RISS. Zeitschrift für Psychoanalyse
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- Freud, Sigmund: Zeitgemäßes über Krieg und Tod (4) (remove)
Hamilton vergleicht Freuds Flirt-Kritik mit der platonischen Auffassung von Mimesis. Ihr zufolge kann die Nachahmung nur abgeleitete, mildernde Darstellungen des Todes hervorbringen und so den Glauben an die eigene Unsterblichkeit stützen. Mit Rückgriff auf Roger Caillois' Schriften zur Mimikry lässt sich Mimesis jedoch auch als eine Praxis der Selbst-Verausgabung beschreiben: Wie im Flirt, so setzen wir uns auch in der Mimesis einer Verschwendung aus, in welcher Selbst-Verlust zu einer anderen Form der Gemeinschaft führen kann.
Ist der Flirt dem Krieg und dem Tod zeitgemäß? Zumindest als Marginalie, als brüsk negierter Vergleichspunkt, findet er den Weg in Freuds "Zeitgemäßes über Krieg und Tod". Diese Marginalie führt im Modus der Negation ein Zeitkonzept in Freuds Text ein, das dem Stand, den Freud psychoanalytisch im Text gegen die Erschütterungen des Krieges findet, den Boden zu entziehen droht. Das Zeitgemäße der psychologischen Wahrheit - die Freud im A-temporalen des Unbewussten vor jeglichem Zeiteinfluss schirmt - findet im Flirt sein Unzeitgemäßes. Über das vehemente Verwerfen des Flirts flüstert Freuds stiller Dialog mit Nietzsches "Unzeitgemäßen Betrachtungen", der sich im Titel ankündigt, vielleicht am lautesten.
Wir Melancholiker
(2019)
Der Beitrag, Protokoll einer (auto-)poetologischen Lektüre, exponiert in Freuds Bezugnahme auf den "amerikanischen Flirt" zwei gegen- läufige Bewegungen. Einerseits ist sein Text Vollzug dessen, worüber er spricht: ein Flirt (mit dem amerikanischen Englischen). Andererseits darf "Flirt" nicht "Flirt" selbst bleiben, sondern hat "von vornherein" auf anderes zu verweisen: Zwang zu einer Hermeneutik, die aus dem Flirt exakt das herausschält, was sich an Freuds Sätzen von selbst versteht: "nichts".