Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Jahrgang 47 (2010), Heft 1/2
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Zum Gedenken an Günter Natho
(2010)
Am 20.9.2009 starb nach langer Krankheit im 84. Lebensjahr der im Altkreis Wanzleben wohl bekannteste Naturschützer Günter Natho. Für viele seiner Mitstreiter kam sein Tod trotz seines Alters und dem Wissen um seine Krankheit dennoch plötzlich. Umfangreiches Wissen, ein wacher Geist und sein freundliches, bescheidenes Wesen mit einer Portion an hintergründigem Humor ließen ihn zu dem werden, was er für viele Menschen seiner Umgebung war – Sympathieträger und Synonym für den Naturschutz in der Börderegion.
Als die Mitteldeutsche Zeitung im August 2010 über zahlreich aus einem Dorfteich bei Halle (Saale) abwandernde Krebse berichtete, lag von Anfang an der Verdacht nahe, dass es sich nur um eine fremdländische Krebsart handeln kann. Der ehemals flächendeckend Deutschland, Zentraleuropa und angrenzende Regionen besiedelnde Edelkrebs, Astacus astacus, ist nämlich in Sachsen- Anhalt sehr rar. Die beschriebenen Landgänge ließen für einige der weit über 600 amerikanischen und asiatischen Krebsarten schließen. Und von diesen gibt es in Deutschland aus verschiedensten Gründen eine leider stetig zunehmende Anzahl von Arten und Vorkommen. Schließlich ließen sich die Krebse des Dorfteiches als invasive Marmorkrebses, Procambarus fallax (Hagen, 1870) f. virginalis, identifizieren.
[Buchbesprechung:] Richarz, K. & M. Hormann (2008): Nisthilfen für Vögel und andere heimische Tiere.
(2010)
Wenn zwei Vollblutornithologen mit einem langjährigen beruflichen und publizistischen Erfahrungsschatz den Themenkomplex „Nisthilfen für Vögel“ auch noch auf Hilfsmittel für Wohnstätten anderer Tiergruppen ausdehnen, kann als Ergebnis der Bearbeitung wohl nur ein Handbuch entstehen. Doch selbst ein Handbuch vermochte dem Autorenduo offensichtlich nicht auszureichen, um die ihnen wichtigen Aspekte eines allumfassenden Vogel- und Artenschutzes darzustellen. Daher enthält die dem Buch beigefügte CD-ROM neben den 80 Quartier-Bauanleitungen für Vögel, Fledermäuse, Kleinsäuger und Insekten auch Hinweise zur sachgerechten Winterfütterung und sommerlichen Vogeltränke.
Im Rahmen des Fortbildungsprogramms zu rechtlichen Aspekten und aus Anlass der 3. Landesgartenschau hatte die Architektenkammer Sachsen-Anhalt am 9. Juni 2010 zu einem gemeinsamen Kolloquium mit der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt eingeladen. Unter der Überschrift „Landschaftsplanung und Naturschutz“ wurden von fünf Fachreferenten Beiträge mit einer Schwerpunktsetzung auf Landschaftswert, Eingriffsregelung und Ökokonto vorgetragen.
Seit 1990 besiedelt der Bienenfresser (Merops apiaster) ununterbrochen mit stetig wachsendem Brutbestand Sachsen-Anhalt. Eine ähnlich rasante Bestandsentwicklung konnte in Deutschland nur am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg beobachtet werden, die etwa zeitgleich einsetzte. Im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt kam es in Südwestdeutschland in den letzten Jahren aber zu keinem deutlichen Bestandszuwachs. Die thermophile Art zählt nicht zu den ausgesprochenen „Neubürgern“, denn langjährige Brutvorkommen wurden in den vergangenen Jahrhunderten in klimatisch begünstigten Regionen des nördlichen Mitteleuropas immer wieder beobachtet. Gefördert werden diese invasionsartigen Ansiedlungen durch Zugtrupps, die auf dem Frühjahrszug gelegentlich weit über das eigentliche Ziel hinausschießen. Brutansiedlungen über mehrere Jahre oder Jahrzehnte werden bei entsprechendem Bruterfolg schließlich durch eine hohe Nist- und Geburtsorttreue ermöglicht.
In memoriam Herbert Kühnel
(2010)
In den Morgenstunden des Silvestertages 2009 verstarb plötzlich und unerwartet Herbert Kühnel. Wir verlieren mit ihm einen äußerst engagierten und kompromisslosen Kämpfer für die Sache des Natur- und Artenschutzes in Sachsen-Anhalt. Mit ihm geht eine Ära zu Ende, eine Ära, in der Personen wie Herbert Kühnel, uneigennützig, nachhaltig und mit Sachargumenten beharrlich für den Naturschutz in all seinen Facetten eintraten. Als einer der dienstältesten Kreisnaturschutzbeauftragten übte er dieses oft sehr undankbare Amt von 1964 bis 2008 ohne Unterbrechung aus. Im Heft 2/1994 dieser Zeitschriftenreihe wurde bereits gebührend auf die Vita und die Verdienste von Herbert Kühnel eingegangen. An dieser Stelle soll noch einmal die Persönlichkeit in den Mittelpunkt gerückt und entsprechend gewürdigt werden.
