Botanik und Naturschutz in Hessen, Beiheft 2 (1990)
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Zweizahn-Melden-Ufergesellschaften : Bidentetea tripartitae Tüxen, Lohmeyer & Preising in Tüxen 1943
(1990)
Zweizahn-Melden-Ufergesellschaften besiedeln Standorte, die vom Winter bis in das Frühjahr hinein lange unter Wasser stehen und wo nach Rückzug des Hochwassers offene Böden zurückbleiben oder neue Sedimente abgelagert werden. Auf diesen häufig sehr nährstoffreichen (stickstoffreichen) Schlammböden, die erst spät im Jahr abzutrocknen beginnen, entwickelt sich innerhalb von nur drei bis fünf Monaten eine Pioniervegetation aus Sommerannuellen, die im August und September optimal entwickelte Aspekte zeigt und danach rasch abstirbt. Flußmelden-Gesellschaften (Verband Chenopodion rubri) besiedeln vor allem Flußufer, während Zweizahn-Gesellschaften (Verband Bidention tripartitae) häufiger an Teich- und Grabenufern, nassen Wegrändern sowie landwirtschaftlich beeinflußten Plätzen wachsen.
Steinschutt- und Geröllgesellschaften besiedeln mehr oder weniger bewegte Halden aus Fein-, Grob- oder Blockschutt. Nur Pflanzen, die über genügend Reservestoffe verfügen, können nach ihrer Keimung aus den tieferen, feinerdereicheren Schichten der Halden bis zu den oberen Stein-Luft-Schichten durchstoßen. Zahlreiche Steinschutt- und Geröllpflanzen haben sich durch die Fähigkeit zur Internodienstreckung unter Lichtmangel diesen spezifischen Bodenverhältnissen angepaßt. Ein ausgedehntes und tiefreichendes Wurzelsystem dient den Haldenbewohnern sowohl zur Verankerung auf den bewegten Standorten als auch zur ausreichenden Wasserversorgung. Mehrere Arten zeichnen sich darüberhinaus durch eine hohe Regenerationsfähigkeit nach Verletzungen aus (vergleiche Jenny-Lips 1930: 138f., Wilmanns 1978: 125).
Die Unkrautgesellschaften der Getreideäcker werden in der Klasse Secalietea zusammengefaßt, die sich in drei Verbände untergliedert: Das Caucalidion lappulae Tüxen 1950 mit den Segetalgesellschaften basenreicher Böden, das Aperion spicaeventi Tüxen in Oberdorfer 1949 der Bestände mehr oder weniger sauerer Standorte und das Lolio-remoti-Linion Tüxen 1950 mit den in Hessen ausgestorbenen Unkrautgesellschaften der Leinäcker.
Im folgenden werden 7 Segetalgesellschaften beschrieben (Tabelle 2), die einen Überblick über die meisten der in Hessen auftretenden Vegetationstypen der Getreideäcker geben. Untereinheiten der Assoziationen werden auf der Grundlage unseres begrenzten Aufnahmematerials nicht unterschieden.
Die in diesem Kapitel behandelten Pflanzengesellschaften der Klassen Artemisietea Lohmeyer, Preising & Tüxen in Tüxen 1950 und Chenopodietea Braun-Blanquet in Braun-Blanquet & Mitarbeiter 1952 (ausgenommen: Ackerunkrautgesellschaften der Ordnung Polygono-Chenopodietalia Tüxen & Lohmeyer in Tüxen 1950, vergleiche dort) besiedeln vom Menschen geschaffene oder zumindest beeinflußte Standorte, die allerdings weder forst- noch landwirtschaftlich genutzt werden. Die Amplitude der Eigenschaften dieser Standorte ist groß: sie reicht von feucht bis trocken, von nährstoffreich bis nährstoffarm, von schattig bis sonnig; entsprechend hoch ist die Zahl der Ruderalpflanzengesellschaften. Unser Aufnahmematerial repräsentiert nur einen kleinen Ausschnitt dieser Vegetationsvielfalt: Viele Assoziationen, aber auch einige Verbände sind durch die Aufnahmen nur unzureichend oder gar nicht dokumentiert. Wir möchten daher auf folgende Arbeiten aufmerksam machen, in denen Ruderalpflanzengesellschaften
Hessens beschrieben werden: Knapp (1961, Vegetation der Eisenbahnanlagen), Knapp (1963, 1977, Ruderalvegetation ländlicher Gebiete), Knapp & Stoffers (1962, Uferstaudenvegetation), Dierschke (1973, 1974, nitrophytische Saumgesellschaften), Kienast (1978), Hülbusch (1979), Krah (1988, (Ruderalvegetation der Stadt Kassel), A. Fischer (1988, Ruderalvegetation der Stadt Gießen).
