839 Andere germanische Literaturen
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Das Handschriftenfragment Bergen, Universitetsbiblioteket, MS 1550.5 (im Folgenden: MS 1550.5) veranschaulicht das Schicksal vieler Mittelaltercodices der frühen Neuzeit in Norwegen. Die meisten für liturgische Zwecke genutzten Codices wurden als Palimpseste für verschiedene Aktenstücke, Verstärkung in Buchrücken, Fütterung von Brieftaschen u.ä. wiederverwendet. Das hier vorgestellte Pergamentstück mit den Maßen 305 × 175 mm erhielt in der Forschung bereits weitreichende Aufmerksamkeit. Der Fokus lag allerdings auf der lateinischen Textüberlieferung. Der vorliegende Artikel zielt nun darauf ab, das Fragment in Zusammenhang mit seiner Wiederverwendung als altnorwegische Urkunde zu kontextualisieren und mittels einer vollständigen Beschreibung des Fragments dessen Rezeptionsgeschichte zu beleuchten.
Pfeifen im Weltdunkel : der postpostmoderne Romanzyklus als Mega-Selfie (zu Knausgårds "Min Kamp")
(2019)
Des Norwegers Knausgårds sechsbändiges Projekt des Ich-bezogen enzyklopädischen 'life-writing' trägt den Zyklustitel "Min Kamp". Über das Abklappern ihrerseits nicht unbescheiden wirkender Großsemanteme wie 'Sterben', 'Lieben', 'Spielen', 'Leben', 'Träumen' und, nicht zuletzt, 'Kämpfen' erzählt der Zyklus die Geschichte des Autors selbst. [...] Der Romanzyklus erscheint wie ein riesengroßes Selfie. 'Wirklich' ist ihm das beständig zu authentifizieren suchende Wieder-ins-Spiel-Bringen des realen Selbst, allerdings nicht mehr so sehr mit Blick auf das teleologische 'Resultat einer Realisierung' denn als deren unabgeschlossener - unabschließbarer - serieller Prozess. Dies ist vornehmlich das Projekt des realen Autors, nicht das eines Erzählers. Denn er inszeniert sich in seinem Text durchweg selbst zur Ratifizierung seiner extratextuellen Existenz. Der reale Autor scheint sich manisch endlos in den Text zu projizieren, um sich verzweiflungsbeseitigend vor dem Text seiner selbst zu vergewissern (und der mit ihm konforme reale Leser macht es ihm, solchermaßen die eigene Welt prekär zu stabilisieren suchend, lesend nach); er schafft von sich textuelle Momentaufnahmen, um sich in deren Spiegel selbst stets erneut vermeintlich extratextuell zu erkennen. Gewissermaßen beseitigt das Schreiben permanent einen 'horror vacui'; verzweifelt folgt es, von Alltagsbanalität zu Alltagsbanalität hangelnd, anachronistisch einem überkommen geglaubten (dritten) 'Begriff von Wirklichkeit, der nichts anderes als die Konsistenz des Gegebenen im Raume und in der Zeit für die Intersubjektivität als den einzig möglichen Rechtstitel auf Anerkennung durch ein Wirklichkeitsbewußtsein bestimmt'.