„Man kann nur schützen, was man kennt.“ Getreu diesem Grundsatz des Naturschutzes gibt das Buch „Naturschutzgebiete in Sachsen“ einen umfassenden Überblick, nicht nur über die 212 Naturschutzgebiete (NSG) und den Nationalpark des Bundeslandes, sondern einführend auch über wichtige Grundlagen der Landeskunde Sachsens mit Erläuterungen zur Geologie, zu den Böden, zum Klima und zu den Gewässern. Ein Kapitel widmet sich dem Schutz der Pflanzen- und Tierarten, gefolgt von einem Abschnitt mit Beschreibungen der Wälder, der Moore und des Grünlandes als wichtige Lebensräume in Sachsen. Zum Abschluss des Allgemeinen Teils wird die Geschichte der Naturschutzgebiete kurz vorgestellt und ein Überblick über die Systematik der Naturschutzgebiete gegeben.
Landespolitik und -verwaltung zollen Frau Dr. Gerda Bräuer Respekt und Anerkennung für jahrzehntelanges unermüdliches Engagement in zahlreichen Ehrenämtern. Diese verfolgten stets das Ziel des Schutzes, der Entwicklung und der Bekanntmachung einer einzigartigen Kulturlandschaft an der Mittelelbe. Beruf und Berufung waren im Erwerbsleben von Gerda Bräuer stets eine wahrhaft gelebte Einheit. Die Liste ihrer mit überragender fachlicher Befähigung, Herzenswärme und Überzeugung ausgeübten Ehrenämter ist lang und ruft Interesse an jener Person wach, die sie allesamt ausfüllte und noch ausfüllt. Der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Prof. Wolfgang Böhmer, überreichte Dr. Gerda Bräuer am Montag, den 16. August 2010 die Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt.
Hugo Weinitschke, langjähriger Direktor des Instituts für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle (ILN), verschied kurz vor Vollendung seines 80. Lebensjahres in Halle (Saale). Mit Ihm verlieren wir einen Repräsentanten des Naturschutzes in der DDR, der sein gesamtes berufliches Leben der wissenschaftlichen und ehrenamtlichen Aufgabe des Schutzes von Natur und Landschaft gewidmet hat. Anlässlich seines 70. Geburtstages wurde sein Lebenswerk bereits im Jahr 2000 in dieser Zeitschriftenreihe (37. Jg. H.1, S.35) gewürdigt.
An den Ufern der Elbe bilden sich durch die Sedimentation gröberen Geschiebes Uferrehnen, d. h. Uferwälle, die das Einfließen von Wasser in die Flutrinnen und Senken bei bordvollem Abfluss des Flusses verhindern. Die Uferrehnen wirken sich negativ auf die Auendynamik aus, insbesondere an ausgebauten Flüssen, bei denen durch die Festlegung des Flusslaufes die ufernahe Sedimentation örtlich stetig erfolgt. Die Senkensysteme außerhalb des eigentlichen Fließgerinnes sind aber für das Einströmen des Hochwassers und dessen flächige Ausbreitung in der Aue bei Hochwassern von großer Bedeutung. Insgesamt verursachen diese Verwallungen an den Flussufern und in den Rinnen- und Senkensystemen eine deutliche Einschränkung des natürlichen Wirkens des Hochwassers. Der Pflege- und Entwicklungsplan (LPR 2005) sowie der Managementplan für das Naturschutzgroßprojekt Mittlere Elbe sehen deshalb die örtliche Absenkung von Uferrehnen im Anschluss an Flutrinnen und Senken sowie den Rückbau von Wegedämmen vor. Die praktische Umsetzung dieser Maßnahmen soll nachfolgend vorgestellt werden.
Nach Erscheinen von Band 2: Sachsen-Anhalt des „Lexikon der Naturschutzbeauftragten“ im Jahre 2006 legt Hermann Behrens mit dem Band 3 „Naturschutzgeschichte und Naturschutzbeauftragte in Berlin und Brandenburg“ ein in Konzeption, Inhalt und Umfang beeindruckendes Werk vor. Allein schon der Umfang von 933 Seiten lässt die Erwartungen nach inhaltlicher Tiefe und Breite aufkommen. Und der Leser wird nicht enttäuscht! Das Werk hat die Qualität, zu einem Standard der deutschen Naturschutzgeschichte zu werden.
Nunmehr im dritten Jahr in Folge legt Dr. Uwe Zuppke einen naturwissenschaftlich-heimatkundlichen Band über die Pflanzen- und Tierwelt seiner Heimatregion Lutherstadt Wittenberg vor. Nach einer Übersicht über die Lebensräume und Arten (2008) und die Vogelwelt (2009), stellt er zum Jahresende 2010 die Fischfauna und ihre Lebensräume einschließlich der Krebse, Muscheln und Hohltiere vor. Das Buch vermittelt Ergebnisse faunistischer Aufzeichnungen des Autors aus dem Gebiet für den zurückliegenden Zeitraum von 50 Jahren.
Im vorliegenden Heft 5 der Zeitschriftenreihe werden die Fachbeiträge der Mittelwaldtagung des Förder- und Landschaftspflegevereins Biosphärenreservat „Mittelelbe“ e. V. und der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, die am 29. September 2009 in Oranienbaum stattfand, publiziert. Die Tagung basiert auf einem Projekt des Fördervereins zur Wiedereinrichtung von Mittelwald. Beim Mittelwaldprojekt sollten ebenso kulturhistorische Aspekte berücksichtigt wie positive Wirkungen für den Naturschutz erzielt werden. Weiterhin galt es, das Wertholz- und Energieholzpotenzial des nachwachsenden Rohstoffes Holz optimal zu nutzen.
Bis 2003 konnte die Art der Zierlichen Moosjungfer Leucorrhinia caudalis (Charpentier, 1840) nicht nachgewiesen werden. Im Jahre 2008 gelang nunmehr auch für Sachsen-Anhalt in Sekundärbiotopen (Abgrabungsgewässern) erstmals der Nachweis der Zierlichen Moosjungfer. L. caudalis ist damit die 70. in Sachsen-Anhalt nachgewiesene Libellenart. Sie gilt in Deutschland als „vom Aussterben bedroht“ und ist nach Anhang IV der FFH-Richtlinie als Art von gemeinschaftlichem Interesse zu betrachten.
Dies ist ein Nachruf für Herr Dr. Gerhard Hecht, der am 2. Februar 2009 nach schwerer Krankheit im Alter von 74 Jahren verstorben ist. Herr Hecht war langjähriger Vorsitzender der Regionalgruppe des Arbeitskreises Heimische Orchideen (AKHO) des Bezirkes Halle, dem Vorläufer des Arbeitskreises Heimische Orchideen Sachsen-Anhalt e. V. (AHO). Ein bewegtes Leben voller Engagement ist damit viel zu früh zu Ende gegangen.
Mit der Zielstellung, die Entwicklung des UNESCO-Biosphärenreservates an der Mittleren Elbe zu unterstützen, wurde am 6. November 1992 der Förderverein Biosphärenreservat „Mittlere Elbe“ e. V. gegründet. Da sich das Aufgabenspektrum ab 1994 durch die Organisation und Durchführung landschaftspflegerischer Maßnahmen erweiterte, wurde eine Namensänderung in Förder- und Landschaftspflegeverein Biosphärenreservat „Mittlere Elbe“ e. V. vorgenommen. Der Erweiterung des Großschutzgebietes auf die gesamte Elbeauenlandschaft in Sachsen-Anhalt wurde mit der Umbenennung im Jahr 2008 in Förder- und Landschaftspflegeverein Biosphärenreservat „Mittelelbe“ e. V. (FÖLV) Rechnung getragen. Den Verein prägt ein breit gefächertes Tätigkeitsspektrum aus den Bereichen Natur- und Denkmalschutz, Landwirtschaft sowie der Kommunalentwicklung, die ein interdisziplinäres Wirken und effektives Handeln ermöglicht. Im vorliegenden Artikel beispielhaft aufgeführte Projekte und Maßnahmen sollen diesen themenübergreifenden Ansatz verdeutlichen.
Der Artenschutz gehört zu den ältesten Instrumenten des Naturschutzes. Wo jedoch der Schutz innerhalb der natürlichen Lebensräume allein das Überleben gefährdeter Arten nicht mehr garantieren kann, dort sind weiterreichende Maßnahmen in Botanischen Gärten oder „Schutzgärten“ erforderlich. Die in dem Übersichtsbeitrag vorgestellten Verfahren gehen insofern auch über die reine Erhaltung von Sippen in „Genbanken“ hinaus, als die Wiederansiedlung am natürlichen Standort angestrebt wird.
Inhalt des vorliegenden Werkes sind die Ergebnisse des mehrjährigen Hutewaldprojektes des Naturpark Solling-Vogler. In dieser Form ist es das erste Projekt für einen Wald in der Bundesrepublik Deutschland. Es hat das Ziel, ein auf andere Regionen übertragbares Pflegekonzept, kombiniert mit Fragen der Natur- und Umweltbildung, der naturverträglichen Erholungsnutzung und Aspekten der Regionalplanung modellhaft zu entwickeln. Ein Hutewald ist ein als Weide genutzter Wald und der Vorteil der Waldweide wird im Zusammenhang mit Fragen zur Waldbewirtschaftung, zur Landschaftspflege und zum Naturschutz kontrovers diskutiert, sodass vorliegendes Buch zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen könnte.