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Der kleine Roman 'Die Heidin II' ist mehrfach überliefert, darunter auch in vier Fragmenten von unterschiedlichem Umfang. [...] In den einschlägigen Katalogen der besitzenden Bibliotheken finden sich keine Hinweise auf eine mögliche Zusammengehörigkeit der Fragmente. [...] Erst im Rahmen der Vorbereitung der neuen Ausgabe der 'Heidin II' im DFGProjekt "Edition und Kommentierung der deutschen Versnovellistik des 13. und 14. Jahrhunderts" (2009–2017) wurden endlich Digitalisate aller vier Fragmente angefertigt, sodass sie direkt nebeneinandergelegt und verglichen werden konnten. Dabei wurde sehr schnell klar, dass die vier Bruchstücke eindeutig aus demselben Codex stammen müssen.
Karin Schneiders detaillierte Beschreibung des Fragments lässt keinen Zweifel daran, dass das Münchner Rudolf-Fragment und das verschollene "Reimbibel"-Fragment aus dem Würzburger Schottenkloster ein und dasselbe sind. Während man also beim Fragment aus dem Würzburger Schottenkloster nicht wusste, wohin es gelangt war, wusste man beim Münchner Fragment nicht genau, woher es gekommen war. Nun steht aber unzweifelhaft fest: Das verschollene Würzburger Fragment und das 'neue' Münchner Fragment sind identisch.
Die Überlieferung des Lübischen Rechts nimmt für den Ostseeraum eine zentrale Stellung ein. In über 100 Städten hatte dieses Recht Geltung. Bereits in den 1260er Jahren entstanden erste deutschsprachige Handschriften und im Jahr 1294 veranlasste der Lübecker Kanzler Albrecht von Bardewik eine Neuordnung des Rechts im sog. Bardewikschen Codex. Heute liegt das Lübische Recht in rund 30 mittelalterlichen Codices sowie einer Reihe von Fragmenten vor. [...] Bei der Katalogisierung der abgelösten mittelalterlichen Makulatur im Archiv der Hansestadt Wismar tauchte sozusagen in allerletzter Sekunde, als das Manuskript des Kataloges bereits abgeschlossen war, ein niederdeutsches Fragment auf, das sich inhaltlich sehr schnell als Lübisches Recht entpuppte.
Das Fragment gehörte offenbar zu einer Version der 'Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten'. Dieses Sujet ist etwa zwischen der Mitte des 13. und dem Ende des 16. Jahrhunderts vielfach und vielsprachig in Literatur und bildender Kunst variiert worden: Drei in Blüte stehende Lebende werden durch ebenso viele halbverweste Tote, die wunderbarerweise das Wort an sie richten, drastisch an das allem Menschlichen bestimmte Ende gemahnt.
Das Handschriftenfragment Bergen, Universitetsbiblioteket, MS 1550.5 (im Folgenden: MS 1550.5) veranschaulicht das Schicksal vieler Mittelaltercodices der frühen Neuzeit in Norwegen. Die meisten für liturgische Zwecke genutzten Codices wurden als Palimpseste für verschiedene Aktenstücke, Verstärkung in Buchrücken, Fütterung von Brieftaschen u.ä. wiederverwendet. Das hier vorgestellte Pergamentstück mit den Maßen 305 × 175 mm erhielt in der Forschung bereits weitreichende Aufmerksamkeit. Der Fokus lag allerdings auf der lateinischen Textüberlieferung. Der vorliegende Artikel zielt nun darauf ab, das Fragment in Zusammenhang mit seiner Wiederverwendung als altnorwegische Urkunde zu kontextualisieren und mittels einer vollständigen Beschreibung des Fragments dessen Rezeptionsgeschichte zu beleuchten.
Zwar werden erst weitere Untersuchungen erweisen können, ob und inwieweit die neu entdeckten Fragmente ein neues Licht auf die Textfassung und Geschichte der Handschrift, aus der sie stammen, werfen können oder gar auf die allgemeine Text- und Überlieferungsgeschichte des deutschen 'Lucidarius'. In jedem Fall aber hat dieser Heidelberger Neufund die aus der Einband- und Provenienzanalyse gewonnenen Überlegungen zum ursprünglichen Trägerband der von Mone entdeckten 'Lucidarius'-Fragmente vollauf bestätigt. Die Frage, wo bzw. in welchem Buch Franz Joseph Mone die zuerst entdeckten Teile der Göttinger 'Lucidarius'-Handschrift gefunden hat, kann nun als geklärt gelten.
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(2020)