Zu den zahlreichen kritischen Intellektuellen, die im 20. Jahrhundert den Essay als kritisches Instrument erprobt haben, gehört – neben Robert Musil, Heinrich Mann, Jean-Paul Sartre, Theodor W. Adorno und Herbert Marcuse - auch Peter Weiss. Seine berichterstattende Prosa, die 1968 und 1971 in zwei Bänden erschien, nannte Weiss "Rapporte". Die Rapporte-Bände wurden offensichtlich auf Initiative des Autors veröffentlicht, was einem Hinweis auf einen verschollenen Brief des Autors an seinen Verleger Siegfried Unseld zu entnehmen ist. Die Rapporte umfassen nicht nur Essays, sondern auch Reden, politische Stellungnahmen und offene Briefe. Der erste Band enthält neun kürzere Texte, die 1960 bis 1965 in literarischen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht wurden. Der zweite Band mit seinen dreizehn Pamphleten zur aktuellen Tagespolitik hat einen ausgesprochen politischen Charakter. Die Notizbücher, die in zwei Teilen veröffentlicht wurden, bieten eine Art Fortsetzung der Rapporte, aber in verkürzter Form. Eine Sammlung essayistischer Arbeiten liegt mit Rekonvaleszenz vor, einem Buch, das während eines Krankenhausaufenthaltes nach dem ersten Herzinfarkt 1970 entstand. Darin äußert sich Weiss zur Tagespolitik, Kunst und Literatur, aber auch zu spezifisch schwedischen Phänomenen, etwa dem Niederreißen der alten Bausubstanz Stockholms. Auch das erzählerische Werk des Autors, vor allem 'Die Ästhetik des Widerstands' (1975-1981), trägt ausgeprägt essayistische Züge. So wurde in der Sekundärliteratur etwa bezweifelt, dass es sich bei Weiss' Magnum Opus um einen Roman handele. Vielmehr entziehe sich 'Die Ästhetik des Widerstands' jeglicher Gattungsbestimmung; dieses Werk sei ein essayistisches Gebilde: "Die Gattungsbezeichnung 'Roman' wird diesem nicht gerecht, handelt es sich doch kaum um Figurenkonstellation, Charakterentwicklung, Handlungsstrukturen, sondern eher um Abhandlung, Essay, Traktat, um kunsttheoretische, politische und wissenschaftliche Überlegungen mehr als um erzählerische Ausfabulierung eines Gesellschaftspanoramas oder eines individuellen Konflikts." Nun ist aber gerade das essayistische Werk des Autors in der Weiss-Forschung eher stiefmütterlich behandelt worden.
Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit dem im Westen noch weitgehend unbekannten Genre des chinesischen Kriminalromans "gongàn xiaoshuo", sowie dessen produktiver Rezeption durch den niederländischen Diplomaten und Schriftsteller Robert H. van Gulik (*09.08.1910, †24.09.1967). Als Verständnisgrundlage sollen dabei zunächst einige grundsätzliche Ausführungen und Erläuterungen zu besagtem Genre getätigt werden. Danach wird sich der Text van Guliks "Richter Di" zuwenden, jener Romanreihe, der der Sinologe seine bis heute anhaltende Bekanntheit, auch über wissenschaftliche Kreise hinaus, verdankt. Um den Rahmen dieser Aufsatzes nicht zu sprengen, soll sich jedoch vorwiegend auf die durch van Gulik angefertigte und veröffentlichte Übersetzung des ursprünglichen chinesischen Originals, 'Wǔ Zétian sì dà qí àn' ( 武則天四大奇案 , "Vier außerordentlich seltsame Fälle in der Regierungszeit der Kaiserin Wu") (auch: 'Dee Goong An' ( 狄公案, "Richter Dis Fälle")), sowie den dritten Roman der Reihe, 'Geisterspuk in Peng-lai', konzentriert werden, da in diesem der Beginn der Karriere Richter Dis beschrieben wird. Auf diese Weise kann sowohl die besondere Form des chinesischen Kriminalromans - die van Gulik in seinen übrigen "Richter Di"- Romanen übernimmt -, wie auch das tradierte China-Bild und die Anklänge konfuzianischer Philosophie in angemessenem Umfang bearbeitet werden. Die in den Romanen dargestellten Formen des Alltagslebens, die Regierungsstrukturen, die politischen Verschwörungen und die Angriffe von außen, sind historisch korrekt beschrieben und gewähren somit einen faszinierenden Einblick in die Welt des historischen Chinas.
Island ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2011: eine willkommene Gelegenheit für das kleine Land, seinen riesigen Literaturschatz zu präsentieren. Der glänzt gegenwärtig mit Perlen wie den Romanen des Björk-Texters Sjón. Bedeutender noch ist aber wohl Islands einzigartige volkssprachliche Literatur im Mittelalter: mit Gattungen wie Edda, Saga und Skaldendichtung der wichtigste isländische Beitrag zur Weltliteratur. Bis zum heutigen Tag entfalten gerade die Isländersagas und die eddischen Texte ihre Wirkung weit über Island hinaus. Die altisländische Überlieferung und ihr Nachleben in der Neuzeit sind seit Langem Gegenstand der Forschung am Institut für Skandinavistik. Eines der größten Projekte, die Island mit deutschen Partnern eigens für den Gastlandauftritt vorbereitet, wird von Prof. Dr. Julia Zernack wissenschaftlich mitbetreut: die deutsche Neuübersetzung einer breiten Auswahl von Isländersagas, die in einer fünfbändigen Ausgabe im S. Fischer Verlag erscheinen wird.
Die Tragödie des Geistes
(1895)
Van De Dene tot Vondel
(1896)
Het epos von Koning Rother
(1920)