Der Verband Calthion ist durch eine Reihe von Kenn- und Trennarten gut charakterisiert, von denen in unseren Vegetationsaufnahmen allerdings nur Myosotis palustris und Lychnis flos-cuculi mit hoher Stetigkeit vorkommen. Obwohl gut entwickelte Calthion-Bestände sehr artenreich sind, verfügen nur wenige Gesellschaften des Verbandes über eigene Charakterarten, die ihnen Assoziationsrang verleihen.
Im Verband Alno-Padion sind Erlen- und Eschen-reiche Bach- und Quellwälder, die dauerfeuchte, wechselnasse oder periodisch überschwemmte Standorte besiedeln sowie Eichen-Ulmen-Wälder der Überschwemmungsbereiche großer Flußtäler zusammengefaßt. Der Verband ist aufgrund vieler gemeinsamer Kennarten mit den Buchen-Waldgesellschaften in die Ordnung Fagetalia zu stellen, obwohl die gegen Nässe empfindliche Buche (Fagus sylvatica) den Auenwäldern fehlt und sich so die Baumschicht aus ganz anderen Arten zusammensetzt.
Die Wälder des Verbandes Quercion robori-sessiliflorae sind im ozeanisch-subozeanischen Europa verbreitet; nach Osten werden sie von Nadelwäldern, namentlich von Kiefern-Wäldern des Verbandes Dicrano-Pinion Matuszkiewicz 1962 mit kontinentalborealem Areal abgelöst (Matuszkiewicz 1962, 1984). Die Quercion-Wälder besiedeln in Hessen nur kleine Flächen und sind im wesentlichen auf Sonderstandorte beschränkt.
Die Klasse Rhamno-Prunetea-spinosae umfaßt Hecken- und Gebüschgesellschaften trockener bis frischer Standorte. Dies können sowohl natürliche Gehölzbestände sein als auch Ersatzgesellschaften von Wäldern der Klasse Querco-Fagetea (einschließlich der submediterranen Flaumeichen-Wälder). Während natürliche Gebüsche sehr selten an Extremstandorten auftreten, auf denen die Entwicklung eines Waldes nicht möglich ist, oder sich ebenso selten an natürlichen Waldgrenzen - beispielsweise an Flüssen oder Felskanten - finden, sind sekundäre anthropogene Bestände in Form von Sukzessionsgebüschen, Waldmänteln und Hecken viel häufiger und in allen Landschaften Mitteleuropas anzutreffen.
Glatthafer-Wiesen besiedeln hinsichtlich der Wasserversorgung mittlere Standorte. Sie finden sich auf mäßig trockenen bis frischen oder leicht wechselfeuchten Böden. Das Nährstoffangebot kann abhängig von den natürlichen Gegebenheiten oder der Bewirtschaftung (Düngung) sehr verschieden sein, was sich in einer großen Variabilität der Bestände verschiedener Standorte ausdrückt. So gehören Wiesen stark eutropher, kräftig gedüngter Böden ebenso der Assoziation an wie magere, physiognomisch von diesen stark abweichende Bestände armer Standorte, die zu den Borstgras-Rasen (Violion caninae) vermitteln.
Die im Vergleich mit den Getreideäckern späte Bodenbearbeitung und Bestellung der Felder, auf denen Hackfrüchte und Mais kultiviert werden, führt zur Entwicklung eigenständiger Unkrautgesellschaften. Diese Bewirtschaftung begünstigt die Ausbildung von Pflanzenbeständen mit einem hohen Anteil von Wärmekeimern, die erst im fortgeschrittenen Frühjahr auflaufen. Auf den Getreideäckern werden diese Arten von der zu dieser Jahreszeit schon recht dichten Vegetation durch Beschattung und Konkurrenz zurückgehalten oder gelangen teilweise gar nicht zur Keimung. Die späte Bodenbearbeitung hat andererseits zur Folge, daß Unkräuter, die unter niedrigen Temperaturen oder sehr kurzen Tageslängen keimen und vor allem für Wintergetreideäcker bezeichnend sind, nach der Bestellung kaum mehr auflaufen und den Hackfruchtflächen weitgehend fehlen.