populationen sind vom Weiterbestehen flachgründiger, vegetationsarmer Stellen in Magerrasen abhängig.
Die weit überwiegende Zahl der rezenten deutschen Vorkommen der Aufrechten Weißmiere befindet sich in Hessen. Mehr als 200 ermittelten historischen Vorkommen in Hessen stehen etwa 27 aktuelle gegenüber. Die ehemals in Hessen offenbar weit verbreitete Art ist stark rückläufig. Soweit bekannt beschränken sich die aktuellen Vorkommen auf Mittelhessen und in Nordhessen auf den Landkreis Waldeck-Frankenberg und die Umgebung von Homburg (Efze). Bei den von der Art besiedelten Standorten handelt es sich zumeist um beweidete Magerrasen auf Basalt, Tonschiefer und Grauwacke. Sandige Böden werden nur in geringem Maße besiedelt. Um den weiteren Rückgang der Art aufzuhalten, ist eine Weiterführung oder Wiederaufnahme der Beweidung der verbliebenen Standorte notwendig.
Die Verbreitung von Mibora minima in Hessen wurde im Jahre 1999 untersucht. Das heutige Verbreitungsgebiet umfasst nur noch ein Viertel der historischen Angaben mit einem Schwerpunkt in der westlichen Untermainebene. Die optimalen Wuchsorte sind lockere, kalkfreie und vegetationsarme Sande. Je weiter die Vegetationsbedeckung sich schließt, um so ungünstiger werden offenbar die Keimungs- und Entwicklungsbedingungen. Aktuelle Gefährdungen sind Nutzungsintensivierung, Nutzungswandel und Überbauung oder Sukzession. Nur durch geeignete Bewirtschaftungsverträge kann der Status quo erhalten werden und die Schaffung geeigneter Bedingungen in unmittelbarer Nachbarschaft mag eine Ausbreitung begünstigen.
Entdeckungsgeschichte, Synonymie und morphologische Merkmale von Campanula baumgartenii werden ausführlich besprochen. Originalmaterial zur Erstbeschreibung durch Johannes Becker war nicht aufzufinden, weshalb ein Neotypus vorgeschlagen wird. Die Art ist schwierig von der ähnlichen C. rotundifolia zu unterscheiden. Anhand der in der Literatur genannten Merkmale (Blattform, Behaarung, Knospenstellung) können die beiden Arten nicht immer sicher erkannt werden. Beide sind variabel und die Merkmalsspektren überlappen sich. Ein wichtiges, bisher nicht beachtetes Merkmal ist die Ausbildung des unterirdischen Sprosssystems: C. baumgartenii besitzt Ausläufer, der anderen Art fehlen sie. Auf offene Fragen wird hingewiesen. Es ist nicht bekannt, ob Bastarde mit C. rotundifolia vorkommen. Auch die Wuchsformen innerhalb der Subsektion Heterophylla scheinen nicht vollständig geklärt. Alle Arten sollten kritisch untersucht werden, um ihre Beziehungen in der Gruppe besser zu verstehen.
Die Verbreitung von Campanula baumgartenii wurde während der Jahre 1998 bis 2000 untersucht. Die Art besiedelt am Nordwesthang des Hochtaunus ein kleines Areal von etwa 6 km Länge und 3 km Breite, das von Glashütten und Oberems über Nieder- und Oberreifenberg bis Arnoldshain reicht. Am Südosthang des Taunus existiert ein isoliertes Vorkommen nahe der Hohen Mark bei Oberursel. Angaben für andere Teile Hessens sind zweifelhaft. Von der Art, die bisher als große Seltenheit galt, wurden knapp 40 Populationen mit geschätzt mehr als 5500 Pflanzen festgestellt. Die Art wächst besonders in Magerwiesen, außerdem an Sekundärstandorten wie Straßenböschungen und auf Wasserbehältern, selten auch im Buchen-Wald. Einige Vorkommen sind durch Siedlungserweiterung oder durch Aufgabe der Wiesennutzung bedroht, weshalb vorgeschlagen wird, die Art in der Roten Liste von Hessen als "gefährdet" (3) einzustufen.
Seit 1998 werden von der Botanischen Vereinigung für Naturschutz in Hessen Artenhilfsprogramme für Pflanzenarten betrieben, für die das Bundesland Hessen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland besondere Verantwortung trägt. Bisher wurden Allium strictum (seit 2001), Campanula baumgartenii (seit 1998), Carex hordeistichos (seit 2001), Cnidium dubium (seit 2001), Festuca duvalii (seit 1998), Mibora minima (seit 1999), Moenchia erecta (seit 1999), Scleranthus verticillatus (seit 1999), Spergula pentandra (seit 2000) und Veronica acinifolia (seit 2001) in das Programm aufgenommen. Nach einer gründlichen Aufarbeitung historischer Daten werden bekannte und potentielle Fundorte der erfassten Arten mit einer standardisierten Methodik bearbeitet. Aus der jeweiligen Vorkommenssituation werden Schutzmaßnahmen abgeleitet, an deren Umsetzung eine Vielzahl von Personen und Institutionen beteiligt ist.