Frugivorie mitteleuropäischer Vögel II: Einfluss des Fruchtangebotes auf die räumliche und zeitliche Habitatnutzung frugivorer Vogelarten

Frugivory in central European birds II: the role of fruit availability on the spatial and temporal habitat utilization of frugivorous bird species

  • Auf der Basis standardisierter Vogel- und Früchtezählungen wird in dieser Untersuchung der Frage nachgegangen, inwiefern Korrelationen zwischen dem räumlich-zeitlichen Auftreten frugivorer Vögel und fleischiger Früchte bestehen. Die Kartierungen wurden im nordhessischen Bergland zwischen dem 01.06.1997 und dem 31.12.1999 zwei- bis dreimal pro Monat durchgeführt. Von März bis Juli waren im Untersuchungsgebiet keine oder nur sehr wenige fleischige Früchte vorhanden. Im August stieg die Zahl reifer Früchte sprunghaft an, und im September/ Oktober wurde der Maximalwert der Gesamtfruchtmasse und auch der Anzahl fruchtender Pflanzenarten erreicht. Auf drei je 50 ha großen Untersuchungsflächen erwies sich eine halboffenen Heckenfläche mit großem Abstand als qualitativ und quantitativ fruchtreichste Fläche (maximal über 9000 kg fleischige Früchte pro 100 ha und 19 gleichzeitig fruchtende Pflanzenarten). Weniger Früchte waren in einer Flussauenlandschaft mit schmalem Auwaldrest, am wenigsten in einem Mischwald zu finden. Den größten Arten- und Individuenreichtum an frugivoren Vögeln wies die Heckenfläche auf, gefolgt von der Auen- und der Waldfläche. Allgemein war die Artenzahl im Spätfrühling und Sommer am höchsten (maximal 14 auf der Heckenfläche), im Winter am niedrigsten (minimal 2 auf der Waldfläche). Hinsichtlich der Individuenzahlen waren ebenfalls typische jahreszeitliche Raumnutzungsmuster erkennbar: Im Sommer beherbergten alle Flächen etwa gleich viele Individuen frugivorer Vögel. Während aber auf der fruchtreichen Heckenfläche die Individuenzahlen ab dem Spätsommer stark zunahmen und im Herbst ein Maximum erreichten (maximal über 700 Vögel pro 100 ha im November 1997), sanken die Zahlen auf der fruchtarmen Waldfläche während des Herbstes kontinuierlich ab. Auf der Auenfläche war ein ähnliches Muster wie auf der Heckenfläche erkennbar, jedoch in stark abgeschwächter Form. Nicht-frugivore Vögel zeigten keine derartige Bevorzugung der Heckenfläche im Herbst. Kleinräumige Analysen der Habitatwahl häufiger frugivorer Vogelarten zeigten, dass diese Arten Orte (100 m x 100 m große Rasterfelder, die auf die Untersuchungsflächen projiziert wurden) bevorzugten, an denen präferierte Früchte vorkamen. So war das Vorkommen der Gartengrasmücke (Sylvia borin) im Spätsommer und Herbst höchst signifikant mit dem Vorkommen von Holunderfrüchten (Sambucus nigra) korreliert. Ebenso kamen Mönchsgrasmücken (Sylvia atricapilla) im Herbst höchst signifikant häufiger an Orten mit Holunderfrüchten vor. Amsel (Turdus merula) und Rotdrossel (Turdus iliacus) bevorzugten im Herbst höchst signifikant Orte mit Weißdornfrüchten (Crataegus monogyna). Amseln bevorzugten im Winter höchst signifikant Orte mit Hagebutten (Früchten von Rosa spec.). Allerdings konnte gezeigt werden, dass die genannten Arten auch im Frühling, wenn keine Früchte vorhanden sind, dieselben Stellen bevorzugen wie zur Zeit der Fruchtreife. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird vermutet, dass Früchte nur einen von mehreren bestimmenden Faktoren für die Habitatwahl frugivorer Vögel darstellen. Allerdings könnten Früchte bei winterlichen Bedingungen mit Frost und Schneebedeckung für einige Arten zum wichtigsten Faktor bei der Habitatwahl werden.
  • To study correlation between the presence of fleshy fruits and frugivorous birds, standardised mappings of fruits and birds were performed on three areas (hedges, flood plane, forest; 50 ha each) in northern Hesse. The mappings were performed between 01.06.1997 and 31.12.1999 two to three times during a month. Between March and July fleshy fruits were extremely rare. The number of fruiting species and the total fruit mass increased in August and reached maximum values in September and October. Fruits were most abundant and diverse on the area with hedges (up to ca. 9000 kg total fruit mass per 100 ha and 19 synchronously fruiting species). Less fruits could be found in the flood plane area and least on the forest area. The hedges area was also the richest in frugivorous bird species and bird individuals, followed by the flood plane and the forest. On all areas, bird diversity was highest in late spring and summer (up to 14 species on the hedges area), lowest in winter (up to 2 species in the forest area). Concerning the number of bird individuals, typical patterns of habitat use could be found: In summer, the bird numbers were similar on all three areas. During the late summer and the autumn the numbers drastically rose on the hedges area, but sank on the forest area. On the flood plane, the phenological pattern was similar to the one on the hedges area, but total bird numbers were much lower. Non-frugivorous birds did not show a preference for the hedges area in autumn. An analysis of the habitat use of some of the most abundant frugivorous birds on a smaller level showed that these birds preferred places (100 m x 100 m squares), where preferred fruits were present. The Garden Warbler (Sylvia borin) and the Blackcap (Sylvia atricapilla) significantly preferred places with ripe elder (Sambucus nigra) fruits. Blackbirds (Turdus merula) and Redwings (Turdus iliacus) preferred places with hawthorn (Crataegus monogyna) fruits in autumn. Blackbirds preferred places with fruits of Rosa species in winter. However, it could also be shown that these bird species often prefer the same places in spring, when no fruits are ripe. Based on these results, it is suggested that fruits are one parameter for the habitat use of frugivorous birds in autumn and winter but not the only important parameter. Fruits may be the most important parameter in habitat use during times when the ground is frozen and/or snow covered during the winter.

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar
Metadaten
Author:Holger Stiebel, Franz Bairlein
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-298580
ISSN:0049-6650
Parent Title (German):Vogelwarte : Zeitschrift für Vogelkunde
Publisher:DO-G-Geschäftsstelle
Place of publication:Wilhelmshaven
Document Type:Article
Language:German
Year of first Publication:2008
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2013/04/30
Volume:46
Issue:2
Page Number:14
First Page:81
Last Page:94
HeBIS-PPN:339199318
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 59 Tiere (Zoologie) / 590 Tiere (Zoologie)
Sammlungen:Sammlung Biologie / Sondersammelgebiets-Volltexte
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht