Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Jahrgang 43 (2006), Sonderheft
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Anhand von drei OU im Zuge von Bundesstraßen wird dargestellt, wie die überörtliche Biotopverbundplanung dazu beitragen kann, Eingriffe nicht nur punktuell-lokal, sondern im größeren Zusammenhang der Biotopverbundsysteme zu bewerten und zu bewältigen. Die Biotopverbundplanung stellt einen Ideen- und Flächenpool bereit, Maßnahmen aus nicht ausgleichbaren Eingriffen sinnvoll zu konzentrieren und mit bestmöglicher Wirkung für Natur und Landschaft umzusetzen. Die Straßenbauverwaltung greift die Vorschläge der Biotopverbundplanung gern auf, wie weitere, bereits realisierte Vorhaben zeigen. Allerdings darf man nicht übersehen, dass Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe an anderer Stelle bestenfalls dazu beitragen, die Qualität der Biotopverbundsysteme auf dem gegenwärtigen Stand zu erhalten.
Bereits im Jahre 1995 fasste der Landtag des Landes Sachsen-Anhalt den Beschluss, das „ökologisches Verbundsystem“ (ÖVS) zu entwickeln, welcher im Sinne des Landtagsbeschlusses die Zielstellung und den gesellschaftlichen Rahmen aus Landessicht bezeichnet und beinhaltet die Aufstellung eines Programms zur Entwicklung des ÖVS, die Planung von überörtlichen Biotopverbundsystemen sowie deren Umsetzung in Sachsen-Anhalt. Der vorliegende Beitrag soll über Anlass, Notwendigkeit, Methodik und grundsätzliche Inhalte der Planung von überörtlichen Biotopverbundsystemen informieren. Die Rahmenplanungen, die in den Jahren 1997 bis 2006 aufgestellt wurden, sind Fachgutachten des Naturschutzes und sollen mittel- bis langfristig umgesetzt werden.
Aufgabe der Landschaftsplanung ist es, konzeptionell und umsetzungsorientiert Erfordernisse und Maßnahmen für eine langfristige und umfassende Erhaltung, Wiederherstellung und Entwicklung von Natur und Landschaft aufzuzeigen, um einen funktionsfähigen Naturhaushalt zu sichern und um die Erholungsvorsorge zu gewährleisten. Der Landschaftsplan für die Gemeinde Elsteraue (Burgenlandkreis) wurde in den Jahren von 2005 bis 2006 erarbeitet. Die Biotopverbundplanung für den Burgenlandkreis bildete dabei eine wesentliche fachliche Vorgabe, die im Rahmen des Landschaftsplanes weiter präzisiert wurde. Dieser Prozess soll nachfolgend dargestellt werden. Aufgrund der Gemeindegröße wird beispielhaft der Bereich der Weißen Elster herausgegriffen.
Für die Entwicklung eines landesweiten Biotopverbundes in Sachsen-Anhalt gibt die Landschaftsgliederung des Landes [71] den Rahmen vor. Entsprechend dieser Landschaftsgliederung umfasst der als Tiefland bezeichnete Landschaftsraum alle Landschaftseinheiten „am Südrand des Tieflandes“ sowie die Landschaftseinheiten „Werbener, Tangermünder und Dessauer Elbetal“, „Ohreniederung“, „Muldetal“, „Drömling“, „Rhin-Havel-Luch“ und „Fiener Bruch“, die zu den „Flusstälern und Niederungslandschaften“ gehören. Die Landschaftseinheiten des Tieflandes sind durch zusammenhängende Fließgewässersysteme und großflächige Lebensraumkomplexe geprägt, die meist von überregionaler Bedeutung sind. Fließgewässersysteme eignen sich in besonderer Weise zum Aufbau eines ÖVS, da sie als lineare Strukturen unterschiedliche Landschaften durchqueren und damit verschiedenartige Lebensräume verbinden und zugleich als weit verzweigtes Netz für die überregionale bis örtliche Planungsebene geeignete Grundbausteine liefern.
Die in Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie sowie der FFH-Richtlinie der Europäischen Kommission gemeldeten Natura 2000-Gebiete sind der Beitrag des Landes Sachen-Anhalt zum kohärenten europäischen Schutzgebietssystem. Aufgrund ihrer europaweiten Bedeutung sind die in diesen Gebieten geschützten Arten und Lebensräume durch geeignete Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen vorrangig in ihrem Bestand zu sichern. Daher waren die Natura 2000-Gebiete bei der Erstellung des Biotopverbundsystems des Landes Sachsen-Anhalt besonders zu berücksichtigen, wobei alle diese Gebiete als wichtige Kernflächen in das landesweite Biotopverbundsystem integriert wurden.
In Sachsen-Anhalt ist im Laufe eines mehr als 100jährigen intensiven Abbaus von Braunkohle im Tagebaubetrieb eine Fläche von ca. 27.000 ha in Anspruch genommen worden. Damit waren extreme Auswirkungen auf den Naturhaushalt und die gewachsenen Kulturlandschaften verbunden. Mit der politischen Wende sank die Bedeutung der Braunkohle als Energiequelle, so dass in den meisten noch aktiven Tagebauregionen die Förderung eingestellt und mit der abschließenden Sanierung begonnen wurde.
Die Ackerebenen Sachsen-Anhalts konzentrieren sich im trocken-warmen, subkontinentalen Regenschattengebiet des Harzes. In der Landschaftsgliederung Sachsen-Anhalts [71] werden innerhalb des Landschaftsraumes der Ackerebenen Zerbster Ackerland, Magdeburger Börde, Köthener Ackerland, Hallesches Ackerland, Querfurter Platte und Lützen-Hohenmölsener Platte unterschieden. Diese Landschaftseinheiten sind Teile eines großen unterschiedlich breiten Lößgürtels. Während der Kaltzeiten des Pleistozäns sind hier durch die Wirkung des Windes Lößsedimente abgelagert worden, die die Grundlage für die Bildung fruchtbarster Böden waren. Diese Böden unterliegen intensiver landwirtschaftlicher Nutzung.
Die agrarstrukturelle Entwicklungsplanung dient nach dem Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" als Vorplanung zur Entwicklung und Umsetzung einer integrierten Landentwicklung. Mit ihrer Hilfe können a) Konfliktbereiche, Entwicklungsmöglichkeiten und Entscheidungsbedarf für ein Bodenmanagement in ländlichen Räumen aufgezeigt, b) gebietsspezifische Leitbilder und Landnutzungskonzeptionen für den Planungsraum entwickelt, c) Handlungskonzepte und Umsetzungsstrategien erarbeitet und d) der Einsatz entsprechender Landentwicklungsinstrumente für konkrete Maßnahmen vorgeschlagen werden. Die Ergebnisse dieses Planungsprozesses werden in regelmäßigen Abständen mit der planungsbegleitenden Arbeitsgruppe abgestimmt. Diese planungsbegleitende Arbeitsgruppe wird aus Vertretern der beteiligten Kommunen, der zuständigen Behörden und interessierten Verbänden gebildet.
Dort, wo sich die Biotopverbundplanung in extrem waldarmen Gebieten mit den Schwerpunkten forstlicher Tätigkeit (Waldmehrung, Vitalitäts- und Stabilitätserhöhung) gut verknüpfen ließ, wurden die Zuarbeiten der Forstverwaltung zur Planung mit erheblichem Aufwand gezielt den einzelnen Biotopverbundflächen und mitunter Flurstücken zugeordnet. Dabei konnten auch kontroverse Auffassungen zu Erhalt und Vernetzung von Offenlandbiotopen auftreten. Die Interessen von Forstwirtschaft und Naturschutz konnten insbesondere dann gebündelt werden, wenn in waldarmen Gebieten alle Restwaldbestände und auch längerfristige Möglichkeiten der Waldmehrung in die Biotopverbundsysteme aufgenommen wurden. Anhand von zwei Beispielen aus der Forstlichen Rahmenplanung sollen nachfolgend Möglichkeiten der Umsetzung der Biotopverbundplanung durch die Forstwirtschaft aufgezeigt werden.